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Cujo

Cujo

Titel: Cujo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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ihrem Kummer funktionierte die Sache, während ihre Bemühungen, wie die Anwendung psychologischer Tricks, sowie alles, was sie in der Elternschule gelernt hatte, und schließlich nackte Disziplinierungsversuche keinen Erfolg gebracht hatten. Wie einen Segen sprach Vic die Worte jeden Abend an Tads Bett, wenn Tad an den drückend heißen Abenden nackt unter seiner Decke lag.
    »Glaubst du, daß es ihm auf lange Sicht hilft?« fragte Donna. Ihre Stimme klang belustigt und irritiert zugleich. Das war Mitte Mai gewesen, als es zwischen ihnen beiden erhebliche Spannungen gab.
    »Werbeleute arbeiten nicht auf lange Sicht«, hatte Vic geantwortet. »Sie sind an schnellen Ergebnissen interessiert. Und ich bin in meinem Beruf ziemlich gut.«
    Und jetzt saß Tad neben ihm. »Dann sagt keiner die Worte an die Ungeheuer«, klagte er und wischte sich verlegen die Tränen aus dem Gesicht.
    »Paß auf«, sagte Vic. »Ich habe sie aufgeschrieben. Deshalb weiß ich sie auch jeden Abend. Ich schreibe sie auf ein Stück Pappe und hefte es an die Wand. Und wenn ich weg bin, kann Mommy sie dir jeden Abend vorlesen.«
    »O, ja, tust du das?«
    »Klar. Das sagte ich doch.«
    »Vergißt du es auch nicht?«
    »Natürlich nicht, mein Junge. Ich tu’s gleich heute abend.«
    Tad schlang die Arme um seinen Vater, und Vic drückte ihn ganz fest an sich.

    Spät abends, als Tad schon lange schlief, ging Vic leise in das Zimmer des Jungen und heftete mit einer Reißzwecke ein Stück Pappe an die Wand. Es hing direkt neben Tads Kalender, so daß der Junge es sehen mußte. Groß und deutlich hatte er in Blockschrift daraufgeschrieben:

    Die Worte an die Ungeheuer
    Für Tad -

    Ungeheuer, kommt nicht in dieses Zimmer! Ihr habt hier nichts zu suchen. Keine Ungeheuer unter Tads Bett! Dort paßt ihr nicht hin.
    Keine Ungeheuer, die sich in Tads Schrank verstecken!
    Dort ist es zu eng.
    Keine Ungeheuer vor Tads Fenster!
    Dort könnt ihr euch nicht festhalten.
    Keine Vampire; keine Werwölfe, nichts, was beißt.
    Ihr habt hier nichts zu suchen.
    Die ganze Nacht wird niemand Tad anfassen oder ihm etwas tun.
    Ihr habt hier nichts zu suchen..

    Lange betrachtete Vic den Text und nahm sich vor, Donna, bevor er wegfuhr, mindestens noch zweimal zu bitten, ihn dem Kind jeden Abend vorzulesen. Ihr eindringlich nahezulegen, wie wichtig die Worte an die Ungeheuer für Tad waren.
    Als er hinausging, sah er, daß die Schranktür sich einen Spalt geöffnet hatte. Er schloß sie ganz fest und verließ das Zimmer seines Sohnes.
    Spät in der Nacht ging die Tür wieder auf. Sporadisches Wetterleuchten warf verrückte Schatten in den Schrank. Aber Tad schlief.

    Am nächsten Morgen um viertel nach sieben ließ Steve Kemp seinen Lieferwagen auf die Route 11 rollen und fuhr zur Route 302. Dort wollte er links abbiegen und in südöstlicher Richtung über die Staatsgrenze nach Portland fahren. In Portland wollte er eine Weile bei der YMKA übernachten.
    Auf dem Armaturenbrett des Wagens lag ein Stapel adressierter Briefe - diesmal hatte er die Adressen nicht in Blockschrift sondern mit der Schreibmaschine geschrieben, die er zusammen mit seinen anderen Sachen hinten im Laderaum stehen hatte. Das Packen hatte nur anderthalb Stunden gedauert. Er hatte auch Kater Bernie Carbo mitgenommen, der hinten in seiner Kiste schlief. Er und Bernie reisten mit leichtem Gepäck.
    Er hatte die Umschläge wie ein Profi adressiert. Was immer ihm sechzehn Jahre Schriftstellerei eingebracht hatten, Maschineschreiben hatte er wenigstens gelernt. Er hielt an dem Briefkasten, in den er am Vorabend den Brief an Vic gesteckt hatte, und warf den Stapel Briefe hinein. Es hätte ihm nichts ausgemacht, den Laden und das Haus zu verlassen, ohne die fällige Miete zu bezahlen, wenn er den Staat endgültig hätte verlassen wollen, aber da er nur nach Portland fuhr, war es klüger, alles streng legal abzuwickeln. Diesmal konnte er sich das auch erlauben, denn im Handschuhfach lagen mehr als sechshundert Dollar.
    Außer dem Scheck für die Miete, die er schuldete, schickte er mehreren Leuten die Anzahlungen zurück, die sie für größere Arbeiten geleistet hatten. Jedem Scheck hatte er ein höfliches Schreiben beigelegt, in dem er sich entschuldigte, Ungelegenheiten bereitet zu haben, aber seine Mutter sei plötzlich ernsthaft krank geworden (jeder echte Amerikaner fiel auf eine Mommy-Geschichte rein). Diejenigen, von denen er Aufträge entgegengenommen hatte, möchten doch bitte ihre Möbelstücke wieder

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