Der fummelt ein paar Augenblicke lang an den Reglern eines Funkgeräts herum, legt die verschlüsselte Nachricht vor sich hin und holt tief Atem, als bereite er sich auf ein Solo vor. Schließlich streckt er eine Hand aus, legt sie leicht auf die Taste und beginnt die Nachricht zu klopfen, wobei er sich hin und her wiegt und den Kopf hierhin und dahin neigt. Miss Lord lauscht mit geschlossenen Augen und höchster Konzentration.
Mr. Shales hört auf. »Fertig«, verkündet er mit leiser Stimme und einem nervösen Blick auf Miss Lord, die lächelt. Dann durchrauscht höflicher Applaus die Bibliothek, als hätten die Anwesenden soeben ein Cembalo-Konzert gehört. Lawrence Pritchard Waterhouse behält die gefalteten Hände im Schoß. Er hat gerade das Todesurteil für Enoch Root und Bobby Shaftoe vernommen.
HEAP
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[email protected] Betreff: Re (8) Warum?
Lassen Sie mich zusammenfassen, was ich bis jetzt weiß: Sie sagen, die Frage nach dem »Warum?« zu stellen trage zu Ihrem Lebensunterhalt bei; Sie sind kein Akademiker; und Sie sind im Überwachungsgeschäft. Darauf kann ich mir beim besten Willen keinen Reim machen.
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[email protected] Betreff: Re (9) Warum?
Randy, ich habe nie behauptet, selbst im Überwachungsgeschäft zu sein. Aber ich kenne Leute, die drin sind. Früher öffentlicher, jetzt privater Sektor. Wir halten Kontakt. Nachrichtendienst und so. Mittlerweile beschränkt sich mein Engagement darauf, als eine Art Hobby mit neuen Kryptosystemen herumzuspielen.
Um nun aber wieder auf das zurückzukommen, was ich als roten Faden unseres Dialogs bezeichnen würde: Sie haben vermutet, ich sei Akademiker. War das ehrlich gemeint oder nur der Versuch, mir ein »Erwischt!« aufzustempeln?
Der Grund für meine Frage ist, dass ich in Wirklichkeit zum geistlichen Stand gehöre; deshalb betrachte ich es natürlich als meinen Job, »Warum?« zu fragen. Ich hatte gedacht, das sei ziemlich offensichtlich für Sie. Allerdings hätte ich bedenken sollen, dass Sie kein kirchlich gesinnter Mensch sind. Das war mein Fehler.
Heute ist es üblich, Kleriker nur mit der Durchführung von Beerdigungen und Trauungen in Verbindung zu bringen. Sogar Leute, die routinemäßig in die Kirche (oder Synagoge oder was immer) gehen, schlafen die Predigten über. Das liegt daran, dass die Kunst der schönen und wirkungsvollen Rede nicht mehr gefragt ist und die Predigten aus diesem Grund oft nicht sehr interessant sind.
Es gab jedoch Zeiten, da existierten akademische Orte wie Oxford und Cambridge eigentlich nur, um Geistliche auszubilden, deren Job nicht bloß in der Durchführung von Beerdigungen und Trauungen bestand, sondern auch darin, mehrmals in der Woche einer großen Anzahl von Menschen Denkanstöße zu geben. Sie waren gewissermaßen die Ladengeschäfte des Philosophentums. Ich denke, das ist immer noch die höchste Berufung des Priesters – zumindest aber der interessanteste Teil seines Berufs -; daher kann ich nicht umhin zu bemerken, dass meine Frage an Sie noch immer nicht beantwortet ist.
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»Was ist das Schlimmste, was je passiert ist, Randy?«
Wenn man mit Avi zusammen ist, fällt die Beantwortung dieser Frage nie schwer. »Der Holocaust«, erwidert Randy pflichtgemäß.
Selbst wenn er Avi nicht kennen würde, lieferte die Umgebung ihm einen Hinweis. Die übrigen Angehörigen der Epiphyte Corp. sind ins Foote Mansion zurückgegangen, um sich auf den Waffengang gegen den Dentisten vorzubereiten. Randy und Avi sitzen auf einer Bank aus schwarzem Obsidian, die in Kinakuta-Stadt auf ein Massengrab mit Tausenden von Japanern gepflanzt wurde, und schauen zu, wie die Reisebusse an- und abfahren.
Avi zieht einen kleinen GPS-Empfänger aus seinem Aktenkoffer, schaltet ihn ein und stellt ihn auf einen Findling vor ihnen, wo er den freien Himmel über sich hat. »Genau! Und was ist das höchste und wertvollste Ziel, dem wir die uns zugeteilte Lebenszeit widmen können?«
»Äh... den Shareholder Value zu erhöhen?«
»Sehr witzig.« Avi ist sauer. Er kehrt sein Innerstes nach außen, und das tut er selten. Außerdem ist er gerade dabei, die Stätte einer anderen Massenvernichtung zu katalogisieren und seinem Archiv hinzuzufügen. Es ist klar, dass er sich dazu ein bisschen mehr feierlichen Ernst gewünscht hätte. »Vor ein