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Crescendo

Crescendo

Titel: Crescendo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: corley
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haben. Als der Superintendent beim ersten Mal von Versetzung gesprochen hatte, hatte sie das als kurzlebige Überreaktion auf den Medienrummel im Fall Griffiths betrachtet, aber das war ein Irrtum gewesen. Man wollte, dass sie ging, und der Gedanke war ihr unerträglich.
    Was glaubten die eigentlich, was sie alles mit sich machen ließ? Für ihre Vorgesetzten war Harlden lediglich eine Sprosse auf der Karriereleiter, die man bereitwillig hinter sich ließ.
    Aber sie irrten sich gewaltig, Harlden war nicht nur ein Job, Harlden war ihr Leben. Denn hier arbeitete Fenwick. Auch wenn er eine Beziehung mit Claire Keating hatte – es hieß, sie habe sich sehr hartnäckig um ihn bemüht –, die Geschichte musste nicht von Dauer sein.
    Ihr Gesicht fühlte sich heiß an. Vielleicht sollte sie lieber nach Hause fahren. Blackie hatte bestimmt schon wieder Hunger. Der Kater war ein nicht mal besonders hübscher Nimmer-satt und ließ sie einfach nicht in Ruhe. Obwohl er deutlich zeigte, dass sie für ihn nur eine praktische Verköstigungsstätte darstellte, war er ihr in den letzten zwei Wochen trotz ihrer 140

    anfänglichen Angst ans Herz gewachsen. Sie musste immer schmunzeln, wenn er vor ihrer Wohnungstür hockte oder draußen vor dem Haus in den Blumenbeeten herumstromerte.
    Natürlich wusste sie, dass ihr Bedürfnis, gebraucht zu werden, und wenn es nur von einem bestechlichen Tier war, bemitlei-denswert war, aber zumindest war sie so ehrlich, sich das einzugestehen.
    Jemand wünschte ihr alles Gute, als sie den Raum verließ.
    Eine Stimme rief ihr zu, sie solle sich schonen. Ihr Gesicht nahm die Form eines Lächelns an. Zu Hause machte sie Tee und zwang sich dann, den Anrufbeantworter abzuhören. Ihr graute davor, wieder nur Schweigen zu hören. Inzwischen lag etwas Bedrohliches darin. Vielleicht bildete sie es sich ja nur ein, aber irgendwie spürte sie, dass sich die Art des Schweigens verändert hatte.
    Blackie stupste mit dem Kopf gegen ihre Wade, und sie machte ihm eine Schüssel mit Milch und Corned Beef zurecht.
    Sie fand den Geruch von Katzenfutter widerlich, aber Blackie aß alles, Hauptsache es war Fleisch. Mrs Coopers Rindfleisch-pasteten waren seine Lieblingsspeise. Es war ein tröstlicher Anblick, wenn er genüsslich vor sich hin kaute, vorzugsweise auf der Seite des Mauls, wo er noch alle Zähne hatte.
    Als sie ihm sein Fressen auf einer alten Zeitung hinstellte, klingelte das Telefon und sie zuckte zusammen.
    »Hallo.«
    Sie hörte das vertraute leise Atmen am anderen Ende der Leitung, aber diesmal vernahm sie im Hintergrund Verkehrs-geräusche und den unverkennbaren Hall eines Handys.
    »Hören Sie, das wird allmählich öde. Sie langweilen mich zu Tode.« Sie legte auf und fragte sich erneut, ob sie sich eine Geheimnummer geben lassen sollte.
    Blackie kletterte zu ihr auf den Schoß, als sie sich setzte 141

    und den Anrufbeantworter ganz abhörte. Vier weitere stumme Anrufe. Der Kater maunzte protestierend, als sie aufstand, und kratzte an der Tür, weil er rauswollte. Er trollte sich beleidigt, und Nightingale schaltete den PC ein.
    Acht E-Mails warteten auf sie, an jedem Tag, den sie krankgeschrieben gewesen war, hatte sie eine erhalten. Alle waren von Pandora. Die Erste war fast poetisch, wenn die Bedrohung nicht mitschwingen würde.

    WARUM BRINGST DU ES NICHT ZU ENDE,
    ARTEMESIA? WENN DIE NACHT BEGINNT
    UND IHR TÖDLICHES LIED ERKLINGT.
    SCHÖNHEIT UND TOD. WIE OFT IST NICHT
    BEIDES IN DER KUNST VEREINT? VERSTECK
    DICH NICHT DORT OBEN ALLEIN IM DUN-
    KELN. KOMM HERAUS UND SPIEL MIT MIR.

    Das musste aufhören. Vielleicht würde Pandora ja das Interesse verlieren, wenn sie eine abschlägige Antwort gab. Sie schrieb: Wer immer du bist, das Feld gehört dir. Ich brauche das Spiel nicht mehr.

    Als sie die restlichen E-Mails las, war sie froh, dass sie kurz und knapp reagiert hatte. Sie wurden zunehmend beleidigender.
    Nightingale löschte sie alle, und tat dann, was sie immer tat, wenn ihr nichts Besseres einfiel: Sie ging joggen. Die Konzentration auf die sportliche Anstrengung und die anschließende Erschöpfung waren zumeist ein gutes Mittel, um den Kopf auszuschalten, doch diesmal blieb die Wirkung aus.
    Als sie zwei Stunden später nach Hause kam, war sie noch immer verwirrt und wütend, und als sie die Wohnung betrat 142

    und das Lämpchen an ihrem Anrufbeantworter blinken sah, knallte sie aus Frust die Tür mit einem Tritt zu. Sie riss das Telefonkabel aus der Buchse und nahm einen Energydrink

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