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Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Titel: Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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überhaupt keine Wimpern hatte und ihre Augen ständig rot und verklebt waren, empfindlich wie die eines Kaninchens. Im Winter tränten sie, wenn sie nach draußen ging. Was selten vorkam.
    »Es ist mein Job.«
    »Netter Job«, sagte sie, die Finger gefährlich nah an den Augen. Doch sie kratzte sich nur und legte die Hand wieder in den Schoß. »Ist es für die Eltern nicht schon schwer genug, ohne dass du alles aufschreibst und in die Welt rausposaunst? Wind Gap mordet seine Kinder! Sollen die Leute das von uns denken?«
    »Ein Mädchen wurde getötet, ein weiteres wird vermisst. Darüber muss berichtet werden.«
    »Camille, ich habe diese Kinder gekannt. Für mich ist das alles sehr schwer. Kleine Mädchen, einfach tot. Wer tut so etwas?«
    Ich nahm einen Schluck. Zuckerkörnchen hafteten an meiner Zunge. Ich war noch nicht bereit, mit meiner Mutter zu sprechen. Meine Haut summte.
    »Ich bleibe nicht lange, versprochen.«
    Alan rückte die Ärmel seines Pullovers zurecht, strich die Bügelfalte seiner Shorts glatt. Sein Beitrag zu unseren Gesprächen bestand gewöhnlich in solchen Gesten: Kragen in den Pulli stecken, Beine übereinanderschlagen.
    »Ich kann dieses Gerede einfach nicht mehr hören«, sagte meine Mutter. »Von Kindern, denen man wehgetan hat. Sag mir bitte nicht, was du machst und was du alles erfährst. Ich tue einfach so, als hättest du Urlaub.« Sie fuhr mit dem Finger das Flechtwerk von Alans Sessel nach.
    »Wie geht’s Amma?«, fragte ich, um das Thema zu wechseln.
    »Amma?« Meine Mutter wirkte verschreckt, als wäre ihr gerade eingefallen, dass sie ihr Kind irgendwo vergessen hatte.
    »Ihr geht es gut, sie schläft oben. Warum fragst du?«
    Die Schritte, die ich aus dem ersten Stock gehört hatte – vom Spielzimmer ins Nähzimmer und ans Flurfenster, von dem man den besten Blick auf die hintere Veranda hatte –, verrieten mir, dass Amma keineswegs schlief, aber ich nahm es ihr nicht übel, dass sie mir aus dem Weg ging.
    »Ich wollte nur höflich sein, Momma. Das soll es sogar im Norden geben.« Ich lächelte, damit sie meinen Scherz begriff, doch sie schaute unverwandt in ihr Glas. Blickte dann entschlossen hoch.
    »Bleib solange du möchtest, Camille, ich meine es ehrlich. Aber du musst nett zu deiner Schwester sein. Die beiden Mädchen waren ihre Klassenkameradinnen.«
    »Ich freue mich, Amma kennenzulernen«, murmelte ich. »Ich bedauere ihren Verlust.« Meine Mutter schien den bitteren Unterton nicht zu bemerken.
    »Du kannst dein altes Zimmer neben dem Wohnzimmer haben. Mit Badewanne. Ich besorge frisches Obst und Zahnpasta. Und Steaks. Du magst doch Steaks, oder?«
     
    Vier Stunden hauchdünnen Schlafs, als würde ich mit halb versunkenen Ohren in der Badewanne liegen. Ich schoss alle zwanzig Minuten im Bett hoch, und mein Herz hämmerte so sehr, dass ich mich fragte, ob mich sein Klopfen geweckt hatte. Ich träumte, dass ich für eine Reise packte und dann merkte, dass ich die falschen Sachen ausgewählt hatte, dicke Pullis für den Sommerurlaub. Ich träumte, ich hätte Curry vor meiner Abreise die falsche Story hinterlassen: Statt des Artikels über die armselige Tammy Davis und ihre vier eingesperrten Kinder war eine flache Story über Hautpflege erschienen.
    Ich träumte, dass meine Mutter Apfelscheiben auf dicke Fleischbrocken legte und mich langsam und liebevoll damit fütterte, weil ich im Sterben lag.
    Um kurz nach vier warf ich die Decke beiseite. Ich wusch Anns Namen von meinem Arm, schrieb aber, während ich mich anzog, die Haare bürstete und Farbe auf die Lippen tupfte, gedankenverloren »Natalie Keene« an dieselbe Stelle. Ich beschloss, es als Talisman stehen zu lassen. Draußen ging gerade erst die Sonne auf, aber der Türgriff meines Autos war schon heiß. Mein Gesicht war taub vor Müdigkeit, und ich riss Mund und Augen weit auf wie eine hysterische Tussi in einem schlechten Horrorfilm. Der Suchtrupp würde sich um sechs Uhr im Wald treffen; ich wollte einen Kommentar von Vickery, bevor der Tag anbrach. Kam auf die Idee, ihm vor der Polizeiwache aufzulauern.
    Auf den ersten Blick wirkte die Main Street verlassen, doch als ich aus dem Auto stieg, entdeckte ich ein Stück weiter zwei Menschen. Die Szene ergab keinen Sinn. Eine ältere Frau saß mitten auf dem Gehweg, die Beine von sich gestreckt, und starrte auf die Seitenwand eines Hauses, während ein Mann sich über sie beugte. Ihre Beine waren so weit gespreizt, dass es wehtun musste. War sie schlimm

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