Crossfire. Offenbarung: Band 2 Roman (German Edition)
für ein Riesenarschloch hielt. Ich wusste nicht, ob Magdalene ihm von dem Video erzählt hatte, und wenn nicht, dann hatte sie wahrscheinlich gute Gründe dafür.
Direkt vor der Damentoilette wartete ich auf Elizabeth. Als sie auftauchte und mich im Flur entdeckte, lächelte sie. Gideons Mutter war eine atemberaubend schöne Frau mit langen, glatten schwarzen Haaren und denselben hinreißenden blauen Augen wie Gideon und Ireland. Allein ihr Anblick tat mir weh, weil ich Gideon so vermisste. Es war ein ständiger Kampf, mich nicht bei ihm zu melden und einfach das zu nehmen, was er mir zu geben bereit war.
»Eva.« Sie begrüßte mich mit angedeuteten Küsschen auf beide Wangen.
»Christopher meinte, Sie seien es, aber ich habe Sie zuerst nicht erkannt. Mit dieser Frisur sehen Sie völlig verändert aus, aber ich finde es reizend.«
»Danke. Ich muss mit Ihnen sprechen. Im Vertrauen.«
»Ach ja?« Sie runzelte die Stirn. »Stimmt was nicht? Ist etwas mit Gideon?«
»Kommen Sie.« Ich wies zum Flur, Richtung Notausgang.
»Worum geht es denn?«
In sicherer Entfernung von den Toiletten erklärte ich es ihr. »Erinnern Sie sich noch daran, wie Gideon Ihnen als Kind erzählte, er sei missbraucht oder vergewaltigt worden?«
Sie wurde blass. »Er hat Ihnen davon erzählt?«
»Nein. Aber ich habe seine Albträume mitbekommen. Schreckliche, widerliche, grausame Albträume, in denen er um Gnade bettelt.« Ich sprach zwar leise, aber voller Zorn, und hatte alle Mühe, nicht handgreiflich zu werden, während sie peinlich berührt und mit defensiver Miene dastand. »Es war Ihre Aufgabe, ihn zu schützen und ihm zu helfen!«
Sie hob das Kinn. »Sie haben doch keine …«
»Sie trifft keine Schuld an dem, was ohne Ihr Wissen passierte.« Ich trat auf sie zu und verspürte einen Anflug von Befriedigung, als sie einen Schritt zurückwich. »Aber alles, was danach geschah, lag vollkommen in Ihrer Verantwortung.«
»Seien Sie still, verdammt noch mal!«, zischte sie. »Sie wissen ja gar nicht, wovon Sie da reden! Wie können Sie es wagen, mir einfach so etwas an den Kopf zu werfen, ohne auch nur die geringste Ahnung zu haben!«
»Ja, aber ich wage es! Ihr Sohn hat ernsthaften Schaden davongetragen, und Ihre Weigerung, ihm zu glauben, hat alles nur noch viel schlimmer gemacht!«
»Glauben Sie etwa, ich würde zulassen, dass mein eigenes Kind missbraucht wird?« Ihr Gesicht war hochrot vor Zorn, und ihre Augen schimmerten verdächtig. »Ich habe Gideon von zwei Ärzten auf … Traumata … untersuchen lassen. Ich habe alles getan, was man von mir erwarten konnte.«
»Aber sie haben ihm nicht geglaubt. Und das wäre Ihre Pflicht als Mutter gewesen.«
»Ich bin auch Christophers Mutter, und er war dabei und schwört, dass nichts passiert sei. Wem hätte ich da Glauben schenken sollen? Es gab keinerlei Beweis für Gideons Behauptungen.«
»Er hätte es gar nicht beweisen müssen! Schließlich war er noch ein Kind!« Ich bebte vor Wut und verspürte einen solchen Drang, sie zu schlagen, dass ich die Fäuste ballte. Nicht nur wegen Gideons Verlust, sondern wegen dem, was wir gemeinsam verloren hatten. »Sie hätten ihm bedingungslos beistehen müssen.«
»Gideon war ein verstörter Junge, der wegen dem Tod seines Vaters in Therapie war und sich verzweifelt nach Aufmerksamkeit sehnte. Sie wissen ja nicht, wie er damals war!«
»Aber ich weiß, wie er jetzt ist: innerlich zerbrochen, zutiefst verletzt und voller Selbsthass. Und Sie haben dazu beigetragen, dass er so geworden ist.«
»Fahren Sie zur Hölle!« Sie stürmte davon.
»Da bin ich schon!«, brüllte ich ihr nach. »Und Ihr Sohn auch.«
Den gesamten Sonntag war ich wieder die alte Eva.
Trey hatte frei und ging mit Cary zum Brunch und danach ins Kino. Ich freute mich, sie zusammen zu sehen, und war entzückt, dass sie es noch mal miteinander versuchten. Cary hatte niemanden seiner zahlreichen Anrufer um einen Besuch gebeten, und ich fragte mich, ob er seine Freundschaften überdachte. Ich vermutete, dass viele nur oberflächlich waren, spaßorientiert, aber ohne Substanz.
Da ich die Wohnung für mich hatte, schlief ich zu viel, aß nur Mist und lungerte den ganzen Tag im Schlafanzug herum. In meinem stillen Kämmerlein vergoss ich heiße Tränen um Gideon und starrte auf die Fotocollage, die früher auf meinem Büroschreibtisch gestanden hatte. Ich vermisste den Klang seiner Stimme und das Gewicht seines Rings an meinem Finger. Ich vermisste es, seine Hände und
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