Crossfire. Versuchung: Band 1 Roman (German Edition)
im ehemaligen Industriegebiet von Brooklyn, das gerade wiederbelebt werden sollte. Die Halle war riesig, und von außen war durch nichts zu erkennen, was hinter den massiven Metalltüren stattfand. Cary und ich saßen auf der Tribüne und beobachteten ein halbes Dutzend Kämpfer, die auf Matten trainierten.
»Autsch!« Mitleidig zuckte ich zusammen, als ein Junge zwischen die Beine getreten wurde. Trotz der gepolsterten Hose musste es höllisch wehtun. »Wie soll Stanton das denn rausfinden, Cary?«
»Spätestens, wenn du im Krankenhaus liegst, weiß er Bescheid.« Er warf mir einen kurzen Blick zu. »Im Ernst. Krav Maga ist brutal. Das hier ist nur Sparring, und trotzdem gibt es vollen Körperkontakt. Und selbst wenn du keine blauen Flecken davonträgst, die dich verraten – dein Stief-Dad findet es so oder so heraus. Das tut er doch immer.«
»Weil meine Mom ihm alles erzählt. Aber hiervon werde ich ihr nichts erzählen.«
»Warum nicht?«
»Sie würde es nicht verstehen. Sie würde denken, dass ich mich wegen dem schützen will, was damals passiert ist, und dann würde sie sich schuldig und ich mich schlecht fühlen. Sie würde mir niemals abkaufen, dass ich es nur als Work-out und zum Stressabbau mache.«
Das Kinn in die Handfläche gestützt, hörte ich Parker zu, wie er einer Frau gerade etwas erklärte. Er war ein guter Trainer. Geduldig und gründlich führte er in leicht verständlichen Worten aus, worauf es ankam. Das Studio lag zwar in einer ziemlich krassen Gegend, aber ich fand, das passte zu der Kampfsportart, die er unterrichtete. Und was war näher an der Wirklichkeit als eine große, leere Lagerhalle.
»Dieser Parker ist wirklich scharf«, murmelte Cary.
»Und er trägt einen Ehering.«
»Hab ich gesehen. Die Guten werden immer viel zu schnell weggeschnappt.«
Nach dem Kurs kam Parker zu uns, er lächelte, und seine dunklen Augen strahlten. »Und, wie gefällt es dir, Eva?«
»Wo kann ich den Vertrag unterschreiben?«
Da grinste er so sexy, dass Cary nach meiner Hand griff und mir alles Blut aus den Fingern quetschte.
»Hier entlang.«
Der Freitagvormittag fing toll an. Mark erklärte mir detailliert, wie man Informationen für eine Ausschreibung sammelt, und er erzählte mir etwas mehr über Cross Industries und Gideon Cross. Dabei betonte er, dass er und Cross gleich alt waren.
»Das muss ich mir selbst immer wieder vor Augen führen. Wenn man ihm direkt gegenübersteht, vergisst man leicht, wie jung er ist.«
»Ja«, stimmte ich zu. Insgeheim war ich enttäuscht, weil ich Cross wegen des Wochenendes zwei Tage lang nicht sehen würde. Obwohl ich mir einredete, dass es mir nichts ausmachte, fühlte ich mich elend. Wie begierig ich einer neuen Begegnung entgegengefiebert hatte, merkte ich erst jetzt, als mir diese Chance für zwei Tage entging. Ich fühlte mich wie berauscht in seiner Nähe. Und er war nun mal auch einfach ein toller Anblick. Für dieses Wochenende hatte ich nichts geplant, was sich auch nur annähernd damit vergleichen ließ.
Als ich gerade in Marks Büro einiges notierte, läutete das Telefon auf meinem Schreibtisch. Ich entschuldigte mich und lief hinüber. »Mark Garritys Büro …«
»Eva, Liebes, wie geht es dir?«
Ich erkannte die Stimme meines Stiefvaters und ließ mich auf den Stuhl fallen. Wenn Stanton sprach, hörte sich das in meinen Ohren stets nach altem Geld an – kultiviert, machtvoll und arrogant. »Gut, Richard. Alles in Ordnung bei euch? Wie geht es Mom?«
»Ja, alles bestens. Deiner Mutter geht es wunderbar. Wie immer.«
Sobald es um seine Frau ging, schlug er sanftere Töne an. Dafür war ich ihm dankbar. Auch für viele andere Dinge, was mich in Gewissenskonflikte stürzte, denn gleichzeitig hatte ich dann das Gefühl, meinem leiblichen Vater gegenüber illoyal zu sein. Ich wusste, wie oft ihn der gewaltige Unterschied zwischen Stantons und seinem eigenen Einkommen in Verlegenheit brachte.
»Das freut mich«, sagte ich erleichtert. »Habt ihr mein Dankeschön für das Kleid und Carys Smoking bekommen?«
»Ja, nett von dir. Aber du weißt – für solche Dinge erwarten wir keinen Dank. Entschuldige mich einen Moment.« Ich hörte ihn mit jemandem reden, wahrscheinlich mit seiner Sekretärin. »Eva, Liebes, ich möchte dich heute zum Mittagessen treffen. Ich schicke Clancy vorbei, um dich abzuholen.«
»Heute? Wir sehen uns doch morgen Abend. Kann es nicht bis dahin warten?«
»Nein, es muss heute sein.«
»Aber ich habe nur eine
Weitere Kostenlose Bücher