Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition)

Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition)

Titel: Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vitali Sertakov
Vom Netzwerk:
Doch während der bisherige Abschnitt relativ sauber gewesen war, hatten sich nun im Rohr vor ihm etliche Jahre alte Ablagerungen breitgemacht.
    Er packte ein Ventil. Etwas knackte – und er hielt die Hälfte des Eisenrads in der Hand. Aus dem verfaulten Filter ging ein feiner Rostregen auf ihn nieder. Hier roch es nicht mal vermodert. Entweder war das hier kein Abflussrohr oder das Wasser war durch Risse in den Boden gesickert.
    Nach weiteren fünfzig Schritt zeichnete er mit Kohle ein Kreuz an die gewölbte Wand des Rohrs. Jetzt musste er gekrümmt weiterlaufen, wollte er sich nicht den Kopf an alten Leitern und Armaturen stoßen. Inzwischen watete er wieder durch Schlamm. Weit vor sich hörte er ein gleichmäßiges Quietschen, als sei eine Pumpe in Betrieb. Dann schnupperte er endlich etwas, ganz fein nur, aber es war der Geruch, den er gesucht hatte. Noch vor vier Jahren, da hätte er ihn gar nicht wahrgenommen, da wäre er seiner Panik und einer schrecklichen Klaustrophobie ausgeliefert gewesen, hätte gemeint, überall scharfe Zähne und bekrallte Pfoten zu sehen …
    Langsam arbeitete er sich weiter vor, näherte sich dem rhythmischen Geräusch. Mit einem Mal schlich sich ein metallisches Klirren in die dumpfen Töne. Entweder mussten die Rohre neben einer Metrostrecke verlegt worden sein oder an der Oberfläche musste an einem der Gullys ein Motor laufen. Dann verbreiterte sich das Rohr. Artur schnupperte, blähte in der Dunkelheit die Nasenflügel, ganz wie ein Terrier, der einen Fuchs verfolgt, begriff aber trotzdem nicht, wo er sich befand. Aber gut, schließlich lud man nicht jeden Petersburger ein, diesen Ort einmal touristisch zu erkunden.
    Das Rohr bog gleichmäßig ab, war an der Knickstelle jedoch aufgerissen. Unmittelbar hinter dem Loch versperrte ihm ein Gitter den weiteren Weg. Außerdem hörte er das ununterbrochen surrende Lied Hunderter Mücken, obwohl ihm bisher weder Asseln noch andere Insekten, die die Feuchtigkeit lieben, begegnet waren.
    Er betrachtete das Loch genauer: Das gewaltige Stahlgerüst, das die Rohre und die Wannen trug, war unter dem eigenen Gewicht eingeknickt oder von Grundwasser unterspült worden. Jedenfalls war die geschweißte Anlage geplatzt und hatte die Leitungen mit sich in die Tiefe gezogen. Mit vorsichtigen Schritten arbeitete sich Artur zum Rand des Lochs vor. Ein immer stärkerer Geruch schlug ihm entgegen. Der Rohrboden schwankte leicht unter ihm. Bis zum Gitter dürften es zweieinhalb Meter sein. Er ließ sich auf die Knie nieder und tastete in dem aufgerissenen Rohr herum, wusste aber bereits, dass das Loch zu tief war und er würde springen müssen.
    Nachdem er erst eine, dann eine zweite Mücke erledigt hatte, überlegte er, ob er kehrtmachen und einen anderen Weg suchen sollte. Das kostet mich drei Stunden, dachte er. So lange kroch er jetzt nämlich schon hier unten rum … Ach was!, spornte er sich an. Wenn ich in dieser Scheißkanalisation verrecken soll, ist es auch egal in welchem Rohr.
    Er stieß sich ab und sprang.
    Obwohl seine Beine keinen Halt fanden und über dem Loch baumelten, hatte er das Gitter packen können. Eine Viertelstunde später hatte er sich blutige Finger geholt, waren seine Schultern und Knie taub vor Anstrengung, aber die Gitterstäbe hatten nachgegeben. Er stieß dann noch auf ein zweites, ja sogar auf ein drittes Gitter, aber die räumte er mit einem einzigen Schlag aus dem Weg. Dann endete das Rohr so abrupt, dass er auf dem feuchten Untergrund ausrutschte und ins Wasser einer Auffangwanne fiel. Aber zum Glück war es kein sehr tiefer Sturz. Allerdings stank das Wasser derart widerlich, dass Artur beinah gekotzt hätte. Zum ersten Mal seit Jahren hätte er außerdem gern Schuhe gehabt. Seine Füße versanken in einer eisigen aufgewühlten Grütze. In der noch dazu das Leben brodelte – und zwar das Leben in seinen nicht gerade angenehmen Erscheinungsformen. Zum Glück hatte er schon genug von Annas Wässerchen in sich hineingekippt, sodass er eine Infektion nicht zu fürchten brauchte.
    Inzwischen hatte er begriffen, dass dieser Teil der Kanalisation nicht an die zentralen Wasserwerke der Stadt angeschlossen war. Bestimmt bin ich im Abwassersystem einer der großen Fabriken, vermutete er. Nach wie vor konnte er die Hand nicht vor Augen sehen, aber sein geschärftes Wahrnehmungsvermögen ließ ihn nicht im Stich und verriet ihm, dass die Anlage sich mindestens über drei Stockwerke erstreckte und einige Tausend Quadratmeter

Weitere Kostenlose Bücher