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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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meldet sich über die Sprechanlage und sagt etwas in verschiedenen Sprachen. Bei jedem Übergang zu einer anderen Sprache durchläuft so etwas wie ein Schauer der Verwirrung den gesamten Passagierraum: Zuerst fragen sämtliche Englisch sprechenden Fluggäste einander, was die englische Fassung der Ankündigung wohl bedeuten sollte, und gerade als sie es aufgeben, geht die kantonesische Version zu Ende und die Chinesisch sprechenden Passagiere fragen einander, ob jemand etwas verstanden hat. Auf die malayische Fassung erfolgt gar keine Reaktion, da im Grunde niemand diese Sprache spricht, abgesehen vielleicht von Randy, wenn er einen Kaffee bestellt. Vermutlich hat die Ansage etwas damit zu tun, dass das Flugzeug zum Landen ansetzt. Unter ihnen im Dunkel breitet sich Manila aus, dessen Beleuchtung in großen Teilen immer wieder flackernd erlischt, da verschiedene Abschnitte des Stromnetzes mit ihren jeweiligen Herausforderungen in Bezug auf Erhaltung und Überlast zu kämpfen haben. Im Geist sitzt Randy bereits vor seinem Fernseher und lässt sich eine Schüssel Cap’n Crunch schmecken. Vielleicht kann er sogar irgendwo am NAIA eine Packung eiskalte Milch erstehen, sodass er auf dem Heimweg nicht einmal mehr an einem 24 Jam Halt machen muss.
    Die Stewardessen der Malaysian Air bedenken ihn beim Aussteigen sämtlich mit einem breiten Lächeln; wie alle viel herumkommenden, im Ausland lebenden Technokraten wissen, finden die Leute, die im Dienstleistungsgewerbe arbeiten, es hinreißend – oder tun jedenfalls so – wenn man versucht, eine andere – beliebige – Sprache außer Englisch zu sprechen, und behalten einen deswegen im Gedächtnis. Bald ist er im zwar irgendwie, aber nicht richtig klimatisierten Flughafengebäude des guten alten NAIA. Neben seinem Gepäckkarussell hat sich eine Gruppe von Mädchen in identischen Windjacken zusammengefunden, die unter einem Schild mit der Aufschrift TOD DEN DROGENHÄNDLERN wie aufgeregte Hühner schnattern. Es dauert lange, bis das Gepäck kommt – Randy hätte gar keins abfertigen lassen, wenn sich auf seiner Reise nicht eine Menge Bücher und ein paar andere Souvenirs angesammelt hätten – von denen er einige aus den Ruinen seines Hauses gerettet und andere aus dem Schrankkoffer seines Großvaters geerbt hat. Und in Kinakuta hat er eine neue Tauchausrüstung erstanden, die er sehr bald in Gebrauch zu nehmen hofft. Schließlich musste er eine Art großen Seesack auf Rollen kaufen, um das alles zu transportieren. Randy macht es Spaß, die Mädchen zu beobachten, anscheinend irgendeine High School- oder College-Hockeymannschaft auf Reisen. Für sie ist sogar das Warten auf das Anspringen des Gepäckkarussells ein Mordsabenteuer, das sie vor Spannung und Erregung schaudern lässt, etwa wenn das Karussell für ein paar Augenblicke ächzend in Gang kommt, um dann wieder stehen zu bleiben. Doch schließlich springt es richtig an und heraus kommen eine ganze Reihe identischer, farblich auf die Trainingsanzüge der Mädchen abgestimmter Sporttaschen und mittendrin Randys großer Seesack. Er hievt ihn vom Karussell herunter und überprüft die kleinen Zahlenkombinationsschlösser: eins am Reißverschluss für die große Tasche und eins an einer kleineren Tasche am Ende des Seesacks. Obendrauf gibt es noch eine kleine Tasche, die keine für Randy nachvollziehbare Funktion hat; die hat er nicht benutzt und folglich auch nicht verschlossen.
    Er zieht den Teleskopgriff des Seesacks aus, stellt ihn auf dessen eingebaute Rollen und strebt der Zollabfertigung zu. Auf dem Weg dorthin gerät er mitten in die Gruppe der Hockeyspielerinnen, die das äußerst prickelnd und komisch finden, während es für ihn eher peinlich ist, bis ihre Ausgelassenheit ihnen selbst allmählich komisch vorkommt. Nur wenige Zollabfertigungsschalter sind geöffnet, und eine Art Verkehrsregler winkt die Leute hierhin und dorthin; er bugsiert die Mädchen in die grüne Spur und dann Randy, wie könnte es anders sein, in eine rote.
    Jenseits des Schalters kann Randy den Bereich sehen, in dem Leute auf ankommende Flugreisende warten. Dort steht eine Frau in einem schönen Kleid. Es ist Amy. Randy bleibt abrupt stehen, um sie besser betrachten zu können. Sie sieht fantastisch aus. Er fragt sich, ob es wohl völlig vermessen ist, zu denken, Amy habe nur deswegen ein Kleid angezogen, weil sie wusste, dass Randy sie gerne darin betrachten würde. Vermessen oder nicht, genau das denkt er, und er ist einem

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