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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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John und Tom an irgendeiner lebensbedrohenden Krankheit wie etwa einer Allergie auf gängige Antibiotika leiden. Ein Sanitäter, der sie aus einem verunglückten Auto zöge, würde das Armband sehen und die Anweisungen darauf befolgen. Doch dies ist Silicon Valley und hier gelten andere Regeln. Die Armbänder tragen auf einer Seite die Aufschrift:
    IM FALLE DES TODES BIOSTASIS-PROTOKOLL
AUF DER RÜCKSEITE BEACHTEN
ANWEISUNGEN BEFOLGEN
BELOHNUNG ÜBER 100 000 $ AUSZAHLEN LASSEN
und auf der anderen:
    FORDERN SIE JETZT INSTRUKTIONEN AN UNTER
1-800-NNN-NNNN
VERABREICHEN SIE 50 000 EINHEITEN HEPARIN IV
UND MACHEN SIE EINE KPR, WÄHREND SIE MIT EIS
AUF 10°C HERUNTERKÜHLEN. HALTEN SIE PH 7,5.
KEINE AUTOPSIE; KEINE EINBALSAMIERUNG.
    Es handelt sich um ein Rezept zum Einfrieren eines toten oder so gut wie toten Menschen. Leute, die dieses Armband tragen, glauben, dass, wenn dieses Rezept befolgt wird, das Gehirn und andere empfindliche Gewebe tiefgefroren werden können, ohne dass man sie dabei zerstört. Wenn dann in ein paar Jahrzehnten die Nanotechnologie Unsterblichkeit ermöglicht, hoffen sie, wieder aus dem Eis geholt zu werden. John Cantrell und Tom Howard hegen die, wie sie finden, berechtigte Hoffnung, dass sie noch in einer Million Jahren Gespräche miteinander führen werden.
    Im Raum wird es still, als alle Männer die Formulare überfliegen und dabei an bestimmten vertrauten Klauseln hängen bleiben. Zusammen haben sie vermutlich an die hundert VV-Formulare unterschrieben. In diesem Umfeld ist es dasselbe, als würde man jemandem eine Tasse Kaffee anbieten.
    Eine Frau betritt mit Einkaufstaschen beladen den Raum und strahlt wegen ihrer Verspätung reumütig in die Runde. Beryl Hagen sieht aus wie eine Figur von Norman Rockwell, eine Tante mit Schürze vor dem Bauch und Apfelkuchen im Arm. Im Laufe von zwanzig Jahren war sie Finanzchefin von zwölf verschiedenen kleinen HightechFirmen. Zehn davon existieren nicht mehr. Außer bei der zweiten trifft Beryl jedoch keinerlei Schuld daran. Die sechste war Randys zweiter Vorstoß in die Geschäftswelt. Eine wurde von Microsoft geschluckt, eine andere wurde selbst eine erfolgreiche, unabhängige Firma. Die letzten beiden brachten Beryl so viel Geld ein, dass sie in den Ruhestand treten konnte. Sie übt eine Beratertätigkeit aus und schreibt, während sie nach etwas Ausschau hält, das interessant genug wäre, sie wieder ins Geschäftsleben zurückzuholen, und ihre Anwesenheit in diesem Raum legt die Vermutung nahe, dass Epiphyte(2) Corp. nicht völlig daneben sein kann. Oder sie ist einfach höflich gegenüber Avi. In einer stürmischen Umarmung hebt Randy sie vom Boden hoch und reicht ihr dann zwei Exemplare der VV mit ihrem Namen drauf.
    Avi hat den Bildschirm von seinem großen Laptop abgenommen und flach auf die Oberfläche des Overheadprojektors gelegt, der Licht durch das LCD schickt und ein farbiges Bild an die weiße Tafel wirft. Es ist ein typisches Desktop: mehrere Bildschirmfenster und ein paar Symbole. Avi geht herum und sammelt die unterschriebenen VV-Formulare ein, überfliegt sie kurz, gibt jedem ein Exemplar zurück und steckt die übrigen ins Außenfach einer Laptoptasche. Er fängt an, auf der Laptoptastatur zu tippen, und schon breiten sich in einem der Fenster Buchstaben aus. »Nur damit ihr Bescheid wisst«, murmelt Avi, »Epiphyte Corp., die ich um der Klarheit willen Epiphyte(1) nennen werde, ist eine anderthalb Jahre alte Firma mit Sitz in Delaware. Anteilseigner sind ich selbst, Randy und Springboard Capital.Wir sind im Telekommunikationsgeschäft auf den Philippinen. Einzelheiten darüber kann ich euch, wenn ihr möchtet, später geben. Unsere Arbeit dort hat uns ein Gespür für neue Möglichkeiten in diesem Teil der Welt vermittelt. Epiphyte(2) ist eine drei Wochen alte Firma mit Sitz in Kalifornien. Wenn die Dinge so laufen, wie wir es uns erhoffen, wird Epiphyte (1) nach einem bestimmten Aktientransferplan, über dessen langweilige Details ich hier nicht sprechen möchte, in ihr aufgehen.«
    Avi drückt die Returntaste. Auf dem Desktop öffnet sich ein neues Fenster. Es ist eine aus einem Atlas eingescannte, hohe, schmale Farblandkarte. Der größte Teil ist Meeresblau. Von der Oberkante her ragt eine zackige Küstenlinie mit ein paar Städten, darunter Nagasaki und Tokio, herein. Schanghai liegt in der linken oberen Ecke. Der philippinische Archipel ist genau die Mitte. Taiwan liegt unmittelbar nördlich davon und im Süden bildet eine

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