Cruel World
Wie konntest du das tun? Schäme dich! Ich wünschte, ich hätte dir niemals das Leben gerettet!
Mit Tränen in den Augen trat es ein paar Schritte zurück. Seine gequälte Miene beeindruckte mich jetzt aber nicht mehr. Das hatte es im Kerker getan, doch das war nun Vergangenheit.
Ich sollte dich verfluchen!
Nein!, rief er und fiel weinend auf die Knie, Verflucht mich bitte nicht, Hoheit! Ich flehe Euch an!
Gerade als ich es doch tun wollte, da geschah auf einmal etwas, womit ich gar nicht gerechnet hatte.
Er erstarrte und dann fiel sein Kopf ab.
Ich blinzelte benommen, weil mein Verstand das irgendwie nicht wahrhaben wollte. Es war so schnell geschehen!
Aus dem leblosen Körper, der nun nach vorne kippte, strömten Unmengen an Blut heraus, das sich in einer einzigen großen Lache auf dem Boden verteilte.
Es ist zu schade., drang mir Olivias Stimme auf einmal in die Ohren. Ich wusste nicht, seit wann sie sich in diesem Raum befand, aber selbst jetzt, wo ich mir sicher war, konnte ich sie nicht richtig wahrnehmen.
Mein Herz fühlte sich an, als ob es nicht mehr richtig schlagen würde. Ich rangte nach Luft und atmete laut. Es gab nichts Schlimmeres auf der Welt, als tote Kinder zu sehen. Der Tod war erschreckend und konnte so schnell eintreten, dass man ihn gar nicht erst bemerkte. Dieser kleine Vampir würde höchstwahrscheinlich in die Hölle zu Luzifer kommen. Mein Onkel würde seine Pflicht erfüllen und ihn verbrennen lassen. Da war ich mir sicher. Dabei hatte ich dieses Kind doch erst vor dem Feuer gerettet! Anscheinend jedoch war sein Schicksal.
Er... ist tot.
Nun, er war nicht wirklich auf unserer Seite., sagte Olivia gleichgültig, Es wundert mich, dass er nicht gewusst hat, dass ich als Engel ebenfalls die Gabe der Telepathie besitze. Er hatte Angst, und zwar vor mir. Nur deshalb wollte er meiner Bitte nachgehen. Solch jemanden braucht die Welt nicht.
Ihre Gefühllosigkeit ließ mein Entsetzen immer weiter steigen. Besaß sie denn überhaupt noch eine gute Seite in sich oder war ihr Herz aus Hass und Rache bereits zu Stein geworden? So langsam begann ich auf Zweiteres zu tippen.
Nur, weil jemand schwach ist, ist das kein Grund, ihn umzubringen!, schrie ich sie an, doch das schien sie nicht im Geringsten zu stören.
Es war doch bloß ein kleines Kind, Chalina.
Du bist ebenfalls ein Kind, schon vergessen?
Eigentlich bin ich eine uralte Frau. Grinsend beugte sie sich über mich. Ich stecke bloß im Körper eines Kindes fest.
Hasserfüllt starrte ich in ihre Rehaugen. Du bist ein wahres Monster, Olivia Elizabeth Samantha Grant.
Vielen Dank dafür, dass du es erwähnst, aber das weiß ich bereits. Sie verdrehte ihre Augen. Also, kommen wir zum Punkt. Ja, ich habe das Kind benutzt und jetzt ist er tot. Es kann uns von nun an egal sein.
Warum liebt Aaran dich so sehr?, dachte ich extra laut, um sie zu ärgern An dir ist nichts liebenswürdig. Du bist frech, unfair und willst allen, denen du etwas bedeutest, etwas Böses antun.
Sie verdienen es., knurrte sie und zog auf einmal eine kleine Phiole aus der Seitentasche ihres Gewandes, um mir gleich danach etwas Kaltes, das ganz wie Wasser aussah, auf meine Arme und Beine zu kippen.
Gerade, als ich meinen Mund öffnen wollte, um zu fragen, weshalb sie das machte, da knackte plötzlich etwas laut. Zuerst dachte ich, irgendetwas wäre zu Boden gefallen, doch als meine Sicht langsam zu verschwimmen begann und ich vorsichtig meinen pochenden Kopf hob, um nachzusehen, was das zu bedeuten hatte, da entstanden auf einmal mehrere Beulen unter meiner Haut. An ein paar Stellen war diese Beulen so spitz, dass sie blutig herausstachen und aus irgendeinem Grund, den ich mir nicht erklären konnte, bewegt wurden.
Es waren meine Knochen, die sich selbst brachen und mir dieses unangenehme Gefühl bereiteten. Wenige Sekunden, nachdem mir dieses erschreckende Ereignis aufgefallen war, spürte ich nur einen Druck überall an meinem Körper, der sich dann in solch einen unaushaltbaren Schmerz verwandelte, dass sich meine Augen, durch die ich eh nichts mehr sah, automatisch verdrehten und in ihnen ein paar Adern zu platzen begannen.
Ich spürte, wie sich der Druck in ihnen breit machte und kreischte umso laute auf. Mein Körper bog sich vor Schmerzen, während meine Knochen mich von innen umbringen wollten.
Der kleine Junge hatte recht gehabt. Ich würde solche Schmerzen erleiden, dass
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