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Crossfire 2: Feuerprobe

Crossfire 2: Feuerprobe

Titel: Crossfire 2: Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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dem Geschöpf – Geschöpfen? –
auf. Er hasste es, dass er unter ihnen so klein wirkte. »Wir
haben’ Hunger und Durst«, formulierte er sorgfältig.
»Menschen müssen Wasser trinken und Substanzen essen. Wir
können diese Substanzen nicht selbst machen.« George hatte
die Theorie aufgestellt, dass die Ranken eine Art Photosynthese
betrieben, die nicht auf Chlorophyll beruhte, sondern auf
entsprechend angepasste bakterienartige Mikroben, die nicht auf DNA
basierten.
    »Menschen müssen Wasser trinken und Substanzen essen.
Wir können diese Substanzen nicht selbst machen. Wenn wir kein
Essen und Wasser bekommen, sterben wir.«
    Dann setzte er sich hin und wartete.
    Nach fünfzehn Minuten – er maß die Zeit mit dem
Chronometer seines Raumanzugs – verkündete der
Übersetzer: »Wir müssen euch Wasser machen. Wir
müssen euch Essen machen. Wir müssen eine Probe von euch
haben.«
    Das hatte Karim erwartet. Sie waren Meister der Genetik und kamen
selbst mit Lebensformen zurecht, die nach ganz anderen Prinzipien
aufgebaut waren als sie selbst. Aber sie konnten nicht ohne
Informationen arbeiten. »Ich kann meinen Anzug ablegen«,
erklärte er und unterstrich seine Worte verlegen mit den
entsprechenden Gesten. »Wenn ich meinen Anzug ablege, werde ich
dann sterben? Oder ist es hier sicher für mich?«
    Diesmal wartete er eine halbe Stunde. Lucy kam heran, verschlafen
und besorgt. »Essen?«
    »Ich habe gerade den Zimmerservice bestellt.«
    Sie lächelte.
    »Du musst den Anzug ablegen«, sagte der
Übersetzer.
    »Ist das sicher für mich?«, fragte Karim.
    »Das wissen wir nicht.«
    Bevor er sie noch aufhalten konnte, hatte Lucy bereits die
Verschlüsse geöffnet und einen Stiefel ausgezogen.
»Lucy!«
    »Es ist vernünftig so«, stellte sie nüchtern
fest. »Du bist Physiker, und daher sind deine Chancen
größer, allein nach Greentrees zurückkehren zu
können. Lass sie an mir ihre Experimente machen.« Sie
streckte das Bein aus.
    Neben ihr im Sumpf regte sich etwas.
    Es war nicht die gleiche Art Biofilm, die auf Greentrees aus Ranke
Betas Wagen herausgesickert war. Für Karim war das ein weiteres
Indiz dafür, dass die Ranken, die durch den Weltraum reisten,
genetisch an diese Aufgabe angepasst sein mussten – und warum
auch nicht? Genetische Anpassung war die charakteristische
Tätigkeit dieser Wesen. Er sah zu, wie sich der halbfeste
Schleim in einer zähflüssigen Woge erhob und Lucys
Fuß umfasste. Es war eine eigentümliche Bewegung für
eine Substanz, die am ehesten noch Erbrochenem mit violetten
Bröckchen darin ähnelte…
    Lucy hielt den Fuß ruhig. Minuten vergingen, und
schließlich ebbte die Welle zurück und hatte eine
dünne schleimige Schicht auf dem Fuß hinterlassen. Sie
erschauderte.
    »Karim… etwas zum Abwischen…«
    Es gab nichts. Schließlich beugte er sich vor und wischte
mit seinen Handschuhen über den Schleim. Damit bekam er ihn
jedoch nicht weg. Lucy zog den Stiefel wieder an.
    »Jetzt müssen wir warten«, sagte er mit belegter
Stimme. »Sie tun nie etwas schnell.«
    »Ich weiß.«
    Sie warteten eine Stunde und saßen auf dem Rand der
großen Kiste. Wie verängstigte Kinder vor der Tür
zum Büro eines strengen Lehrers, dachte Karim verbittert.
Dann beugte sich die nächststehende Ranke zu ihnen herab. Eine
ihrer flachen, fleischigen violetten »Hände« verformte
sich zu einer Schale. Diese Schale füllte sich mit zähem
grauen Schleim.
    »Nein«, stöhnte Lucy. »Beim letzten Mal haben
sie einen festen, durchsichtigen Becher wie unsere Helme gemacht.
Karim, ich glaube nicht, dass ich daraus trinken kann.«
    Er antwortete nicht. Sie wusste so gut wie er, dass ihnen keine
Wahl blieb.
    Er konnte diese Schale nicht anheben, weil sie am Stamm der Ranke
fest verankert war. Er musste sich nach vorn beugen, der Ranke
entgegen. Als sein durchsichtiger Helm die Schale berührte,
verformte er sich und verschmolz mit der lebenden Schale. Unbeholfen
leckte Karim die graue Flüssigkeit auf. Sie schmeckte nicht
schlecht und nicht gut, doch fast sofort fühlte er sich
gesättigt.
    Lucy schloss die Augen und tat es ihm gleich.
    Danach fühlte sich Karim seltsam gedemütigt. Er
versuchte herauszufinden, weshalb. Schließlich erkannte er,
dass er sich schämte, weil sie so abhängig waren. Weil man
sie behandelte wie… wie was? Wie Haustiere, die man
fütterte und gelegentlich ansprach, ansonsten aber nicht
beachtete. Weil er und Lucy so offensichtlich bedeutungslos waren
für diese gigantischen

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