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Cujo

Cujo

Titel: Cujo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Seite, immer noch die Hand an der Kehle. Rasch und geräuschlos ging er an ihr vorbei und verschwand in der Diele, um zur Treppe zu gehen.
    Sie wollte ihm folgen und erinnerte sich an die Soßenschüs-sei. Sie stand einsam auf dem sonst leeren Tisch wie die Zentralfigur in einem seltsamen Gemälde. Sie nahm sie auf, und sie glitt ihr aus der Hand, sie hatte nicht daran gedacht, daß ihre Finger schweißnaß waren. Sie jonglierte Bruchteile von Sekunden und hörte schon den berstenden Knall durch das schlafende Haus tönen. Dann hatte sie die Schüssel mit beiden Händen sicher aufgefangen. Sie stellte sie in den Schrank zurück, schloß die Tür und konnte einen Augenblick nur noch stehenbleiben. Sie hörte ihr Herz laut schlagen und empfand sich überdeutlich als Fremde in dieser Küche. Sie war hier eingedrungen. Sie folgte ihrem Sohn.
    Sie kam gerade noch rechtzeitig an seine Zimmertür, um ihn ins Bett steigen zu sehen. Er zog die Decke hoch und rollte sich auf die linke Seite, seine normale Schlafposition. Charity wußte, daß es jetzt vorbei war, aber sie blieb noch eine Weile stehen.
    In einem der Zimmer hustete jemand, und auch das erinnerte sie daran, daß dieses Haus anderen Leuten gehörte. Sie hatte Heimweh. Sie hatte ein Gefühl, als hätte sie betäubendes Gas im Magen, das Zeug, das die Zahnärzte gebrauchen. Im ruhigen Licht dieses frühen Morgens kamen ihre Gedanken an eine Scheidung ihr so unreif und wirklichkeitsfern vor wie die Gedanken eines Kindes. Hier fiel es ihr leicht, an solche Dinge zu denken. Es war nicht ihr Haus. Sie gehörte nicht hierher.
    Warum hatte diese Pantomime, in der Brett Cujo fütterte, sie so entsetzt? Cujo hat keinen Hunger mehr, nein, nicht mehr.
    Sie ging wieder in ihr eigenes Zimmer und blieb im Bett liegen, bis die Sonne am Himmel stand und den Raum erhellte. Beim Frühstück verhielt Brett sich nicht anders als sonst. Er erwähnte Cujo nicht, und er dachte anscheinend nicht mehr daran, zu Hause anzurufen, wenigstens im Augenblick nicht. Charity überlegte eine Weile und beschloß dann, die Sache auf sich beruhen zu lassen.

    Es war heiß.
    Donna drehte das Fenster ein wenig weiter herunter - es war jetzt etwa ein Viertel offen, weiter wagte sie nicht - und dann lehnte sie sich über Tads Schoß, um auch seins ein wenig zu öffnen. Dabei bemerkte sie den zerknitterten gelben Zettel auf seinem Schoß.
    »Was ist das, Tad?«
    Er sah zu ihr auf. Er hatte verwischte braune Ringe unter den Augen. »Die Worte an die Ungeheuer«, sagte er.
    »Darf ich sie mal sehen?«
    Er hielt den Zettel einen Augenblick fest. In seinem Gesicht lag ein mißtrauischer, auf sein Eigentum pochender Ausdruck, und sie empfand sofort Eifersucht. Das Gefühl war kurz, aber sehr intensiv. Bis jetzt hatte sie es geschafft, daß er am Leben und unverletzt war, aber sein Herz hing an Vics Hokuspokus. Doch das Gefühl verwandelte sich in Scham und Traurigkeit. Sie ekelte sich vor sich selbst. Sie war es doch,-die ihn in diese Situation gebracht hatte. Wenn sie nicht nachgegeben hätte, wenn sie ihn mit Debbie zu Hause gelassen hätte …
    »Ich hab’ sie mir gestern in die Tasche gesteckt«, sagte er, »bevor wir zum Einkaufen fuhren. Mommy, wird das Ungeheuer uns fressen?«
    »Es ist kein Ungeheuer, Tad, es ist nur ein Hund, und … nein, er will uns nicht fressen!« Sie sprach schärfer, als sie beabsichtigt hatte. »Ich habe dir doch gesagt, daß wir nach Hause fahren können, wenn der Briefträger kommt.« Und ich habe ihm auch gesagt, daß der Wagen bald anspringen wird und daß jemand kommen wird und daß die Cambers bald wieder zu Hause sein werden -
    Aber welchen Sinn hatte es, darüber nachzudenken?
    »Darf ich die Worte an die Ungeheuer wiederhaben?« fragte er.
    Für einen Augenblick hatte sie unbändige Lust, das schweißverklebte und zerknitterte Stück Papier zu zerreißen und die Fetzen aus dem Fenster zu werfen wie Konfetti. Dann gab sie Tad den Zettel zurück und fuhr sich mit beiden Händen durch das Haar. Sie schämte sich., Und sie hatte Angst. Was um Gottes willen war nur mit ihr los? So ein sadistischer Gedanke. Warum wollte sie es für ihn noch schlimmer machen? War es Vic? Sie selbst? Was?
    Es war entsetzlich heiß - zu heiß, einen klaren Gedanken zu fassen. Der Schweiß floß ihr über das Gesicht, und sie sah, daß er auch Tad über die Wangen lief. Das Haar klebte ihm häßlich am Kopf, und es sah zwei Schattierungen dunkler aus als sein normales Mittelblond. Ich muß ihm

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