Crossfire 2: Feuerprobe
sehen. Schweiß perlte auf ihrem Gesicht und
sammelte sich auch im Nacken.
Die Ranken wussten, wie man einen Erreger herstellte.
Und ich weiß das zu würdigen, dachte Alex,
während sie weitertaumelte. Die Ranken waren auch eine Art von
MateR, wenn man es recht betrachtete. Sie benutzten die Mittel, mit
denen sie am besten umzugehen verstanden: genetische
Veränderungen. Genau wie sie, Alex, Technologie benutzte und
Julian…
Denk nicht an Julian! Ein Feind nach dem anderen!
Wie nahe würden die Pelzlinge sie herankommen lassen?
Alex konnte sie nicht mehr sehen. Entweder hatten die Pelzlinge
bei Alex’ Annäherung das Feuer gelöscht, oder ihr
Sehvermögen schwand tatsächlich. Alles um sie herum sah
seltsam grün aus und nicht mehr so violett, wie es sein sollte.
Aber es war natürlich Nacht, und man konnte Greentrees’
gesundes Violett nachts nicht sehen, man sah nur Dunkelheit –
bis Julian kam. Er kam zumeist tief in der Nacht und legte sich neben
ihr ins Bett und…
Sie fiel ins Wasser. Es war an dieser Stelle nur noch eine
Handbreit tief, und trotzdem kam sie nicht mehr hoch.
Julian…
Aber sie war noch nicht dicht genug dran! Sie musste die Pelzlinge
anhauchen, sie musste bis zu ihrem Lager stolpern und hoffen, dass
man sie nicht aufspießte oder mit Julians Lasern niederschoss,
bevor sie die Pelzlinge angesteckt hatte.
Julian…
Alex versuchte aufzustehen und schaffte es nicht. Sie schloss die
Augen. Das Plätschern des Flusses wurde lauter, wurde erst zu
einem Rauschen und dann zu einem Brüllen und schließlich
zu einem kreischenden Missklang. Es tat weh! Alex schrie auf
und schlug um sich, versuchte sich die Ohren zuzuhalten. Irgendwie
schaffte sie es nicht. Und da war auch noch etwas anderes, was sie
hatte tun wollen, etwas Wichtiges, etwas für Julian…
Für Julian…
Karim Mahjoub zerrte sie wieder hoch. Es schmerzte schlimmer, als
auf den nassen Steinen zu liegen, und sie schrie erneut auf. Dieser
verfluchte Karim Mahjoub! Aber es war nicht Karim Mahjoub. Die Arme
waren pelzig, und da war ein eigenartiger Geruch, und es gab da
etwas, das sie für Julian tun wollte…
Ja. Jetzt erinnerte sie sich.
Alex wandte ihr Gesicht dem Pelzling zu, der sie trug, und atmete
aus.
36. KAPITEL
IN DEN AVERY MOUNTAINS
Karim beobachtete, wie Alex Cutler am jenseitigen Ufer am Fluss
entlangstolperte, bis er es nicht länger ertragen konnte und den
Blick abwenden musste. Er hätte statt ihrer gehen sollen. Und er
hatte sich ebenfalls für diese Aktion gemeldet, aber nachdem
Jake betäubt worden war, hatte Alex Cutler das Kommando einfach
an sich gerissen und alle vor vollendete Tatsachen gestellt. Sie war
die Anführerin von Greentrees, in Abwesenheit einer Person
namens Ashraf Shanti, von dem Karim noch nie gehört hatte. Und
Shanti war nicht erreichbar, war vermisst, möglicherweise tot.
Der Wissenschaftler in Karim wusste, dass eine Frau gehen musste
– der Mann in ihm lehnte sich dagegen auf.
»Ich mache es«, hatte Alex Cutler verkündet, und
Lucy hatte dazu genickt. Lucy! Warum? Karim hatte erwartet, dass Lucy
ihn unterstützte, doch genau das hatte sie nicht getan. Er
würde noch herausfinden, warum. Egal, was für
persönliche Konflikte er damit inmitten des Krieges
heraufbeschwor.
Alex Cutler stürzte und richtete sich langsam wieder auf.
Karim ballte die Hände zu Fäusten.
Oberhalb der Böschung hörte er den zweiten
Geländewagen mit Jake zurückkehren. Der Wagen raste dahin,
viel zu schnell. Kent war bei Jake geblieben, als die erste Gruppe zu
Fuß zum Ufer zurückgekehrt war. Lucy hatte dann den
zweiten Geländewagen geholt, um Jake und Kent abzuholen. Aber
warum kam der Wagen so schnell heran?
»Steig ein!«, rief Lucy über die Uferkante hinab.
»Sie kommen! Sie wissen, wo wir sind!«
»Wer?«
»Julian Martin! Steig ein! Steig ein, verdammt noch mal! Sie
kommen nicht durch die Luft. Sie haben Geländetransporter, sie
haben unsere Koordinaten! Alle einsteigen!«
Karim kletterte die Böschung hinauf. Seine Gedanken
überschlugen sich. Vom Boden aus konnte man sie nicht
aufspüren, solange sie Funkstille hielten. Aber man konnte ihren
Spuren folgen…
»Woher weißt du das?«, wollte Kueilan wissen.
»Ein offener Anruf von jemandem namens Siddalee Brown! Steigt
ein! Steigt ein!«
Wer war Siddalee Brown? Wer auch immer sie war, wenn sie Alex
Cutler mit einem ungesicherten Anruf vor Julian Martin gewarnt hatte,
dann lebte sie inzwischen nicht mehr. Woher hatte diese
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