Crimson - Teuflische Besessenheit (German Edition)
ein Aderlass, wobei das nur bei lebenden Personen möglich ist, oder es wurde eine Gerätschaft angeschlossen, und eine Flüssigkeit in die Adern gepresst, die das gesamte Blut aus dem Körper über den geöffneten Hals hinaustreibt, ähnlich wie bei einer Taxidermie.«
»Einer was?«, fragte Elsa, wobei sie mir meine Frage aus dem Mund nahm und ich einen weiteren Blick auf ihren zierlichen Hals erhaschen konnte.
»Tierpräparation«, klärte uns Mister Andean auf. »Diese Art von Konservierung wird besonders häufig bei Großwild angewendet.«
»Sie meinen, der, der dieses Massaker hier angerichtet hat, muss Kenntnisse über das Ausstopfen von Tieren haben?«, fragte ich.
»Sie sagen es. Doch sprechen Sie niemals dieses Wort vor einem Präparator aus. Er würde es hassen«, erwiderte Mister Andean, wobei Elsa leicht den Kopf schüttelte. Möglicherweise duldete sie solch ein Vorgehen gegenüber toten Tieren nicht, und wenn ich ehrlich war, fand ich die Vorstellung auch nicht besonders berauschend.
»Sprechen wir noch mal über die Einschnitte in den Körpern. Gehen wir einmal davon aus, dass unser Mörder den besagten Gegenstand besitzt. Wurden diese Verletzungen vor oder nach dem Eintreten des Todes verursacht?«, wollte ich wissen.
»Eindeutig ist dies nicht zu bestimmen, jedoch sprechen meine Untersuchungen mehr für die erste Variante. Sehen Sie, unter der Stelle der Verletzungen fand ich Reste von Hämoglobin, das vermutlich in aller Eile beseitigt wurde – zumindest wurde es versucht. Doch unter dem Mikroskop waren die Spuren deutlich zu erkennen.«
»Und das bedeutet?«, vernahm ich aus Martins Mund, der es tatsächlich wagte, die Ermittlungen voranzutreiben. Ich war beeindruckt.
»Dass beim Einschneiden in die unterste Hautschicht Blut geflossen ist. Das kann selbstverständlich auch kurz nach der Erdrosselung des Opfers vollzogen worden sein. Glaubhafter ist es aber, dass die Operation im lebenden Zustand durchgeführt wurde, als das Blut noch warm war. Obgleich wiederum das Opfer aufrecht gestanden haben musste, da sonst das Blut nicht am Körper hinabgelaufen wäre.
Es könnte aber auch sein, dass der Tote aufgehängt wurde, um die Verstümmelungen leichter vornehmen zu können. Es ist unter diesen Umständen nicht eindeutig zu klären.«
»Und wie lautet Ihre persönliche Meinung dazu?«
»Nun, ich arbeite schon lange als Pathologe, und mir kam schon einiges unter die Augen, nur an einen derartigen Fall kann ich mich nicht erinnern, bis auf die Morde vor zwölf Jahren, deren unverkennbare Ähnlichkeit mir zu denken gibt. Somit kann ich nicht aus Erfahrung sprechen, sondern einzig aus gesundem Menschenverstand heraus. Ich behaupte, dass die Wunden vor dem Tod zugefügt worden sind.«
»Sind Sie absolut sicher?«, fragte Miss Below.
Mister Andean schüttelte den Kopf. »Wie schon gesagt, dies ist meine persönliche Meinung. Meines Erachtens würde es bestens zum Bild unseres Killers passen: Pervers und gnadenlos.«
»Ich kann Ihren Verdacht nur bestätigen, da ich ein ähnliches Ereignis live miterlebt habe.«
Während mich Mister Andean fragend anstarrte, hatten Martin und Elsa vermutlich eine Art von Déjà-vu. So kam es mir vor, als ich in ihre Gesichter sah. Sie wussten wohl, was ich meinte.
»Mein Ex-Partner wurde von unserem Perversling angegriffen und dementsprechend zugerichtet. Ihm hat man bei lebendigem Leibe eine gigantische Brandwunde in Form von Initialen zugefügt. Somit kann ich Ihre Meinung nur bekräftigen.«
Auch Martin und Elsa nickten zustimmend, und wir kamen zum Entschluss, dass unsere Theorie wohl stimmte. Dieses Schwein folterte also die Opfer, bevor er sie tötete und verstümmelte.
»Ich frage mich dennoch, was er mit all dem Blut vorhat. Wenn er wirklich allen zehn Opfern den roten Lebenssaft entziehen würde, hätte er so um die sechzig Liter, nicht wahr?«
Der Pathologe nickte.
»Aber hat Blut nicht die Eigenschaft, dass es schnell gerinnt, wenn es mit Sauerstoff in Berührung kommt?«, wollte Elsa wissen.
»Stimmt«, antwortete Martin. »Ich habe mich einmal am Finger geschnitten, und es dauerte nicht lange, bis die Wunde getrocknet war.«
Ich verdrehte die Augen. Ich musste schon sagen, dieser Martin hatte die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen, trotzdem mochte ich ihn. Ich hatte keinen blassen Schimmer, aus welchem Grund. Und ich musste zugeben, dass ich auf ihn in diesem außergewöhnlichen Fall nicht verzichten wollte. Ohne seine Anwesenheit wäre
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