Cromwell, Bernard
inzwischen gefunden
worden«, fuhr er fort, »weil ich sie tot sehen will.«
»Aber sie stellen doch keine Gefahr für uns dar«, erwiderte
Saban.
»Sie gehören zu Rallins Familie, und sie müssen alle
ausgelöscht werden. Und Derrewyns elendes Balg mit ihnen!« Er trat einen
weiteren Totenschädel von dem Wall hinunter. »Nennt sich eine Zauberin! Ha!
Aber man sieht ja, wohin ihre sogenannte Zauberkunst ihren Stamm gebracht hat!«
Er grinste plötzlich. »Ich liebe Krieg.«
»Und ich hasse ihn.«
»Das kommt daher, weil du nichts von Kriegsführung
verstehst, aber es ist nicht schwierig. Gundur wollte den Rückzug antreten,
weil er nicht über das Problem nachgedacht hatte; aber ich wusste, Rallin
würde mit seinen besten Kriegern angreifen, deshalb war es ein Kinderspiel,
ihnen eine Falle zu stellen, und Gundur — das muss ich ihm zugestehen — hat
tatsächlich begriffen, wie es funktionieren könnte. Gundur hat gut gekämpft.
Hast du auch gut gekämpft?«
»Ich habe einen Mann getötet«, erklärte Saban. »Nur
einen?«, spottete Camaban. »Früher, als Kind, war ich immer neidisch auf dich.
Du warst wie Lengar, groß und kräftig, und ich dachte, du würdest Krieger
werden im Gegensatz zu mir, dem ewigen Krüppel. Aber es ist der Krüppel, der
Cathallo erobert hat. Nicht Lengar, nicht du, sondern ich!« Er lachte, stolz
auf sein Tageswerk; dann wandte er sich ab, um auf die überlebenden Bewohner
von Cathallo hinabzustarren, die sich um Sannas' alte Hütte versammelt hatten.
»Ich schätze, es wird Zeit, ihnen ein bisschen Angst einzujagen«, murmelte
Camaban, und er ging auf dem erhöhten Fußweg zurück in die Mitte des Tempels.
Weniger als ein Dutzend von Ratharryns Speerkämpfern waren in das Heiligtum
vorgedrungen, sodass Camaban praktisch ungeschützt war. Er zeigte jedoch keine
Furcht, als er genau in das Zentrum des Tempels marschierte, auf die freie
Fläche zwischen den Kreisen aus paarweise angeordneten Steinen, die von dem
größeren Kreis aus Felsblöcken umgeben waren. Dort hob er die Arme zum Himmel
und hielt sie so lange emporgestreckt, bis die verängstigte Menschenmenge
verstummt war. »Ihr kennt mich!«, rief er mit weithin schallender Stimme. »Ich
bin Camaban! Camaban, das klumpfüßige Kind! Camaban, der Krüppel! Camaban von
Ratharryn! Und jetzt bin ich Camaban, Clanführer von Cathallo. Will das
irgendjemand anfechten?« Er starrte die Menschenmenge an. Es waren mindestens
vierzig Männer darunter, die meisten noch immer bewaffnet — aber keiner von
ihnen rührte sich.
»Ich bin mehr als Camaban«, warf Camaban sich in die
Brust, »denn ich bin eines Nachts vor vielen Jahren hierher gekommen und ich
habe bei ihrem letzten Atemzug Sannas Seele aufgefangen! Ich, Camaban, trage
Sannas in mir. Ich bin Sannas! Ich bin Sannas!« Er schrie diese Behauptung
hinaus, und dann begann er plötzlich mit Sannas' alter Stimme zu singen, mit
exakt ihrer Stimme, uralt und brüchig wie alte Knochen, sodass es Saban, der
die Augen schloss, so vorkam, als ob die alte Zauberin noch lebte. »Ich bin
Sannas, die zur Erde zurückgekehrt ist, gekommen, um euch vor Bestrafung zu
bewahren!« Und Camaban begann sich zu krümmen und zu winden, in die Luft zu
springen und wild zu zappeln, während er röchelnd schrie und kreischte, als ob
in seinem Inneren ein Kampf zwischen der Seele der alten Frau und seinem
eigenen Geist tobte; seine Darbietung veranlasste zu Tode erschrockene Kinder,
ihre Gesichter in den Röcken ihrer Mütter zu bergen. »Ich bin Sannas!«, schrie
Camaban. »Und Slaol hat mich erobert! Slaol hat mich genommen! Slaol hat
zwischen meinen Schenkeln gelegen, und ich bin von ihm erfüllt! Aber ich werde
für euch kämpfen!« Abermals schrie er gellend auf und warf wild den Kopf hin
und her, sodass sein langes, blutbeschmiertes Haar um seine Schläfen peitschte.
»Ihr müsst gehorchen, ihr müsst gehorchen«, rief er, noch immer mit Sannas'
Stimme.
»Tötet sie .« Jetzt sprach er wieder mit seiner eigenen
Stimme, zog sein bluttriefendes Schwert und rückte drohend gegen die Menge vor,
während er einen Sprechgesang anstimmte. »Tötet sie, tötet sie, tötet sie!« Die
Menge wich voller Furcht zurück.
»Versklavt sie!« Er war jetzt wieder in Sannas' Geist
geschlüpft. »Sie werden gute Sklaven sein! Peitscht sie aus, wenn sie nicht gut
sind! Peitscht sie aus!« Erneut begann er, sich zu winden und zu heulen, um dann
— ganz plötzlich — reglos innezuhalten.
»Slaol spricht in mir«,
Weitere Kostenlose Bücher