Cupido #1
herumrutschte, direkt in die Augen. «Lassen Sie uns die Karten auf den Tisch legen, Jerry. Dieser Fall ist, politisch betrachtet, Dynamit, und das wissen wir alle. Ein Tropfen daneben, ein einziger Fehler, und die ganze Sache explodiert. Direkt unter Ihrer Nase. Mitten im Wahljahr. Und ich weiß, wie schwer es sein kann, sich das Volk wohlgesonnen zu halten, damit es am Wahltag Ihren Namen singt. Ich war ja mal Richter, ich kenne mich da aus. Und die Umfragen lügen nicht, Jerry. Die Leute waren nicht besonders glücklich über die Handhabung dieses Falls, von Anfang an nicht. Achtzehn Monate, bis es einen Verdächtigen gab, und er wird nur für einen der Morde angeklagt. Die Familien der anderen Opfer schreien zetermordio in jedes offene Ohr. Und es interessiert alle, Jerry – alle hören zu.»
Mike Gracker vom FBI fiel wie auf Stichwort ein. «Das FBI ist darauf vorbereitet, die ganze Ermittlung zu übernehmen. Wir brauchen natürlich das Beweismaterial, das die Cupido–Sonderkommission bis zu diesen Zeitpunkt sichergestellt hat; wir nehmen es uns in den Labors des FBI noch einmal vor.»
De la Flors hielt einen Moment inne und ließ das Gesagte sich setzen. Dann lehnte er sich zurück und fuhr in einem resignierten Ton fort, der C.J. frappierend an einen strengen Vater erinnerte. «Die Bundesstaatsanwalt sollte allen Morden nachgehen, Jerry, nicht nur dem an Marilyn Siban. Ich glaube, die Sache würde viel glatter laufen, wenn wir uns hier und jetzt schnell einigten. Damit würden wir uns allen eine Menge Ärger sparen.»
C. J. kochte, als sie sich diese hinter de la Flors aalglatter Verbindlichkeit kaum verschleierten Drohungen anhörte. Wie wunderbar wäre es, wenn Tigler jetzt einfach aufstehen und de la Flors eine vor den Latz knallen würde – aber dazu hatte ihr Chef nicht den Mumm.
Tigler warf einen Blick in die Runde und rutschte weiter auf seinem Stuhl am Kopf des langen Tischs herum. Nach einer kleinen Ewigkeit räusperte er sich und sagte: «Äh – also, Tom, vielen Dank für Ihre Anteilnahme. Ich weiß das zu schätzen. Aber bis jetzt haben wir die Dinge hier noch ganz gut im Griff, glaube ich. C.J. Townsend ist eine unserer besten Staatsanwältinnen, und ich bin mir sicher, dass sie mit dem Fall zurechtkommt.»
Jerry Tigler bot einen jämmerlichen Anblick. Sein altmodischer brauner Anzug hatte Knitterfalten, ständig verrutschte ihm das Toupet, und der Schweiß stand ihm sichtbar auf der Stirn. Er konnte Tom de la Flors nicht das Wasser reichen, dem strahlenden, Calvin Klein tragenden Exrichter und überlebensgroßen, vom Präsidenten höchstpersönlich ernannten U.S. Attorney.
«Ich bin mir nicht sicher, ob Sie verstehen, Mr. Tigler.» Jetzt schaltete sich Gracker wieder ein. C. J. beobachtete, wie seine dicken kleinen Finger auf den Tisch trommelten, als wolle er so mehr Aufmerksamkeit auf sein kleines Ego ziehen. «Das FBI hat Hunderte von Serienmördern hinter Gitter gebracht. Wir haben die Ressourcen, um die Morde an allen elf Opfern aufzuklären.»
Das war's. Mehr ließ C.J. sich nicht gefallen. «Zehn Opfer, Agent Gracker. Bis jetzt haben wir nur zehn Leichen – es sei denn, das FBI weiß, wo sich die sterblichen Überreste von Morgan Weber befinden. Bis dahin haben wir nur zehn Opfer. Und vielleicht kann ich kurz erklären, warum wir bisher noch keine voreiligen Schlüsse gezogen und Anklage wegen der anderen neun getöteten Frauen erhoben haben. Bisher gibt es noch keine Spur, die von Bantling zu ihnen führt, und wir halten es für vernünftig, zunächst den Fall zu verhandeln, den wir auch beweisen können.»
«Das geht doch nicht gegen Sie, Ms. Townsend», beschwichtigte Tom de la Flors, doch C.J. schnitt ihm das Wort ab.
«O doch, das tut es. Es ist ein Angriff gegen mich, gegen meine Kompetenz und gegen unsere ganze Behörde, Mr. de la Flors. Aber selbst wenn wir einmal annehmen, der Staat Florida würde die Strafverfolgung aller zehn Morde der US–Bundesstaatsanwaltschaft überlassen, nach welcher Rechtstheorie hätten Sie überhaupt eine Zuständigkeit? Nur Marilyn Sibans Mord ist auf Bundesgebiet verübt worden.»
De la Flors war verblüfft. Er hatte nicht mit Widerspruch von Seiten der Staatsanwältin gerechnet, und auch nur mit minimalen Protesten von Tigler selbst. Er brauchte einen Augenblick, um sich zu fassen. «Soweit ich weiß, wurde im Blut jedes Opfers das Betäubungsmittel Haloperidol gefunden, Ms. Townsend. Allem Anschein nach wurde es ihnen von ihrem
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