CSI: Miami - Der Preis der Freiheit
mussten nun mit Staken vorwärts bewegt werden. Der C.S.I.-Chef saß vorn mit einem GPS-Gerät in der Hand, während Wolfe und Delko die körperliche Arbeit übernahmen. Das Sondereinsatzkommando hatte sich auf die beiden anderen Boote verteilt: sechs stämmige Kerle mit kurzärmligen Shirts, kugelsicheren Westen und dunkelblauen Schirmmützen. Es gab allerdings nicht viel Sonne, vor der sie ihre Augen hätten schützen müssen. Die schwarzen Wolken am Himmel kündigten einen gewaltigen Regenschauer an, und der würde nicht mehr lang auf sich warten lassen. Es war extrem schwül, wie vor jedem großen Gewitter, und die körperliche Anstrengung in der feuchten Luft forderte ihren Tribut: alle waren klatschnass geschwitzt.
»Ob die uns schon gehört haben?«, fragte Wolfe leise. »Auf dem Wasser sind Geräusche auch aus weiter Ferne zu hören.«
»Aber Propellerboote sind hier draußen ganz normal«, raunte Delko ihm zu. »Solange sie keins in ihrer Nähe entdecken, werden sie sich nichts dabei denken.«
Ringsum wogten die gelblichen Sumpfpflanzen im Wind. Ein paar Störche zogen vorbei, so langsam als bewegten sie sich in Zeitlupe. Im Grunde erweckte alles in den Everglades den Eindruck von Langsamkeit. Das aus dem Lake Okeechobee überlaufende Wasser bahnte sich gemächlich einen Weg durch das riesige Sumpfgebiet bis zur Florida Bay. Das Wasser war an manchen Stellen nicht einmal einen halben Meter tief, und während es sich im Schneckentempo vorwärts bewegte, bot es unzähligen Lebensformen Schutz und Nahrung. Der Sumpf erschuf auf seine ruhige Art Leben, während ein Hurrikan es mit seiner unbändigen Kraft zerstören konnte.
Ist Sinhurma aus diesem Grund hergekommen?, überlegte Horatio. Sieht er in dieser Gegend vielleicht den Hort des Lebens?
Er fragte sich, was sie am Ende ihrer Reise wohl finden würden. Er glaubte nicht so recht daran, dass die Sekte sich zurückgezogen hatte, um Selbstmord zu begehen. Sinhurmas Ego war so groß, dass dafür nur das Rampenlicht infrage gekommen wäre. Allerdings ließen sie ihm durch ihre Verfolgung bereits die gewünschte Aufmerksamkeit zukommen.
Aber das gehört nun mal zu unserer Arbeit, dachte Horatio. Wir bringen Licht ins Dunkel, ganz egal, was wir dort zu sehen bekommen. Wir können keinen Rückzieher machen, nur weil wir vielleicht etwas Schlimmes auslösen.
Der Sea of Grass war von unzähligen Mangroven durchzogen, die Vögeln und Ananasgewächsen eine Heimat boten. Ein Alligator schwamm vorbei und taxierte die Boote mit kaltem Blick, bevor er geräuschlos abtauchte.
Der Garten Eden, dachte Horatio. Und wer ist für Sinhurma die Schlange? Ich etwa? Hat er mir diese Rolle in seinem verworrenen Drehbuch zugedacht?
Er wusste es nicht. Und er wusste ebenso wenig, wie Sinhurma Jason dazu gebracht hatte, sich der Sekte anzuschließen, nachdem er Ruth Carrell hatte umbringen lassen.
Aber vielleicht war das für jemanden, der mit Medikamenten voll gepumpt war, gar nicht so offensichtlich. Und laut Murayaki gehörte jemand, der den Verlust einer ihm nahe stehenden Person zu beklagen hatte, zum Kreis potenzieller neuer Mitglieder.
Sinhurma füllte möglicherweise die innere Leere, die Jason seit Ruths Tod verspürte. Er bot ihm Halt und Trost in einer Welt, die plötzlich aus den Fugen geraten war … und überzeugte Jason schließlich davon, dass die Sekte nichts mit dem Mord zu tun hatte.
Aber irgendjemand ist schuld, dachte Horatio. Ruth ist nicht einfach tot umgefallen, sondern mit einem Pfeil getötet worden. Jason muss wissen, dass sie ermordet wurde – wer ist also in seinen Augen der Täter?
Derjenige, den Sinhurma für schuldig erklärt.
Derjenige, den er als Schlange brandmarkt.
Von Zeit zu Zeit hielt Calleigh inne und sagte zu sich selbst: »Wow, ich bin in einem Science-Fiction-Film!« Obwohl sie tagtäglich mit Hightech-Geräten zu tun hatte, kamen ihr manche Verfahren noch immer ein wenig surreal vor.
Wie zum Beispiel die Neutronenaktivierungsanalyse, kurz NAA genannt. Dabei schoss man mit radioaktiver Strahlung auf die zu untersuchende Substanz und konnte anhand der Messungen von Gammastrahlen die verschiedenen Bestandteile identifizieren.
Es begann damit, dass Calleigh jede ihrer Federproben in ein Fläschchen steckte, das eine fünfundzwanzigprozentige nichtionische Reinigungslösung enthielt, und es kräftig schüttelte. Danach nahm sie die Proben vorsichtig mit einer Plastikpinzette heraus und spülte sie mehrmals mit destilliertem Wasser
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