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Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Titel: Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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was ich in dem Alter getan hatte. Zum ersten Mal wurde mir klar, wie obszön jung sie noch waren.
    »Wie alt waren wir denn, als wir damit angefangen haben? Vierzehn?« Katies Stimme wurde heiser. Sie blies den Rauch aus und sah zu, wie er blau über unseren Köpfen schwebte.
    »So grausam waren wir nicht.«
    »Aber verdammt nah dran, Camille.«
Du schon, ich nicht.
Wir schauten uns an, erinnerten uns an die Machtspielchen.
    »Egal, jedenfalls hat Amma die beiden Mädchen ganz schön fertiggemacht«, sagte Katie. »Nett, dass deine Mum sich so um sie gekümmert hat.«
    »Ich weiß, sie hat Ann Nachhilfe gegeben.«
    »Sie hat auch bei der Mütterhilfe mit ihnen gearbeitet, sie zu euch eingeladen, zum Mittagessen mitgenommen. Manchmal kam sie sogar in der Pause und beobachtete sie vom Zaun aus beim Spielen.«
    Ein Bild blitzte in mir auf. Meine Mutter mit hungrigem Blick, die Finger in den Drahtzaun gekrallt. Ganz in Weiß, weiß leuchtend, wie sie Natalie mit einem Arm festhält und den Finger an den Mund führt, um James Capisi zum Schweigen zu bringen.
    »Sind wir fertig?«, erkundigte sich Katie. »Ich bin es leid, darüber zu sprechen.« Sie schaltete den Rekorder aus. »Also, ich habe von dir und dem süßen Bullen gehört«, meinte sie lächelnd. Eine Haarsträhne hatte sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst. Mir fiel ein, wie sie sich mal ganz gelassen die Zehennägel lackiert und mich über einen Basketballspieler ausgefragt hatte, den sie eigentlich für sich haben wollte. Ich bemühte mich, ruhig zu bleiben.
    »Ach, das sind nur Gerüchte«, sagte ich. »Er ist Single, ich bin Single … so spannend ist mein Leben nun auch wieder nicht.«
    »Das sieht John Keene sicher anders.« Sie zupfte noch eine Zigarette aus dem Päckchen und inhalierte tief, während sie mich mit ihren porzellanblauen Augen ansah. Diesmal ernst. Ich wusste, es gab zwei Möglichkeiten. Entweder lieferte ich ihr ein paar Häppchen, um sie glücklich zu machen. Wenn die Story um halb elf bei Katie war, würde mittags ganz Wind Gap Bescheid wissen. Oder ich könnte alles abstreiten, ihren Zorn riskieren, ihre Unterstützung verlieren. Das Interview hatte ich bereits sicher, war auf ihre Hilfe nicht mehr angewiesen.
    »Auch nur Gerüchte. Die Leute sollten sich ein schöneres Hobby suchen.«
    »Ehrlich? Klang aber ganz nach dir. Hattest nie was gegen ein bisschen Spaß.«
    Ich stand auf, wollte nur hier raus. Katie folgte mir nach draußen und kaute von innen auf der Wange.
    »Danke, dass du dir Zeit genommen hast. War nett, dich zu sehen, Katie.«
    »Gleichfalls, Camille. Ich hoffe, du hast noch eine schöne Zeit hier.« Ich war schon draußen, als sie mich noch einmal zurückrief.
    »Camille?« Ich drehte mich um. Sie hatte den linken Fuß nach innen gedreht wie ein kleines Mädchen, das kannte ich noch aus der Highschool. »Ein freundschaftlicher Rat: Fahr nach Haus und wasch dich. Du stinkst.«
     
    Ich fuhr tatsächlich nach Hause. In meinem Gehirn drängten sich Bilder von meiner Mutter, wirr und bedrohlich.
Omen.
Wieder pochte das Wort auf meiner Haut. Blitzartige Bilder von Joya, dünn, mit wildem Haar und langen Nägeln, die meiner Mutter die Haut abschälten. Von meiner Mutter, ihren Pillen und Säften, wie sie an meinen Haaren herumsägt. Von Marian, nur mehr Knochen in einem Sarg, ein weißes Satinband in spröden blonden Locken, ein Blumenstrauß, der nicht mehr duftete. Meine Mutter hatte sich um die gewalttätigen Mädchen gekümmert, es jedenfalls versucht. Natalie und Ann hatten sich dagegen gewehrt. Adora hasste Mädchen, die nicht vor ihrer ganz besonderen Mütterlichkeit kapitulierten. Hatte sie Natalie die Nägel lackiert, bevor sie sie erdrosselte? Oder danach?
    Du bist wahnsinnig, so zu denken. Du bist wahnsinnig, wenn du nicht so denkst.

15 . Kapitel
    A uf der Veranda standen drei rosa Fahrräder mit weißen Körbchen und bunten Bändern am Lenker. Ich spähte in einen Korb und entdeckte einen überdimensionalen Lipgloss und einen Joint in einer Sandwichtüte.
    Ich schlüpfte durch eine Seitentür und schlich die Treppe hinauf. Die Mädchen kicherten und quiekten vor Vergnügen in Ammas Zimmer. Ich öffnete die Tür, ohne anzuklopfen. Unhöflich, klar, aber ich wollte nicht, dass sie schnell alles herrichteten und einen auf harmlos machten. Die drei Blondinen standen im Kreis um Amma, rasierte Storchenbeine ragten aus kurzen Shorts und Miniröcken. Amma fummelte an ihrem Puppenhaus herum, neben sich eine Tube

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