Cujo
eine Toilettenschüssel machen ließe, um darauf scheißen zu können, aber sie sei leider zu klein. Buddy erzählte die Geschichte weiter, und das war vielleicht Garys Absicht gewesen, vielleicht aber auch nicht.
Jedenfalls hatte er die örtlichen Hippies in helle Begeisterung versetzt. Im Sommer 1968 machten viele dieser Hippies zusammen mit ihren reichen Eltern im Seengebiet Urlaub, um im September wieder zu den Universitäten zurückzufahren, wo sie wahrscheinlich Protest, Hasch und Weiber studierten.
Nachdem Buddy, der in seiner Freizeit Schweißarbeiten machte und in Castle Falls bei der Esso arbeitete (jetzt hieß der Laden Exon, und das war Gary Pervier scheißegal), Garys DSC in einen Aschenbecher verwandelt hatte, erschien eine Version der Geschichte in der Castle Rock Gazette. Ein hiesiger Reporter. hatte die Geschichte geschrieben und Garys Verhalten als Antikriegsdemonstration gedeutet. Seitdem tauchten immer wieder Hippies vor Garys Grundstück auf. Die meisten wollten Gary sagen, daß er ein »irrer Typ« sei. Andere wollten ihm seine »Klasse« bescheinigen oder ihm sonstwie ihre Bewunderung ausdrücken.
Gary zeigte ihnen allen denselben Gegenstand, nämlich seine Winchester .30-.06. Er jagte sie von seinem Grundstück. Für ihn seien sie nur eine Bande langhaariger verlauster Arschlöcher und es mache ihm einen Scheißdreck aus, sie von Castle Rock nach Fryeburg zu schießen. Nach einiger Zeit kamen sie nicht mehr, und das war das Ende der DSC-Affäre.
Eine dieser deutschen Kugeln hatte Gary Pervier den rechten Hoden abgerissen; ein Stabsarzt fand die Reste in Garys GI-Unterwäsche. Aber der andere blieb heil, und manchmal bekam er immer noch eine beachtliche Erektion. Nicht, so hatte er Joe Camber oft erzählt, daß es ihn auch nur einen Scheißdreck interessiere. Sein dankbares Vaterland hatte ihm das Distinguished Service Cross verliehen. Das dankbare medizinische Personal des Lazaretts in Paris entließ ihn im Februar 1945 mit einer Pension für achtzigprozentige Arbeitsunfähigkeit. Eine dankbare Heimatstadt veranstaltete ihm zu Ehren am Unabhängigkeitstag 1945 eine Parade (er war inzwischen nicht mehr’zwanzig, sondern einundzwanzig und wahlberechtigt, sein Haar wurde an den Schläfen grau, und er fühlte sich so, als sei er mindestens siebenhundert Jahre alt). Die dankbaren Städtvertreter gewährten ihm eine lebenslängliche Befreiung von der Grundsteuer. Das war günstig, denn sonst hätte er das Grundstück schon vor zwanzig Jahren aufgeben müssen. Das Morphium, das er nicht mehr bekam, hatte er durch hochprozentigen Schnaps ersetzt und sich dann an seine Lebensauf-gäbe gemacht, die darin bestand, so langsam und angenehm wie möglich Selbstmord zu begehen.
Jetzt, im Jahre 1980, war er sechsundfünfzig Jahre alt, völlig ergraut und bösartiger als ein Stier mit dem Griff eines Wagenhebers im Arsch. Nahezu die einzigen Lebewesen, die er ertragen konnte, waren Joe Camber, dessen Sohn Brett und Bretts großer Bernhardiner Cujo.
Er lehnte sich so weit in seinem morschen Liegestuhl zurück, daß er fast nach hinten gekippt wäre, und trank noch ein wenig Schnaps. Das Glas hatte er in einem McDonald-Restaurant geklaut. Gary aß oft bei McDonalds in Castle Rock, wo man noch einen billigen Hamburger bekam. Die Hamburger waren gut … aber Bürgermeister McCheese … und Monsieur Ronald McDonald … die waren Gary Pervier scheißegal.
Ein großer gelbbrauner Schatten bewegte sich links von ihm durch das hohe Gras, und gleich darauf erschien Cujo, der auf einem seiner Streifzüge war. Er sah Gary und bellte einmal höflich. Dann kam er schwanzwedelnd näher.
»Cujo, du alter Hurensohn«, sagte Gary. Er stellte das Glas ab und durchsuchte methodisch seine Taschen auf Hundekuchen. Er hielt immer einige für Cujo bereit. Er war noch einer von diesen guten, altmodischen, waschechten Hunden.
Er fand ein paar in der Hemdtasche und hielt sie dem Tier hin.
»Sitz, mein Junge. Sitz.«
Ganz gleich, wie schlecht er sich fühlte, der Anblick dieses zweihundert Pfund schweren Hundes, wenn er sich wie ein Kaninchen aufrichtete, machte ihm immer Vergnügen.
Cujo richtete sich auf, und Gary sah eine häßliche, kaum verheilte Wunde an der Schnauze des Hundes. Er warf ihm die Hundekuchen zu, die wie Knochen geformt waren, und Cujo schnappte sie mühelos aus der Luft. Er ließ einen zwischen seine Pfoten fallen und nagte am anderen.
»Guter Hund«, sagte Gary und streckte die Hand aus, um Cujos Kopf
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