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Cromwell, Bernard

Cromwell, Bernard

Titel: Cromwell, Bernard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stonehenge
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Bewegung setzten, bis die Zugriemen alle straff
gespannt waren.
    »Aber ich will nicht Priester werden«, platzte Leir unvermittelt
heraus. »Lieber will ich ein Mann werden.«
    Es dauerte einen Moment lang, bis Saban klar wurde, was
der Junge da gerade gesagt hatte. Er hatte sich auf die Zugriemen konzentriert,
hatte beobachtet, wie sie sich straffer und immer straffer spannten, und hatte
sich besorgt gefragt, ob sie wohl halten würden. »Du willst nicht Priester
werden?«, fragte er jetzt. »Nein — Krieger!«
    Saban legte abermals die Hände an den Mund. »Jetzt!«, rief
er »Vorwärts!«
    Die Stachelstöcke sausten auf die Ochsenflanken herab,
das Ochsenblut floss, die Tiere kämpften auf dem feuchten, grasigen Boden, um
Halt unter den Hufen zu finden, und die Zugriemen begannen vor Spannkraft zu
zittern. »Weiter!«, brüllte Saban. »Weiter!«, und die Ochsen senkten die Köpfe,
legten sich mit aller Kraft ins Geschirr, und plötzlich machte der Schlitten
einen knirschenden Ruck. Saban befürchtete, die Zugriemen würden zerreißen,
doch stattdessen bewegte sich der Stein. Er bewegte sich! Der große Felsblock
löste sich ächzend und knirschend aus dem Griff der Erde, und die Zuschauer
jubelten.
    »Ich will nicht Priester werden«, wiederholte Leir, seine
kleine Stimme von tiefem Kummer erfüllt.
    »Also Krieger, ich weiß«, sagte Saban. Der Schlitten
bewegte sich langsam und Stück für Stück die Rampe hinauf, während seine
breiten Kufen eine Spur von zerdrücktem Kreidegeröll hinterließen.
    »Aber Mutter sagt, ich soll die Mannbarkeitsprüfungen
nicht ablegen, weil ich sie nicht brauche.« Leir blickte hilflos zu seinem
Vater auf. »Sie sagt, ich muss Priester werden. Lahanna hat es befohlen.«
    »Jeder Junge sollte die Prüfungen ablegen«, bemerkte
Saban. Der Schlitten war jetzt am Ende der Schräge angekommen und glitt von
dort aus mühelos weiter durch den Ochsenkot und das Gras.
    Saban folgte dem Schlitten, und Leir rannte mit Tränen in
den Augen hinter ihm her. »Ich will auch die Prüfungen ablegen!«, jammerte er.
    »Dann komm mit nach Ratharryn«, schlug Saban vor, »du
kannst sie dort machen.«
    Leir starrte seinen Vater an. »Kann ich das?«, fragte er,
seine Stimme von Ungläubigkeit erfüllt.
    »Willst du es denn wirklich?«
    »Und wie!«
    »Gut, dann bleibt es dabei«, erwiderte Saban; er hob
seinen entzückten Sohn hoch und setzte ihn auf den Stein, damit Leir auf dem
langsam vorwärts gleitenden Felsblock reiten konnte.

Saban führte den schwer zu manövrierenden Schlitten in
nördlicher Richtung um Cathallos Tempel herum, weil das Ochsengespann viel zu
groß war, um durch die Zugänge in dem Tempelwall zu gelangen. Aurenna ging
neben dem Schlitten her, gefolgt von der Menschenmenge, und als der Felsblock
den Tempel verlassen hatte, rief sie Leir, er solle von dem Schlitten
herunterspringen und ihr nach Hause folgen. Leir blickte seine Mutter an,
blieb jedoch störrisch, wo er war. »Leir!«, rief Aurenna scharf.
    »Leir kommt mit mir«, erklärte Saban ihr, »nach Ratharryn.
Er wird dort bei mir leben.«
    Aurenna sah überrascht aus, dann verwandelte sich ihre
Überraschung in Wut. »Er wird bei dir leben?« Ihre Stimme hatte einen
gefährlichen Unterton.
    »Richtig. Und er wird alles das lernen, was ich als Kind
gelernt habe«, bestätigte Saban. »Er wird lernen, wie man mit einer Axt, einem
Breitbeil und einer Ahle umgeht. Er wird lernen, wie man einen Bogen macht, wie
man einen Hirsch erlegt und wie man einen Speer führt. Er wird ein Mann
werden.«
    Die Ochsen brüllten, und die Luft stank nach ihrem Kot und
Blut. Der Stein bewegte sich zwar nur so langsam vorwärts, dass es nicht
einmal dem Schritttempo eines Menschen entsprach, aber er bewegte sich.
»Leir!«, rief Aurenna erneut. »Komm sofort her!«
    »Bleib, wo du bist«, rief Saban seinem Sohn zu und eilte
davon, um den Schlitten einzuholen.
    »Er soll Priester werden!«, schrie Aurenna jetzt. Sie
rannte Saban nach, mit wehendem Umhang und flatternden Eichelhäherfedern.
    »Zuerst soll er ein Mann werden«, verkündete Saban. »Und
wenn er anschließend, sobald er ein Mann ist, Priester werden möchte, nun gut,
dann sei es so. Aber zuerst kommt Leirs Mannhaftigkeit, bevor er jemals Priester
wird.«
    »Leir bleibt hier!«, kreischte Aurenna. Saban hatte sie
noch nie zuvor wütend erlebt; tatsächlich hätte er es niemals für möglich
gehalten, dass sie überhaupt zu einem solch heftigen Gefühl fähig war; aber
jetzt

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