Cryer's Cross
Drinks für die Erwachsenen, während Hector den Minderjährigen Softdrinks serviert.
Kendall nimmt sich eine Cola und schlängelt sich durch die Menge. Viele Eltern sind hier, sogar die von Nico. Kendall hat ein schlechtes Gewissen, weil sie sie in letzter Zeit nicht besucht hat. Sie geht zu ihnen, um sie zu begrüßen. Sie sehen schrecklich aus.
»Hallo Mr und Mrs Cruz.«
»Hallo Kendall, Liebes«, antwortet Mrs Cruz. Sie umarmt sie lange. »Sind deine Eltern auch hier?«
»Nein, noch nicht. Sie mussten wohl erst noch etwas auf der Farm erledigen.« Unwillkürlich muss sie Mrs Cruz’ Augenringe betrachten. »Wie geht es Ihnen?«
Nicos Mutter zuckt mit den Schultern. In ihren Augen glitzert es. »Ich denke, das kannst du dir vorstellen.«
Kendall nickt, und einen Augenblick bleiben sie schweigend stehen und sehen sich verlegen um. Es gibt nichts zu sagen.
»Es ist schön, dass Sie gekommen sind.«
Mr Cruz nickt. Er sieht noch grauer aus als sonst.
»Wir mussten einfach mal raus. Es war nett, uns einzuladen.« Er sieht ins Leere. »Ich glaube, ich helfe Mr Obregon mit … er kann bestimmt Hilfe brauchen.«
»Und ich habe Carmelita versprochen, ihr beim Servieren zu helfen«, sagt Mrs Cruz. »Schön, dich zu sehen, Kendall.«
Kendall lächelt angespannt zurück. »Ja, freut mich auch.«
»Das war peinlich«, erklingt eine Stimme hinter ihr.
Sie dreht sich um und erblickt Eli Greenwood und seufzt erleichtert.
»Ja, allerdings. Es ist jetzt so merkwürdig. Ich weiß einfach nicht, was ich zu ihnen sagen soll.«
»Bei Tiffanys Eltern ist es dasselbe.«
»Oh nein. Sind sie auch hier?«
»Nein, sie haben gesagt, sie schaffen es nicht.«
»Es muss echt hart sein, zu so etwas zu kommen. Ich bin überrascht, dass die Cruz gekommen sind. Uns alle hier so zu sehen …«
Sie beobachten einen Moment lang die Menge, dann wandert Kendalls Blick in den Hof, wo Jacián am Feuer steht. Er wendet Tortillas in einer kleinen gusseisernen Pfanne.
»Und wie ist das Essen?«
»Ausgezeichnet. Du musst unbedingt etwas davon essen. Hier, ich helfe dir«, sagt er grinsend. »Dann kann ich mir dabei auch selbst gleich noch eine Portion holen.«
Sie beladen ihre Teller mit Essen und gehen hinaus auf die Terrasse, wo sie mehr Platz haben und es nicht so laut ist. Auch Hector ist draußen und sitzt mit Elis Großvater zusammen. Marlena und die Zehntklässlerinnen stehen ein paar Schritte weiter weg, essen und unterhalten sich. Ein paar von ihnen beobachten Jacián aufmerksam, und plötzlich verspürt Kendall einen lächerlichen Stich Eifersucht. Sie schiebt sich mit wütendem Blick einen weichen Taco in den Mund.
»Also, dein Bruder …«, versucht es eines der Mädchen bei Marlena. Die anderen kichern.
»Was ist mit ihm?«
»Er ist so nachdenklich und süß.«
»Er hat eine Freundin«, erklärt eine der anderen. »Also vergiss es.«
Marlena kaut heftig und wedelt mit der Hand vor dem Mund, als könne sie dadurch das Essen verschwinden lassen. Dann schluckt sie und sagt: »Nein. Er ist Single. Letzte Woche hat er mit seiner Freundin Schluss gemacht.«
Die Mädchen seufzen laut genug auf, dass Jacián zu ihnen hinübersieht. Als sie wieder zu kichern anfangen, wendet er sich stirnrunzelnd wieder ab.
Kendall klappt der Mund auf. Sie fragt sich, warum er das gestern nicht erwähnt hat, als ihr kleiner Reitausflug so unangenehm wurde, und weiß nicht, was sie davon halten soll.
Eli verdreht die Augen.
»Verdammt«, meint er, »der Junge macht es einem hier auch nicht leichter.«
Kendall legt dem Freund einen Arm um die Taille.
»Ach was, Süßer, keine Angst«, beruhigt sie ihn. »Sie werden irgendwann über ihn hinwegkommen und dann kannst du zuschlagen.«
Eli muss lachen.
»Ich habe hier genug zugeschlagen. Ich glaube, ich muss mich woanders umsehen. Hier sind zu viele Jungs und zu wenig Mädchen.« Er zuckt mit den Schultern. »Wohin gehst du aufs College? Weißt du das schon?«
Kendall seufzt.
»Nein, weiß ich nicht. Vielleicht bleibe ich einfach hier.«
»Sei nicht albern, Kendall.«
»Was? Warum?«
»Du bist echt clever und talentiert. Sieh zu, dass du von hier verschwindest.«
»Aber was ist, wenn …«
Eli sieht sie an.
»Wenn was? Wenn Nico zurückkommt und du nicht hier bist? Sieh mal … es fällt mir schwer, das zu sagen, weil ich weiß, dass es wehtut, aber das ist unwahrscheinlich. Die Chancen, dass wir ihn je wiedersehen … Nun, du kennst die Statistiken. Und selbst wenn er zurückkommt, dann
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