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Cujo

Cujo

Titel: Cujo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Holly hatte schon einen Einkaufsbummel in Bridgeport angekündigt.
    Sie war anderthalb Stunden vor ihrer normalen Zeit aufgewacht, wahrscheinlich zwei Stunden, bevor sich im übrigen Haus etwas regte.
    Aber vor der dritten Nacht schlief man in einem fremden Bett in der Regel nicht besonders gut.
    Allmählich waren aus der Stille leise Geräusche zu hören, während sie wachlag und lauschte. Das fahle Licht des dämmernden Morgens fiel durch die halb geöffneten Vorhänge… der erste Schein des heraufziehenden Tages, der immer so weiß und klar und schön war. Sie hörte ein Dielenbrett knarren. Draußen hatte ein Blauhäher seinen ersten Wutanfall des Vormittags. Der erste Pendlerzug nach Westport, Greenwich und New York City rauschte in der Ferne vorbei.
    Wieder knarrte das Dielenbrett.
    Und noch einmal.
    Es war kein Balken des Hauses, in dem es arbeitete. Es waren Schritte.
    Charity setzte sich im Bett auf. Die Decke und das Laken glitten ihr bis zur Hüfte herab und zeigten ihre in ein rosa Nachthemd gehüllte Gestalt. Jetzt hörte sie jemanden langsam über die Treppe nach unten gehen. Es waren leichte Schritte: barfuß oder auf Socken. Es war Brett. Wenn man lange mit jemandem zusammenlebte, erkannte man seine Schritte am Geräusch. Das war eins dieser mysteriösen Dinge, die sich im Laufe der Jahre so ergeben.
    Sie warf die Decke zur Seite, stand auf und ging an die Tür. Ihr Zimmer lag am oberen Flur, und sie sah gerade noch Bretts Kopf verschwinden.
    Sie ging hinterher.
    Als Charity die Treppe erreicht hatte, verschwand Brett in der Diele, die sich über die ganze Breite des Hauses erstreckte. Sie öffnete den Mund, um ihn zu rufen . , . und schloß ihn wieder. Sie fühlte sich, unsicher in dem Haus, in dem alles schlief und das nicht ihr Haus war.
    Es war etwas an seinem Gang … an seiner Körperhaltung … aber das lag doch schon Jahre zurück -
    Rasch und leise ging sie barfuß die Treppe hinunter. Sie folgte Brett in die Küche. Er trug nur seine hellblaue Pyjamahose, und die weiße Baumwollkordel hing ihm zwischen den Beinen herab. Er war schon sehr braun, obwohl es noch nicht Hochsommer war - er hatte von Natur aus eine dunkle Haut, wie sein Vater, und er wurde leicht braun.
    Als sie in der Tür stand, sah sie ihn im Profil, und die ersten Strahlen der Sonne tauchten seinen nackten Oberkörper in helles Licht, als er an den Wandschränken über dem Herd, dem Tisch und der Spüle entlanglief. Die Bewunderung, die sie empfand, war mit Angst gemischt. Er ist schön, dachte sie. Alles, was an uns schön ist, oder je schön war, ist auf ihn übergegangen. Es war ein unvergeßlicher Augenblick. Sie sah ihren Sohn nur mit einer Pyjamahose bekleidet, und zum ersten Mal begriff sie etwas vom Geheimnis seines Knabenalters, aus dem er schon so bald herauswachsen würde.
    Mit den liebenden Augen einer Mutter betrachtete sie seine schmale, aber muskulöse Silhouette. Er schien ihr … der Inbegriff der Perfektion.
    Sie hatte Zeit gehabt, ihn zu betrachten, denn Brett war nicht wach. Als Kind hatte er Perioden gehabt, da er schlafwandelte; insgesamt vielleicht zwei Dutzend, im Alter zwischen fünf und acht. Schließlich war sie besorgt - und so erschrocken - gewesen, daß sie (ohne Joes Wissen) Dr. Gresham konsultierte. Sie hatte keine Angst, daß Brett den Verstand verlor - jeder sah, daß er aufgeweckt und normal war - aber sie fürchtete, daß er sich in diesem seltsamen Zustand verletzen könnte. Dr. Gresham hatte sie beruhigt und gesagt, das sei sehr unwahrscheinlich. Die komischen Vorstellungen vom Schlafwandeln hätten die Leute meistens aus schlechten Filmen.
    »Wir wissen nicht viel über das Schlafwandeln«, hatte er ihr gesagt, »aber wir wissen, daß es bei Kindern häufiger auftritt als bei Erwachsenen. Es gibt eine ständig wachsende, ständig reifende Wechselwirkung zwischen Geist und Körper, Mrs. Camber, und viele Leute, die auf diesem Gebiet geforscht haben, sind der Ansicht, daß es sich bei dem Schlafwandeln um das Symptom eines zeitweiligen und nicht so sehr bedeutsamen Mißverhältnisses zwischen beiden handelt.«
    »Wie Wachstumsschmerzen?« hatte sie mißtrauisch gefragt.
    »So ähnlich«, hatte Dr. Gresham grinsend geantworteter zeichnete eine Kurve auf ein Stück Papier und meinte, daß Bretts Schlafwandeln einen Höhepunkt erreichen und dann zurückgehen würde, bis es völlig Verschwunden sei.
    Die Überzeugung des Arztes, daß Brett im Schlaf nicht etwa aus dem Fenster springen oder auf

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