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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Prämie bekommen, wenn sie in Toms System einen Fehler finden. Einer nach dem anderen stehen diese Männer auf, um ihren Schuss abzugeben.
    In zehn Jahren werden Witwen und Zeitungsjungen ihre Geldangelegenheiten im Cyberspace regeln.
    Grandios ist nicht das Wort, das man normalerweise benutzen würde, um Tom Howard zu beschreiben; er ist stämmig und bärbeißig, ohne jegliche gesellschaftliche Umgangsformen, wofür er sich keineswegs entschuldigt. Die meiste Zeit sitzt er mit einem Ausdruck sphinxhafter Langeweile im Gesicht schweigend da, was einen leicht vergessen lässt, wie gut er ist.
    Doch während dieser einen halben Stunde in Tom Howards Leben ist es von entscheidender Bedeutung, dass er grandios ist. Er wird hier mit den Sieben Samurai – den hochkarätigsten promovierten Nerds und den schrecklichsten Sicherheitsfritzen, die Asien aufbieten kann – die Klingen kreuzen. Einer nach dem anderen nähern sie sich ihm und er schlägt ihnen die Köpfe ab, die er wie Kanonenkugeln auf dem Tisch stapelt. Zuweilen muss er kurz innehalten und eine Minute nachdenken, bevor er zum tödlichen Hieb ansetzt. Einmal muss er Eberhard Föhr bitten, auf seinem Laptop ein paar Berechnungen durchzuführen. Hin und wieder muss er auf John Cantrells Sachkenntnis in der Kryptographie zurückgreifen oder Randy mit einem fragenden Blick um ein Nicken oder Kopfschütteln bitten. Doch am Ende bringt er die Zwischenrufer zum Schweigen. Beryl trägt während der ganzen Geschichte ein nicht sehr überzeugendes Lächeln auf den Lippen. Avi krallt sich nur an seinen Armlehnen fest, wobei die Farbe seiner Knöchel von blau über weiß zu pink und erst während der letzten fünf Minuten, als klar ist, dass die Samurai den ungeordneten Rückzug antreten, wieder zu einem normalen gesunden Glanz wechselt. Randy würde am liebsten mit einem sechsschüssigen Revolver die Decke löchern und aus Leibeskräften »Juhuuuu!« schreien.
    Stattdessen hört er zu, nur für den Fall, dass sich Tom auf dem unwegsamen Pfad durch das Mysterium des plesiosynchronen Protokolls im Dornengestrüpp verheddert, aus dem nur Randy ihn herausziehen kann. Das gibt ihm noch etwas Zeit, die Gesichter der anderen Leute im Raum zu studieren. Aber das Treffen dauert nun schon einige Stunden und sie sind ihm alle so vertraut wie Geschwister.
    Tom wischt sein Schwert am Hosenbein ab und lässt seinen dicken Hintern geräuschvoll in den Ledersessel plumpsen. Diener huschen herein und bringen Tee, Kaffee und kleine Leckereien. Dr. Pragasu steht auf und stellt John Cantrell vor.
    Mannomann! Bis jetzt dreht sich die gesamte Tagesordnung nur um Epiphyte Corp. Was soll das werden?
    Dr. Pragasu, der eine freundschaftliche Beziehung zu diesen kalifornischen Hackern entwickelt hat, verkuppelt sie mit seinen Kontakten aus dem Bigbusiness. Das soll das werden.
    Aus geschäftlicher Sicht ist das sehr interessant. Aber Randy findet ihn ein bisschen seltsam und bedrohlich, diesen Informationsfluss in eine Richtung. Wenn sie nach Hause gehen, wird diese Ansammlung zwielichtiger Gestalten alles über die Epiphyte Corp. wissen, aber Epiphyte wird nach wie vor im Dunkeln tappen. Und genau so wollen sie es zweifellos haben.
    Zufällig schaut Randy zu dem Dentisten hinüber. Dr. Hubert Kepler sitzt auf derselben Seite des Tisches wie er, sodass es für Randy schwierig ist, seinen Gesichtsausdruck zu erkennen. Jedenfalls ist klar, dass er nicht John Cantrell zuhört. Er hat eine Hand auf den Mund gelegt und starrt ins Leere. Seine Walküren schieben sich wie freche Cheerleader hektisch gegenseitig Nachrichten zu.
    Kepler ist genauso überrascht wie Randy. Er wirkt nicht wie jemand, der Überraschungen besonders schätzt.
    Was kann Randy hier und jetzt zur Steigerung des Shareholder Value tun? Intrigen sind nicht seine Stärke; das überlässt er lieber Avi. Stattdessen klinkt er sich innerlich aus dem Meeting aus, klappt seinen Laptop auf und fängt an zu hacken.
    Hacken ist allerdings ein viel zu glanzvoller Begriff dafür. Bei der Epiphyte Corp. hat jeder einen Laptop mit einer winzigen eingebauten Videokamera, so dass sie Fernkonferenzen mit Bild- und Tonübertragung durchführen können. Darauf hat Avi bestanden. Die Kamera ist nahezu unsichtbar: nur eine Öffnung von wenigen Millimetern im Durchmesser, die oben in die Mitte des Bildschirmrahmens eingelassen ist. Sie hat keine Linse als solche – es ist eine Kamera im ältesten Sinn. In einer Wand ist das Loch und in der anderen eine

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