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Cryer's Cross

Cryer's Cross

Titel: Cryer's Cross Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baumhaus
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Jacián, dann geht sie in den Hof. Die kühle Abendluft fühlt sich gut an auf ihrer schwitzigen Haut. Sie geht am noch glühenden Feuer vorbei zum Pferdestall. Es riecht nach Herbst, und unter ihren Füßen rascheln Blätter. Sie genießt die dunkle Nacht und die hellen Sterne, die völlige Windstille.
    Der Pferdestall ist nachts abgeschlossen. Angesichts der seltsamen Dinge, die in Cryer’s Cross in letzter Zeit vorgefallen sind, scheint das logisch. Kendall lässt sich ins Gras sinken und lehnt sich an die Scheune, um in die Nacht zu starren und nachzudenken.
    Über alles. Nico. Das College. Jacián und wie sie sich in letzter Zeit in seiner Nähe fühlt. Und sofort kehren die Schuldgefühle zurück und hämmern auf sie ein.
    Und dazu kommt noch diese verrückte, übernatürliche Sache mit dem Tisch. Jetzt, wo sie allein ist, fragt sie sich wieder, ob daran nicht doch vielleicht irgendetwas Reales ist. Was, wenn es wirklich Nico ist? Wenn er in der Schule gefangen ist und irgendwo gefesselt liegt – in der Gewalt des alten Mr Greenwood? Und nachts darf er in der Schule herumstreifen und Kendall Nachrichten hinterlassen?
    Aber warum dann nicht auf Kendalls Tisch? Und wenn Nico das geschrieben hat, wie kommt es dann, dass es aussieht, als stünde es schon jahrelang da? Warum sollte er das wollen?
    Kendall glaubt die Antwort zu kennen. Sie ist sich verdammt sicher.
    Denn dieser Tisch ist besessen. Er sorgt dafür, dass Leute verschwinden.
    Und vielleicht sind auch die Leute besessen, die ihn berühren.
    Langsam dämmert es ihr. Es gibt keinen Kidnapper. Es gibt absolut keinen Grund für dieses lächerliche Partnersystem. Kendall könnte mitten in der Nacht splitterfasernackt durch Cryer’s Cross laufen, ohne dass jemand sie entführt.
    Es ist kein Jemand.
    Es ist ein Etwas.
    Sie schaudert heftig.
    »Fletcher, du bist irre«, weist sie sich selbst zurecht. »Hör auf damit!«
    Ein Zweig knackt, als hätte ihr Ausbruch jemanden aufgeschreckt. Kendall fährt herum und springt auf. Sie sieht mit klopfendem Herzen ins Dunkle. So dicht wie möglich drängt sie sich an die Stallwand, als könne ihre Größe und Stabilität ihr Kraft geben.
    Eine Gestalt taucht auf und bleibt abrupt stehen, als sie sie bemerkt.
    Kendall erstarrt.
    »Wer ist da?«
    »Ich bin es nur«, antwortet Jacián. Im Dunkeln kommt er auf sie zu. »Deine Eltern sind da und machen sich Sorgen, weil sie dich nicht finden können.«
    »Oh.«
    »Ich habe gesagt, ich wüsste, wo du bist und dass es dir gut geht.«
    »Oh«, macht sie noch einmal. Verwirrt. »Woher denn?«
    »Ich habe dich hinausgehen sehen.« Einen Moment bleibt er stehen. »Du solltest lieber wieder hineingehen und das beweisen, damit ich nicht schon wieder verhört werde. Zum dritten Mal.«
    Damit dreht er sich um und will zurückgehen.
    »Jacián«, hält Kendall ihn auf.
    »Was ist?«
    Sie läuft ihm nach, und als sie ihn eingeholt hat, weiß sie nicht, was sie eigentlich sagen will, nur, dass sie nicht will, dass er weggeht.
    »Du tanzt gut.«
    »Du auch.«
    Seine Stimme ist rau vom Rauch des Feuers.
    »Das hast du gesehen?«
    Sein Schweigen ist Bestätigung genug.
    Kendall schiebt die Hände in die Jeanstaschen. Sie friert ein wenig.
    »Wann hast du mit deiner Freundin Schluss gemacht?«
    Er schweigt einen Augenblick. »An dem Abend, an dem ich zu eurem Haus gegangen bin. Es war schon seit Monaten vorbei, schon als ich umgezogen bin. Wir haben nur sehr lange gebraucht, um es auszusprechen.«
    »Warum hast du mir das nicht gesagt?«
    Er steckt die Hand in die Tasche und sieht in den Himmel.
    »Ich hatte nicht das Gefühl, dass es für dich einen Unterschied machen würde.« Er dreht sich wieder um und geht zum Haus zurück, schneller diesmal.
    »Jacián«, ruft sie wieder und läuft ihm nach. »Warte!«
    »Was ist denn noch?«
    »Ich … es ist nur …« Sie nimmt seinen Arm und spürt, wie ihr Herz schlägt.
    Er bleibt stehen und dreht sich zu ihr um. »Willst du mich wieder schlagen?«
    »Ja.« Sie bekommt kaum Luft.
    Er steht einen Moment still, dann legt er seine Hand in ihren Nacken. Seine Finger fahren durch ihre Haare, und Kendall spürt seinen Atem auf ihrem Gesicht. Er presst seine Lippen auf ihre und zieht sie dicht an sich heran.
    Kendall kann nicht mehr denken. Sie greift nach seinem Hals, nach seinem Gesicht, vorsichtig, lässt die Hände auf seine Brust gleiten und krallt sie in sein T-Shirt. Sie kann nicht atmen, sie will es auch gar nicht. Sie will nur einfach alles

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