Cthulhu-Geistergeschichten
die sonderbaren Figuren, die darauf waren, einen einzigartigen Totentanz aufführen ließ. Dieses grausige Schütteln verschwand fast sofort, und mit ihm das Geräusch. Ich sprang aus dem Bett und stocherte mit dem langen Stiel einer Wärmepfanne, die in der Nähe lag, in den Wandbehang und hob ein Stück davon hoch, um zu sehen, was darunterlag. Da war nichts als die reparierte Steinmauer, und sogar der Kater hatte das intensive Gefühl abnormaler Gegenwärtigkeiten verloren. Als ich die im Zimmer aufgerichtete runde Falle überprüfte, fand ich alle Öffnungen zugeschnappt, obgleich keine Spur darauf hinwies, was in sie hineingegangen und wieder entwischt war.
Weiterschlafen war ausgeschlossen. Ich zündete deshalb eine Kerze an, öffnete die Tür und ging hinaus auf die Galerie und der alten Steintreppe zu, die zu meinem Arbeitszimmer führte, Nigger-Man auf den Fersen. Bevor wir aber noch die Treppe erreichten, schoß der Kater vor und hastete die Stufen hinunter. Als ich dann selbst folgte, gewahrte ich plötzlich ein Rumoren im großen Zimmer unten - Geräusche, deren Natur nicht mißzuverstehen waren.
Die eichengetäfelten Wände waren vor Ratten schier lebendig geworden, sie rappelten und huschten wie toll, während Nigger-Man wütend wie ein gefoppter Jäger hin und her raste. Unten angelangt machte ich Licht, was diesmal das Geräusch jedoch nicht zum Stillstand brachte. Die Ratten setzten ihren Tumult fort, ja sie tobten und quiekten so laut, daß ich schließlich sogar die Richtung ihres Zuges feststellen konnte. Diese Biester bewegten sich in einer nicht enden wollenden Wanderung von oben nach unten in irgendeine faßliche oder unfaßliche Tiefe der Erde.
Nun vernahm ich im Korridor Schritte und im nächsten Moment stießen zwei Bediente die massive Tür auf. Sie waren eben dabei, das Haus nach einer unbekannten Ursache dieser Unruhe, die alle Katzen in eine knurrende Panik versetzt und sie angetrieben hatte, kopfüber die Treppen hinunterzustürzen und laut miauend vor der verschlossenen Tür des Kellergewölbes zu hocken. Ich fragte sie, ob sie die Ratten gehört hätten, aber sie verneinten. Und als ich ihre Aufmerksamkeit auf die Geräusche hinter der Wandtäfelung richten wollte, bemerkte ich zu meinem Erstaunen, daß sie aufgehört hatten.
Mit den zwei Männern ging ich dann zur Tür des Kellergewölbes, fand aber die Katzen bereits zerstreut. Ich beschloß die Krypta später zu durchsuchen, für den Augenblick jedoch wollte ich die aufgerichteten Fallen kontrollieren; alle waren zugeschnappt, aber leer. Ich gab mich damit zufrieden, daß niemand die Ratten gehört hatte außer mir und den Katzen. Darauf begab ich mich in mein Arbeitszimmer, überdachte alles gründlich und schürfte in den alten, von mir genauestens zu Papier gebrachten Sagen, die sich um dieses Gebäude rankten, nach. Ich legte mich Vormittags ein wenig schlafen, bequem zurückgelehnt in meinem Lesestuhl, den mein mittelalterlicher Möblierungsplan nicht zu verbannen vermocht hatte. Später rief ich Captain Norrys an, der mir bei der Untersuchung des Kellers half.
Wir entdeckten absolut nichts, obwohl wir einen Schauer nicht unterdrücken konnten, als wir bemerkten, daß dieses Gewölbe noch von römischen Händen erbaut worden war. Jeder flache Bogen, jeder massive Pfeiler war römisch - nicht etwa das herabgekommene Romanisch der pfuscherhaften Angelsachsen, nein, es war dies der strenge, harmonische Klassizismus der Kaiserzeit. Und in der Tat, die Wände waren über und über mit Inschriften bedeckt, den Archeologen, die diesen Ort wiederholt in Augenschein genommen hatten, bereits bekannt. Sachen wie zum Beispiel: »P.
GETAE. PROP ... TEMP ... DONA ...« und »L. PRAEC ... VS ... PONTIFI... ATYS
...«
Die Erwähnung von Atys ließ mir eine Gänsehaut über den Rücken gleiten, denn ich hatte Catull gelesen und wußte so einiges über die abscheulichen Riten zu Ehren dieses östlichen Gottes, dessen Verehrung so eng mit dem Kybelenkult verknüpft war. Im Schein unserer Laternen versuchten Norrys und ich die sonderbaren und von der Zeit blaß gewordenen Zeichnungen gewisser unregelmäßig rechteckiger Steinblöcke auszulegen, die man allgemein für Opferstellen hält, konnten aber mit ihnen nichts Rechtes anfangen. Es kam uns wieder in den Sinn, daß eines jener Zeichen, eine Art strahlenumgebene Sonne, von Fachleuten für nichtrömisch gehalten wurde, denn sie vermuteten, daß diese groben Altäre von den römischen
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