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Cujo

Cujo

Titel: Cujo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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noch tickte, denn die Zeiger schienen sich überhaupt nicht zu bewegen.
    Zwanzig nach zwölf.
    (Was wissen wir über Tollwut, Mädchen?)
    Recht wenig. Nur Bruchstücke, wahrscheinlich aus der Beilage der Sonntagszeitung. Eine hastig durchgeblätterte Broschüre beim Tierarzt in New York, als sie die Familienkatze Dinah gegen Katzenstaupe impfen ließ. Verzeihung, auch gegen Tollwut.
    Tollwut, eine Krankheit des Zentralnervensystems. Bewirkt dessen langsame Zerstörung - aber wie? Darüber wußte sie nichts, und den Ärzten ging es wahrscheinlich nicht viel besser. Sonst würden sie die Krankheit doch nicht für so verdammt gefährlich halten. Natürlich weiß ich nicht, ob der Hund überhaupt Tollwut hat, dachte sie voll Hoffnung. Der einzige tollwütige Hund, den ich je gesehen habe, war der, den Gregory in Wer die Nachtigall stört erschoß. Aber der war natürlich nicht wirklich tollwütig, sondern irgendein Köter aus dem Tierheim, den sie mit Rasiercreme eingeschmiert hatten …
    Sie kam zum eigentlichen Punkt zurück. Vorläufig täte sie gut daran, das Schlimmste anzunehmen. Außerdem war sie zutiefst davon überzeugt, daß der Hund tatsächlich tollwütig war - sonst hätte er sich anders verhalten. Das Vieh war total verrückt.
    Und er hatte sie gebissen. Übel zugerichtet. Was war die Folge?
    Sie wußte, daß auch Menschen von Tollwut befallen werden können, und das war eine schreckliche Todesart. Vielleicht die schrecklichste. Es gab einen Impfstoff, und eine Serie von Injektionen war die vorgeschriebene Behandlungsmethode. Diese Injektionen waren sehr schmerzhaft, aber wenn sie an den Zustand des Hundes dachte …
    Sie glaubte, von zwei Fällen von Tollwut im fortgeschrittenen Stadium gelesen zu haben, bei de’nen die Opfer überlebt hatten - Fälle, die erst erkannt wurden, als die Symptome sich schon zeigten. Ein Überlebender war ein Junge, der völlig wiederhergestellt wurde. Der andere, ein Zoologe, erlitt einen bleibenden Gehirnschaden.
    Je länger die Krankheit unbehandelt blieb, um so geringer die Heilungschancen. Sie rieb sich die Stirn und fühlte kalten Schweiß.
    Wann war es zu spät? Nach Stunden? Tagen? Wochen? Vielleicht nach einem Monat? Sie wußte es nicht.
    Plötzlich schien der Wagen zusammenzuschrumpfen. Zuerst auf die Größe eines Honda Civic, dann auf die eines der dreirädrigen Fahrzeuge, die man in England Körperbehinderten zur Verfügung stellt, und dann auf-die Größe eines Motor-radbeiwagehs. Zuletzt war er nur noch so groß wie ein Sarg. Wie ein Doppelsarg für sie und Tad. Sie mußten raus, raus, raus—
    flire Hand suchte schon nach dem Türgriff, aber dann hatte sie sich wieder unter Kontrolle. Ihr Herz raste und verstärkte das dumpfe Pochen in ihrem Kopf. Bitte, dachte sie. Es ist auch ohne Klaustrophobie schon schlimm genug, also bitte … bitte … bitte …
    Sie hatte wieder Durst. Fürchterlichen Durst.
    Sie schaute nach draußen, und erbarmungslos erwiderte Cujo ihren Blick. Durch den silbrigen Sprung in der Scheibe erschien sein Körper wie in zwei Hälften geteilt.
    Einer muß uns doch helfen, dachte sie. Bitte, bitte, helft uns.

    Roscoe Fisher parkte im Schatten eines Hauses. Als die Durchsage kam, hielt er vorgeblich nach Schnellfahrern Ausschau, aber in Wirklichkeit schlief er. An einem Mittwochmorgen um null Uhr dreißig war die Route 117 wie ausgestorben. Er hatte einen kleinen Wecker im Schädel, und der pflegte ihn zuverlässig um eins zu wecken, wenn das Norway Drive-In dichtmachte. Dann gab es gelegentlich etwas zu tun. »Wagen drei bitte kommen, Wagen drei. Over.« Roscoe war sofort hellwach und stieß einen Plastikbecher mit kaltem Kaffee um. Der Inhalt ergoß sich über seinen Schoß.
    »Scheiße«, sagte Roscoe ärgerlich. »Das hat mir gerade noch gefehlt!«
    »Wagen drei, hören Sie? Over.«
    Er nahm das Mikrophon und drückte auf den Knopf. »Ich höre, Zentrale.« Er hätte gern hinzugefügt, daß er mit dem Hintern in einer Pfütze Kaffee säße, und es sei hoffentlich nichts Schlimmes, aber man konnte nie wissen, wer den Poli-zeiffunk mithörte … selbst nachts um null Uhr dreißig.
    »Fahren Sie nach dreiundachtzig Larch Street«, sagte Billy. »Wohnung Mr. und Mrs. Trenton. Überprüfen Sie die Wohnung. Over.«
    »Auf was soll ich sie überprüfen, Zentrale? Over.« - »Trenton ist in Boston, und niemand nimmt ab, wenn er anruft. Er sagt, es müßte jemand zu Hause sein. Over.«
    Ist das nicht wunderschön? dachte Roscoe Fisher mißmutig.

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