Crossfire 2: Feuerprobe
nicht genug Leute, um
dort noch mal nachzuschauen…«
Julian schaute sie lange an und nickte schließlich. »In
Ordnung, Alex. Ich glaube dir. Vorläufig. Ich werde die
Höhle überprüfen.«
Damit hatte sie Jake und Karim Mahjoub etwas Zeit verschafft.
Wofür? Alex wusste es nicht. Sie konnte nicht klar denken. Sie
hatte Siddalee vor Augen – die treue, pingelige und stets um
Alex besorgte Siddalee…
Und sie, Alex Cutler, hatte Julian geliebt. Sie, Alexandra Hope
Cutler, Mira Citys MateR.
Sie weinte vor Scham und Wut.
Sie blieben nicht in der Höhle, wo auch immer dieser Ort lag.
Nach wie vor nur in die Decke gehüllt, wurde Alex in ein
Transportfahrzeug verladen. Das Fahrzeug musste irdischen Ursprungs
und von der Feuerprobe heruntergebracht worden sein, denn auf
Greentrees gab es nichts Vergleichbares. Es war groß und
kastenförmig und offenbar in mehrere Kammern unterteilt, denn
der Bereich, in dem Alex untergebracht wurde, war nicht
annähernd so groß wie das Fahrzeug.
Sie wurde zusammen mit fünf weiblichen wilden Pelzlingen
transportiert, alle bis auf eine in Fesselschaum gehüllt. Die
Pelzlinge saßen neben ihr und gaben grauenvolle Klagelaute von
sich, sobald die Luke geschlossen war und völlige Dunkelheit
herrschte. Der Lärm hallte von den Metallwänden des
Transporters wider. In der Dunkelheit hörte Alex, wie sich die
Pelzlinge trotz des Fesselschaums bewegten. Sie alle versuchten, in
der engen Kammer möglichst weit von Alex wegzurücken. Roch
sie tatsächlich so fürchterlich für die Pelzlinge?
Was war mit den Männchen? Und was hatte Julian vor?
Sie versuchte, wie er zu denken, obwohl das ihre Scham nur noch
vergrößerte. Die raumfahrenden Pelzlinge wollten die
wilden Pelzlinge. Vielleicht fing Julian sie ein, um die Pelzlinge
aus dem All mit ihnen zu ködern. Er hatte sie so weit
eingeschüchtert, dass sie ihm gehorchten. Was hatte er mit den
Männchen gemacht? Wahrscheinlich getötet.
Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht hatte Alex
ausschließlich die Männchen angesteckt, und die waren dann
gestorben. Jon McBain hatte nicht erwähnt, dass so etwas
geschehen könnte, und Alex verstand nicht genug von Biologie, um
zu wissen, ob es möglich war. Aber vielleicht war es das. Dann
hatte Julian womöglich die überlebenden Weibchen
eingesammelt, um sie zu einem anderen Stamm wilder Pelzlinge zu
bringen und auf diese Weise sein Bündnis mit ihnen zu festigen.
Immerhin wusste Julian nicht, dass zumindest eine Gruppe wilder
Pelzlinge mit Jake zusammenarbeitete.
Oder vielleicht…
Sie gab es auf. Sie wusste einfach nicht genug. Sie war zutiefst
erschöpft. Und was noch schwerer wog: Sie konnte einfach nicht
wie Julian denken. Sie war nicht wie Jake, der sich in einen
verabscheuungswürdigen Charakter hineinversetzen konnte, um
Voraussagen über dessen Handlungen zu treffen und entsprechende
Gegenmaßnahmen zu planen.
Alex wusste tatsächlich nicht, wo sich Jake aufhielt, und sie
war von Herzen froh darüber. Aus irgendeinem Grund hatten sie
bereits alle das Weite gesucht, bevor Julian den Fluss erreicht
hatte. Sobald Julian allerdings herausfand, dass sich Jake nicht in
der Krankenhaushöhle befand, würde er Alex vermutlich
foltern. Sie erschauderte.
Alex wusste, dass sie unter der Folter alles verraten würde.
Sie würde von Karim Mahjoub und Lucy Lasky erzählen, von
der Biomasse und von der Ranke, die daraus wachsen konnte. Sie
würde ihm alles erzählen, damit der Schmerz aufhörte.
Sie war nicht so stark.
Aber sie konnte Juliannicht verraten, wo Jake und Karim
Mahjoub und die anderen waren – weil sie davon wirklich keine
Ahnung hatte!
Sie klammerte sich an diesen schwachen Trost und schlief in dem
ruckelnden Transporter ein, umgeben von den Klagelauten der
verängstigten Pelzlinge.
38. KAPITEL
IN DEN AVERY MOUNTAINS
Kurz vor Erreichen der Biomasse ging dem Geländewagen die
Energie aus.
Mit dem Ersterben der Energie erloschen auch die Lichter. Karim
schaute zum mondlosen Himmel hinauf, der sich rasch zuzog, und
schimpfte: »Ebn sharmoota!«
»Ich werde dich jetzt nicht fragen, was das bedeutet«,
sagte Jon müde.
Natalie war diesmal vorsichtiger durch das Flussbett gefahren als
bei ihrer halsbrecherischen Flucht vor einigen Stunden. »Wir
sind nur noch drei Kilometer von der Biomasse entfernt«, stellte
sie fest. »Ich habe es auf den Anzeigen gesehen, kurz bevor sie
erloschen.«
»Dann also drei Kilometer«, sagte Jon. »Lasst uns
aufbrechen.«
Die drei
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