Cujo
Bleigehalt feststellte. Die Gläser wurden rasch wieder eingezogen und in die Werbehölle verbannt, in der sich Kreaturen wie Speedy Alka-Seltzer, Mr. Clean und Vics persönlicher Favorit Big Dick Chewing Gum schon befanden.
Die Gläser hatten der McDonald’s Corporation zwar geschadet, aber niemand hatte Ronald McDonald vorgeworfen, er hätte seine jugendliche Gemeinde vergiften wollen. Und auch dein Cornflake-Professor von Sharp hatte niemand einen Vorwurf gemacht. Aber Komiker wie Bob Hope hatten ihn aufs Korn genommen. Und in der Eröffnungssendung der Tonight Show hatte Johnny Carson einen ganzen Monolog - schön doppelsinnig verpackt - über die Affäre mit den roten Himbeerflakes gebracht.
Überflüssig zu erwährten, daß die Spots mit dem Cornflake-Professor sofort vom Bildschirm verschwanden. Überflüssig zu erwähnen auch, daß der Charakterdarsteller, der den Professor spielte, höchst ungehalten darüber war, daß sich die Dinge so gegen ihn gekehrt hatten.
Ich könnte mir eine schlimmere Situation vorstellen, hatte Roger gesagt, als die ersten Wogen sich geglättet hatten und nicht mehr dreimal täglich Ferngespräche zwischen Portland und Cleveland stattfanden.
Und Vic hatte ihm zugestimmt.
»Noch Kaffee, Sir?«
Vic schaute auf. Er wollte nein sagen, nickte dann aber. »Eine halbe Tasse, bitte«, sagte er.
Sie schenkte ein und ging. Vic rührte um, trank aber nicht.
Die Leute machten sich nur kurze Zeit Sorgen um die Gesundheit ihrer Kinder, denn im Fernsehen und in vielen
Zeitungen meldeten sich Ärzte zu Wort, die alle auf die absolute Harmlosigkeit des Färbemittels hinwiesen. Es war schon einmal Ähnliches passiert: Bei den Stewardessen einer Fluglinie zeigten sich plötzlich seltsame rötliche Hautverfärbungen. Die Sache stellte sich dann als völlig harmlos heraus. Die Hautverfärbungen stammten vom Abrieb der orangefarbenen Schwimmwesten, die sie den Passagieren vor dem Start demonstriert hatten. Jahre zuvor hatte das Färbemittel einer bestimmten Sorte Frankfurter Würstchen ähnliche Wirkungen wie das der Himbeerflakes gehabt.
Die Anwälte des alten Sharp hatten gegen den Hersteller des Mittels eine Schadenersatzklage auf mehrere Millionen Dollar angestrengt, ein Fall, der sich wahrscheinlich über Jahre hinziehen und mit einem außergerichtlichen Vergleich enden würde. Wie dem auch sei; der Prozeß überzeugte die Öffentlichkeit davon, daß der Fehler - der völlig harmlos und nur ganz kurzfristig aufgetretene - nicht bei der Sharp Company gelegen hatte.
Dennoch hatten die Sharp-Aktien an der Börse einen Kurssturz erlitten. Seitdem war der Verlust zur Hälfte wieder aufgeholt. Der Verkauf der Getreideprodukte war plötzlich zurückgegangen, aber auch hier war das Terrain schon fast wiedergewonnen, das verlorenging, als die Himbeerflakes ihr heimtük-kisches rotes Gesicht gezeigt hatten. Einige Produkte verkauften sich sogar besser als vorher.
Also war hier tatsächlich nichts verkehrt?
Es war verkehrt. Ganz verkehrt.
Der Cornflakes-Professor von Sharp war verkehrt. Der arme Kerl würde nie ein Comeback erleben. Nach der Angst kam das Gelächter, und der Professor mit seiner nüchternen Miene und seinem Klassenzimmer war buchstäblich totgelacht worden.
George Carlin in seiner Nachtklubsendung: »Ja, es ist eine verrückte Welt. Eine verrückte Welt.« Er beugt sich über das Mikrophon, überlegt und hebt dann den Kopf. »Reagans Leute verzapfen ihren Mist im Fernsehen, stimmt’s? Die Russen überholen uns im Wettrüsten. Die Russen bauen Tausende von Raketen, stimmt’s? Jetzt hat Jimmy Carter seinen Auftritt im Fernsehen und sagt: ›liebe amerikanische Mitbürger, der Tag, an dem die Russen das Wettrüsten gegen uns gewinnen, wird der Tag sein, da die Jugend Amerikas rot scheißt‹.«
Großes Gelächter im Publikum
»Ronny ruft also Jimmy an und sagt: ›Mr. President, was hat Amy zum Frühstück gegessen?‹«
Gewaltiges Gelächter der Zuhörer. Carlin wartet ein paar Sekunden. Und jetzt kommt der Satz, die leise vorgetragene Anspielung: »Nein … hier ist nichts verkehrt.«
Das Publikum brüllt vor Begeisterung. Wilder Applaus. Carlin schüttelt traurig den Kopf. »Rote Scheiße, Mann. Waw! Damit hat man ganz schön zu tun.«
Das war das Problem. George Carlin war das Problem. Bob Hope war das Problem. Johnny Carson war das Problem. Steve Martin war das Problem. Die Witze in jedem Friseurladen Amerikas waren das Problem.
Und dann muß man bedenken: Die
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