Crossfire. Offenbarung: Band 2 Roman (German Edition)
verlieren. Ständig frage ich mich, ob ich nicht Schluss machen sollte, solange es noch geht, aber ich tue es nicht, weil ich es versprochen habe – ihm und mir selbst –, dass ich nicht mehr weglaufen werde. Ich habe versprochen zu kämpfen.«
»Daran arbeiten Sie gerade?«
»Ja. Ja, genau daran. Und es ist nicht leicht. Denn er macht manchmal Dinge … auf die ich auf eine Art und Weise reagiere, wie ich es mir eigentlich abgewöhnt hatte. Aus reinem Selbstschutz! Irgendwann muss man doch zugeben können, dass man zwar sein Bestes gegeben hat, aber ohne Erfolg. Oder nicht?«
Dr. Petersen neigte den Kopf zur Seite. »Und wenn nicht? Was könnte passieren?«
»Ist das eine ernst gemeinte Frage?«
»Ja. Beschreiben Sie mir Ihr Worst-Case-Szenario.«
»Tja …« Ich spreizte die Finger auf meinen Oberschenkeln. »Er entzieht sich mir ständig, woraufhin ich noch stärker klammere und den letzten Rest an Selbstwertgefühl verliere. Am Ende kehrt er in sein früheres Leben zurück, während ich wieder zur Therapie gehen muss, um überhaupt mein Leben auf die Reihe zu bekommen.«
Da Dr. Petersen mich weiterhin geduldig und aufmerksam ansah, hatte ich das Gefühl, weiterreden zu müssen.
»Ich habe Angst, dass er die Sache nicht beendet, wenn es Zeit ist, und dass ich es auch nicht tun kann. Dass ich auf dem sinkenden Schiff bleibe und damit untergehe. Ich wünschte nur, ich könnte darauf vertrauen, dass er die Sache beendet, wenn es Zeit ist.«
»Sie glauben also, das wird notwendig sein?«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht.« Ich richtete meinen Blick auf die Wanduhr. »Aber da es fast sieben Uhr ist und er uns beide versetzt hat, halte ich es für wahrscheinlich.«
Ich fand es aberwitzig, dass ich nicht mal überrascht war, als am nächsten Morgen um Viertel vor fünf der Bentley vor meiner Wohnung wartete. Aber der Fahrer, der aus dem Wagen stieg, als ich aus dem Haus trat, war ein Unbekannter. Er war viel jünger als Angus, ich schätzte ihn auf Anfang dreißig. Mit seiner karamellfarbenen Haut und den dunklen Haaren und Augen wirkte er wie ein Latino.
»Danke«, sagte ich zu ihm, als er um den Wagen herumkam, »aber ich nehme ein Taxi.«
Als der Nachtportier meines Apartmenthauses das hörte, trat er auf die Straße, um eines heranzuwinken.
»Mr. Cross hat gesagt, ich sollte Sie zum Flughafen bringen«, erwiderte der Fahrer.
»Sie können Mr. Cross ausrichten, dass ich seinen Chauffeurservice weder jetzt noch in Zukunft benötige.« Ich marschierte zum Taxi, das der Portier besorgt hatte, doch dann hielt ich inne und drehte mich um. »Und sagen Sie ihm: Er kann mich mal.«
Dann stieg ich ins Taxi und lehnte mich zurück, während es anfuhr.
Vielleicht war ich nicht ganz objektiv, aber mein Vater war eine eindrucksvolle Persönlichkeit.
Als Victor Reyes aus dem Sicherheitsbereich trat, fiel er sofort auf. Er war einen Meter achtzig groß, fit und gut gebaut und hatte das gebieterische Auftreten eines Mannes, der es gewohnt war, Befehle zu erteilen. Sein suchender Blick überflog die unmittelbare Umgebung – einmal Polizist, immer Polizist. Er trug eine Jeans, ein schwarzes Button-down-Hemd und über der Schulter einen Seesack. Seine Haare waren dunkel und wellig und seine Augen so intensiv grau wie meine. Er war eindeutig attraktiv, gefährlich und faszinierend wie ein heranziehendes Gewitter, und ich versuchte, ihn mir neben meiner unnahbaren Mutter mit ihrer zerbrechlichen Schönheit vorzustellen. Ich hatte sie nie zusammen gesehen, nicht mal auf Fotos, wollte es aber unbedingt. Und sei es auch nur ein einziges Mal.
»Daddy!«, rief ich und winkte.
Als er mich sah, hellte sich seine Miene auf, und er grinste breit.
»Da ist ja mein Mädchen.« Er umarmte mich und hob mich hoch. »Ich hab dich vermisst wie verrückt.«
Da fing ich an zu weinen, ich konnte nicht anders. Seine Gegenwart war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.
»Hey.« Er wiegte mich sanft in seinen Armen. »Warum die Tränen?«
Ich umklammerte seinen Hals fester und war unendlich dankbar, dass er bei mir war. Denn solange er da war, würden all meine Probleme in den Hintergrund rücken.
»Ich hab dich auch wie verrückt vermisst«, schniefte ich.
Wir fuhren mit dem Taxi zu meiner Wohnung. Auf der Fahrt stellte mir Dad dieselben Fragen über den Angriff auf Cary wie der Detective im Krankenhaus. Als wir vor meinem Apartmentkomplex hielten, versuchte ich, ihn weiterhin mit dem Überfall abzulenken, aber es
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