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Cujo

Cujo

Titel: Cujo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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nicht sehen. Ihr war, als sei ein Alptraum über sie hereingebrochen. Wenn sie sich jetzt im Spiegel betrachten würde, müßte sie das Bild einer scheußlichen Hexe vor sich sehen.
    »Verschwinde, Steve. Ich sage es nicht noch einmal.«
    »Und wenn ich bleibe? Dann rufst du Sheriff Bannerman, was? Du sagst dann einfach: ›Hallo, George, hier ist Mr. Businessmans Frau, und der Kerl, mit dem ich außerdem noch bumse, will nicht abhauen: Würden Sie bitte kommen und ihn rausschmeißen?‹ Das wirst du doch sagen, nicht wahr?«
    Sie hatte jetzt noch mehr Angst. Bevor sie Vic heiratete, hatte sie in Westchester als Bibliothekarin im Schuldienst gearbeitet, und es war für sie immer entsetzlich gewesen, die Kinder - so laut sie nur konnte - anzuschreien, damit sie endlich Ruhe gabenT Das hatten sie dann auch immer getan - wenigstens einigermaßen -, aber was war, wenn sie einmal nicht gehorchten? Das war ihr Alptraum. Wenn sie absolut nicht gehorchen wollten? Was blieb ihr dann übrig? Die Frage ängstigte sie. Es war schlimm, daß man sich eine solche.Frage überhaupt stellen mußte. Sie hatte es immer vermieden, laut zu werden, außer wenn es sich gar nicht mehr umgehen ließ. Denn hier endete jedes zivilisierte Verhalten. Hier verwandelte sich die Tünche in Dreck. Wenn lautes Schreien nicht mehr verfing, konnte man nur noch kreischen.
    Auch jetzt hatte sie diese Angst. Die einzige Antwort auf die Frage des Mannes war natürlich, daß sie laut schreien würde, wenn er sie anfaßte. Würde sie es wirklich tun?
    »Geh«, sagte sie leise. »Bitte. Es ist aus.«
    »Und wenn mir das nicht paßt? Wenn es mir einfällt, “dich gleich hier in dieser verdammten Müchpfütze zu vergewaltigen?«
    Sie schaute durch ihre Haarsträhnen zu ihm hoch. Sie war immer noch blaß, und ihre Augen wirkten unnatürlich groß. »Dann werde ich mich wehren. Und wenn ich dir die Eier abreißen oder die Augen auskratzen kann, werde ich keine Sekunde zögern.«
    Sie hatte den Eindruck, daß er unsicher wurde. Er wußte, daß sie gewandt und in guter Verfassung war. Er konnte sie zwar im Tennis schlagen, aber es kostete Schweiß. Wahrscheinlich würde sie seine Eier und seine Augen verschonen, aber es war nicht auszuschließen, daß sie ihm das Gesicht zerkratzte. Die Frage war, wie weit er gehen wollte. Sie roch etwas Unangenehmes in der Luft, den Hauch des Dschungels, und sie erkannte voll Abscheu, daß es eine Mischung aus ihrer Angst und seiner Wut war. Es drang ihnen aus den Poren.
    »Ich werde die Kommode in meine Werkstatt zurückbringen«, sagte er. »Dein Mann könnte sie ja abholen. Dabei könnte ich mich mit ihm über dies oder jenes unterhalten.«
    Er ging und knallte die Tür vom Wohnzimmer zur Veranda so heftig hinter sich zu, daß die Scheiben gerade noch heil blieben. Wenig später hörte sie den Motor anspringen. Er heulte auf, und mit quietschenden Reifen fuhr Steve vom Grundstück.
    Donna wischte den Rest der Milch auf und stand von Zeit zu Zeit auf, um den Lappen über der Spüle auszudrücken. Sie sah zu,-wie die Milchfäden im Abfluß verschwanden. Sie zitterte am ganzen Körper. Es war die Reaktion auf die unangenehme Szene, und teils war es Erleichterung. Sie hatte Steves kaum verhüllte Drohung, es ihrem Mann zu sagen, gar nicht richtig registriert. Sie konnte nur immer wieder an die Ereignisse denken, die zu dieser Situation geführt hatten.
    Sie war aufrichtig davon überzeugt, daß sie völlig unabsichtlich in die Affähre mit Steve hineingeraten war. Es war, als sei ein unterirdisches Abflußrohr explodiert. Ähnliche Abflußrohre verliefen, wie sie glaubte, unter der gepflegten Oberfläche fast jeder amerikanischen Ehe.
    Sie hatte nicht nach Maine übersiedeln wollen und war entsetzt gewesen, als Vic ihr seine diesbezügliche Absicht mitteilte. Trotz verschiedener Urlaubsreisen (und die Urlaubsreisen selbst hatten diesen Eindruck’vielleicht noch verstärkt) war ihr der Staat immer wie eine bewaldete Wüste vorgekommen, eine Gegend, wo der Schnee im Winter fünf Meter hoch lag und die Leute dann von der Welt abgeschnitten waren. Der Gedanke, ihr Baby dorthin mitzunehmen, war schrecklich. Sie hatte sich ausgemalt - und es Vic auch gesagt -, wie Vic in Portland und sie in Castle Rock vom Schnee eingeschlossen waren.
    Wie Tad in dieser Situation etwas Giftiges schluckte, vielleicht Tabletten, oder sich am Herd verbrannte. Was konnte nicht alles geschehn? Aber vielleicht beruhte ihr Widerstand auch ganz einfach darauf,

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