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Cruzifixus

Cruzifixus

Titel: Cruzifixus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Peter Dinesh Bauer
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struktureller wie instrumenteller Gewalt sein. Wer mit harten Bandagen kämpfte, schaffte sich eben nicht nur Freunde.
                Den Grundstock für seinen Aufstieg zum Großgrundbesitzer hatte er gleich nach dem Krieg gelegt. Als Gegenleistung für seine Fluchthelferdienste hatte ihm der ehemalige Kreisleiter Ignaz Hofer, der „Hofer Nazi“, einige Filetstückchen der zur NS-Zeit per willkürlicher Verfügung enteigneten Grundstücksflächen überlassen. Der Hofer wusste, dass er gut daran tat sich mitsamt einem Geldköfferchen nach Südamerika abzusetzen, um sich nicht vor einem alliierten Militärtribunal für die von ihm angeordnete, standrechtliche Erschießung flüchtiger Kriegsgefangener in den Haller Höhlen verantworten zu müssen. „Nazi“ war zwar ein aufrechter Nationalsozialist der harten Sorte gewesen, hatte aber wenig Neigung verspürt, sich für deren Sache aufzuopfern. Hofer hatte mit seiner Hilfe alles für die Flucht arrangiert. Mit der ihm eigenen Überzeugungskraft hatte der „Nazi“ die Heimatsturmverbände angespornt bis zur letzten Patrone auszuharren und sich ein Beispiel an den Spartanern des Königs Leonidas zu nehmen. Er hatte die Truppe unter den Befehl eines Führergläubigen gestellt und war im Morgengrauen auf und davon. Zwei Tage später hatte er den „Hofer Nazi“ am Bahnhof in Wengwerfen abgeliefert und vor der Abfahrt des Güterzugs Richtung Italien noch ein dickes Geldbündel mit Dollarnoten abgeknöpft. Geld, das er später bei seinen Geschäften mit Major Brandon gut gebrauchen konnte!
     
    Paintinger genehmigte sich einen Schluck aus dem Flachmann. Der Birnbrand brannte wie Feuer in seiner Kehle. Schnaps besaß nicht nur desinfizierende Eigenschaften, sondern wärmte auch die Eingeweide. Er liebte die Jagd, liebte es Sommer wie Winter, bei Wind und Wetter durch die Wälder zu pirschen, dem Keiler, dem Hirschbullen Aug in Aug gegenüberzustehen. Augenblicke, in denen ihm warm ums Herz wurde, ihn eine freudige, erwartungsvolle Erregung ergriff. Ja, es gab Momente, da gelangte er zu tiefen Einsichten in das Wesen der Welt, da verstand er plötzlich die innere Kohärenz im Wirken und Weben der Natur. Deutlich vernahm er die Stimme des Bluts, schlagartig erkannte er wie alles zusammenhing, wie sich die losen DNA-Stränge zu einem einzigartigen genetischen Flechtwerk verschlangen. Es war wie Magie. Er wurde eins mit seinen Ahnen, war nur mehr das letzte Glied einer langen Kette von Waidmännern und Wilderern. Ein mystisches Band von elementarer Strahlkraft umschlang Jäger und Gejagte. Die Natur mochte grausam und unerbittlich sein, dennoch war da etwas Heiliges im Odem des Lebens. Etwas Unerklärliches, dass ihm den kleinsten, wie dem größten Geschöpf mit einem gewissen Respekt begegnen ließ! Aus tiefsten Herzen verachtete er jene blindwütigen Ballermänner, jene fühllosen Trophäenfetischisten und kaltherzigen Quotenkiller. Die Technokraten des Tötens waren unempfänglich für das Erhabene, Ätherische und Ästhetische, für die überwältigende Schönheit in den Gestalten der Natur. Jenen archaischen Jäger, der in jedem Menschen schlummerte, trieb nicht die Lust am Morden und Massakrieren. Das Töten „unschuldiger“, vom Instinkt geleiteter Tiere, stellte für ihn eine Art Zeremonie dar, die festen Regeln und Gebräuchen unterworfen war. Jede Kreatur war ein Geschöpf, wenn schon nicht Gottes, so doch eines transzendenten Geists – und somit ein Teil des organischen Ganzen. Jedenfalls beschränkte sich sein Daseinszweck nicht darauf – wie von Pankraz und seinen Pappenheimern angenommen - die Fleischtöpfe der Spezialitätenrestaurants zwischen Taging und Woging zu füllen. Ein Jäger, der diesen Namen verdiente, handelte aus einem tief empfunden Verantwortungsbewusstsein heraus, fühlte sich eingebunden in den ewigen Kreislauf des Lebens und Sterbens. Er übernahm die Rolle der vom Mensch verdrängten Fleischfresser, der Wölfe, Luchse und Bären. Jedes Ökosystem brauchte einen Regulator, der das natürliche Gleichgewicht aufrecht erhielt, der dafür Sorge trug, dass Schwarzkittel, Rehe und Rotwild nicht zur Landplage wurden. Paintinger ließ den hochprozentigen, selbst gebrannten Schnaps durch seine Gurgel gluckern. Ein unbestimmtes Glücksgefühl ließ ihn wie eine Hummel vor sich hin brummen:
                „Jupeidi und Jupeida, Schnaps ist gut für Cholera!“
                In Wechselwirkung mit dem wohlig, warmen

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