Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Crisis

Titel: Crisis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
Vom Netzwerk:
des Klägers entschieden worden war, denn sie hatte nach Anhörung von Zeugen befunden, es gebe genügend ordnungsgemäß begründete Anzeichen für eine mögliche Vernachlässigung der ärztlichen Sorgfaltspflicht, um den Fall vor Gericht zuzulassen. Als Folge dieses Beschlusses brauchte der Kläger Jordan Stanhope nicht einmal eine Kaution zu hinterlegen, um den Fall trotz eines negativen Beschlusses vor Gericht verhandeln zu lassen.
    Der Tag, an dem Craig das erfahren hatte, war für ihn der schwärzeste in der ganzen Vorbereitungsphase des Prozesses gewesen, und ohne dass jemand etwas davon ahnte, hatte er zum ersten Mal in seinem Leben an Selbstmord gedacht. Natürlich hatte Randolph ihm den gleichen Seelentrost wie damals gespendet, nämlich, dass er diese unbedeutende Niederlage nicht persönlich nehmen solle. Aber wie sollte er diese Entscheidung nicht persönlich nehmen, die von einem Richter, einem Anwalt und einem Arztkollegen gefällt worden war? Das waren keine Highschool-Abbrecher oder geistig abgestumpfte Arbeiter; es waren Akademiker, und dass sie glaubten, er habe sich einen Behandlungsfehler zuschulden kommen lassen, hatte Craigs Ehrgefühl und seinem Sinn für persönliche Integrität einen tödlichen Schlag versetzt. Er hatte buchstäblich sein ganzes Leben darauf verwendet, der beste Arzt zu werden, und dass er es geschafft hatte, bewiesen nicht nur seine hervorragenden Noten an der medizinischen Fakultät und seine ausgezeichneten Beurteilungen während seiner Ausbildung zum Facharzt in einer der begehrtesten Einrichtungen des ganzen Landes, sondern auch das Angebot eines berühmten und weithin angesehenen praktischen Arztes, in seine Praxis einzusteigen. Und trotzdem bezichtigten ihn diese Akademiker einer Sorgfaltspflichtverletzung, die Anlass zu Schadenersatzansprüchen gab. Dadurch hatten sie sein gesamtes Selbstwertgefühl untergraben, und es drohte vollständig zusammenzubrechen.
    Abgesehen von der Entscheidung der Kommission hatten noch andere Ereignisse dunkle Wolken an seinem Himmel aufziehen lassen. Gleich zu Beginn, noch bevor die schriftlichen Befragungen abgeschlossen waren, hatte Randolph Craig nachdrücklich geraten, alles daranzusetzen, sich wieder mit seiner Frau Alexis zu versöhnen, sein Freizeitapartment (als das Randolph es bezeichnet hatte) in der Stadt aufzugeben und zurück ins Familienheim nach Newton zu ziehen. Randolph war überzeugt, dass Craigs relativ neuer, hedonistischer Lebensstil (wie er es nannte) bei Geschworenen nicht besonders gut ankommen würde. Gewillt, Randolphs erfahrenen Rat anzunehmen, auch wenn er sich über seine Abhängigkeit ärgerte, hatte Craig seine Empfehlungen aufs Wort befolgt. Er war erfreut und dankbar gewesen, dass Alexis bereit gewesen war, ihn wieder nach Hause zurückkehren zu lassen, auch wenn er im Gästezimmer schlafen musste, und seitdem hatte sie ihn großmütig unterstützt, was sich auch darin äußerte, dass sie in diesem Moment hinten im Zuschauerbereich saß. Einem Impuls folgend drehte Craig sich um und begegnete Alexis’ Blick. Mit ihrer weißen Bluse und der blauen Strickjacke war sie leger, aber professionell gekleidet, genau wie bei ihrer Arbeit als Psychologin im Boston Memorial Hospital. Craig rang sich ein schiefes Lächeln ab, und sie lächelte zurück.
    Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das Auswahlverfahren. Der Richter rügte gerade einen unscheinbar wirkenden Steuerberater, der wegen unbilliger Härte freigestellt werden wollte. Der Mann hatte argumentiert, dass seine Mandanten nicht eine Woche lang auf ihn verzichten könnten, denn das war die Zeitspanne, die der Richter in Anbetracht der Zeugenliste, die im Wesentlichen eine Liste des klägerischen Anwalts war, für den Prozess angesetzt hatte. Erbarmungslos erklärte Richter Davidson dem Herrn, was er von seinem Bürgersinn hielt, bevor er ihn schließlich doch noch entließ. Ein Ersatz wurde hereingerufen und vereidigt, dann ging die Prozedur weiter.
    Dank Alexis’ Großzügigkeit, die Craig in erster Linie ihrer persönlichen Reife und in zweiter Linie ihrer Ausbildung als Psychologin zuschrieb, war zu Hause in den vergangenen acht Monaten alles recht gut gegangen. Craig wusste, dass es unerträglich hätte werden können, wenn Alexis beschlossen hätte, sich so zu verhalten, wie er es wahrscheinlich in der umgekehrten Situation getan hätte. Aus seinem jetzigen Blickwinkel heraus war Craig in der Lage, sein so genanntes »Erwachen« als einen

Weitere Kostenlose Bücher