Cromwell, Bernard
den Felsblock, auf dem sie saßen. Er glitzerte
im Abendlicht, als ob Splitter von Mondschein in dem blassgrünen Gestein
eingefangen wären, während die rötlichen Flecken den Eindruck erweckten, als
hätte sich Blut in dem Fels gesammelt. Er dachte an Derrewyn, was er übrigens
oft tat, und das beunruhigte ihn — denn er wusste nicht, wie er diese Gedanken
mit seiner Sehnsucht nach Aurenna in Einklang bringen sollte. Camaban hatte ihm
gesagt, Derrewyn sei schwanger, und Saban fragte sich, ob das Kind schon auf
der Welt sei. Er fragte sich, ob sie sich in ihr Schicksal gefügt und sich mit
Lengar abgefunden hatte . ob sie sich noch an ihre gemeinsame Zeit vor Hengalls
Tod erinnerte .
»Woran denkst du gerade?«, wollte Aurenna wissen.
»An nichts«, wich Saban aus. »Nichts.«
Am nächsten Abend schloss Saban sich den Priestern an, als
sie zu Aurennas Tempel gingen, um zu sehen, wie weit der Schatten des Steins in
den Tempel gekrochen war. Scathel spuckte Saban hasserfüllt an; dann bückte er
sich, um festzustellen, dass der Schatten noch immer zwei Finger breit von dem
mittleren Pfeiler entfernt war.
Saban hätte am liebsten einen schweren Steinhammer
genommen und den Rand des Pfeilers weggeschlagen, doch stattdessen betete er;
und noch während er Slaol anflehte, Aurenna zu verschonen, wusste er um die Vergeblichkeit
seiner Gebete. Er hielt nach Omen Ausschau, fand aber nichts Gutes. Ein eben
flügge gewordenes Amseljunges strebte in die Luft, was er als ein gutes
Vorzeichen wertete; doch Sekunden später schoss ein Sperber im Sturzflug herab,
und ein Wirbel von kleinen, blutgetränkten Federn flatterte zu Boden.
Bis zur Sommersonnenwende waren es noch ein oder zwei
Tage, und noch immer schien die Sonne strahlend vom Himmel, obwohl die Fischer,
die ihre Opfergaben aus Blasentang und Seeanemonen vor Malkins Schrein
auslegten, darauf schworen, dass der Sturmgott in Aufruhr war. Camaban stieg
auf einen Hügel, wo farbenprächtig blühende Seidenpflanzen und wilde Orchideen
wucherten, und erklärte, er sähe eine bräunliche Linie am westlichen Horizont;
aber diese ferne Bedrohung sorgte für nicht annähernd so viel Aufregung im
Stamm wie die Rückkehr von fünf jungen Männern, die zu dem Kriegerverband
gehört hatten, der Lengar nach Ratharryn begleitete. Die fünf Speerkämpfer
hatten eine lange Reise hinter sich, weil sie gezwungen gewesen waren,
feindlichen Stämmen auszuweichen, indem sie in den Wäldern blieben; alle waren
schwach und erschöpft, als sie die Siedlung erreichten.
An diesem Abend ordnete Kereval ein Begrüßungsfestmahl
an, und als die fünf jungen Krieger gegessen hatten, versammelten sich die
Stammesangehörigen, um ihre Neuigkeiten zu hören. Sie drängten sich draußen vor
Kerevals Hütte, entlang der Grube, die Scathel für Saban ausgehoben hatte; die
Männer des Stammes hockten in unmittelbarer Nähe der Berichterstatter, während
die Frauen hinter ihnen standen. Sie wussten bereits von Lengars Erfolg, indem
er seinem Vater Ratharryn weggenommen hatte; aber jetzt sprachen die fünf
jungen Männer von einem Jahr der Kämpfe, die auf dem hoch gelegenen Land
zwischen Ratharryn und Cathallo stattgefunden hatten. Sie berichteten, dass
die Krieger von Ratharryn, verstärkt durch den Kriegerverband aus Sarmennyn,
Cathallo eine Reihe von Niederlagen beigebracht hatten. Acht Männer aus
Sarmennyn waren bei den bewaffneten Auseinandersetzungen ums Leben gekommen
und weitere zwanzig verletzt worden; auch ein paar Leute aus Ratharryn hatten
den Tod gefunden, aber unter den Kriegern von Cathallo, sagten die junge Männer,
waren unzählige gefallen. »Ihre große Zauberin ist im Winter gestorben«,
erklärte einer der Krieger, »und dieses böse Omen hat ihnen den Mut geraubt.«
»Was ist mit Kital?«, fragte Saban, »ihrem Clanführer?«
»Kital von Cathallo lebt nicht mehr«, antwortete der
Speerkämpfer. »Er wurde von Vakkal bei einem der Gefechte abgeschlachtet.« Die
Zuhörer trommelten mit ihren Speerschäften auf den Boden, um ihre Freude darüber
zum Ausdruck zu bringen, dass ein Held aus Sarmennyn den feindlichen Clanführer
getötet hatte. »Sein Nachfolger hat uns großzügige Geschenke geschickt, in der
Hoffnung auf Frieden«, fügte der Krieger hinzu.
»Wurden sie angenommen?«, wollte Kereval wissen.
»Im Austausch für eine Siedlung namens Maden.«
»Wo sind die Geschenke jetzt?«, fragte Scathel.
»Die Hälfte davon ist beiseite gelegt worden«, gab der
Krieger
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