Cupido #1
normal. «Stimmt, er hat mich einen Moment lang aus der Fassung gebracht. Ich habe nicht damit gerechnet, dass er so herumschreit.» Dann wechselte sie das Thema. «Wie war es heute Morgen in der Gerichtsmedizin?»
Sie sah sich die ausgebreitete Zeitung an. Auf der Titelseite des Miami Herald waren die Passbilder von allen zehn Opfern dramatisch aufgereiht. Darunter war ein großer Schnappschuss von Bantlings schwarzem Jaguar zu sehen, umzingelt von Streifenwagen auf dem MacArthur Causeway. Daneben der coole, attraktive Bill Bantling, lächelnd, in Badehose mit einer Dose Bier in der Hand. Offensichtlich nicht das Foto für die Verbrecherkartei. Oberhalb dieser bunten Collage schrie die fett gedruckte Schlagzeile: Cupido–Verdächtiger festgenommen! Verstümmelte Leiche des zehnten Opfers im Kofferraum entdeckt!
Manny wischte die Krümel von dem Skandalblatt. «Neilson sagt, dass Prado vierzehn, höchstens fünfzehn Stunden tot war, wahrscheinlich eher zehn. Er meint, die Leiche hatte erst zwei bis drei Stunden im Kofferraum gelegen, bevor wir sie gefunden haben. Todesursache: Durchtrennung der Aorta. Aus der Sauerstoffmenge in den Lungen schließt der Doktor, dass sie noch am Leben war, als ihr das Herz rausgeschnitten wurde.»
Joe Neilson war der Medical Examiner von Miami Dade County. Er war gut und genoss großes Ansehen bei der Staatsanwaltschaft. C. J. atmete tief durch und betrachtete die Reihe schöner, toter Mädchen. «Ist es der gleiche Täter, oder haben wir es mit einem Trittbrettfahrer zu tun?»
Dominick öffnete den Karton auf dem Boden und zog zehn Polaroids aus einer Mappe. «Die Wunden sind identisch. Zuerst ein vertikaler Schnitt entlang des Brustbeins, mit einem scharfen Instrument, wahrscheinlich einem Skalpell. Dann der horizontale Schnitt darunter. Die gleichen Schnitte an der Aorta. Es war jedenfalls kein Pfuscher.»
«Kann er feststellen, ob die Schnitte vom gleichen Messer stammen?» Anna Prados aschgraues Gesicht starrte sie aus dem Foto an. Platinblondes Haar, das auf dem Stahltisch glatt zurückgekämmt war. Nahaufnahmen zeigten die zwei tiefen kreuzförmigen Einschnitte, die aufgebrochenen Rippen und das gähnende Loch, wo ihr Herz hätte sein sollen. Die Schnitte waren glatt, wie bei den anderen. Nicht wie C. J.s eigene gezackte Narben.
«Wahrscheinlich», sagte Manny, «er ist mit der Obduktion noch nicht durch, aber er hat noch was Interessantes gefunden, Boss. Sieht aus, als hätte Prado vielleicht eine Droge im Blut. Genau wie Nicolette Torrence, die Leiche, die wir im Oktober letztes Jahr in dem Crack–Haus auf der 79th Street auf dem Dachboden gefunden haben. Sie hatte nur ein paar Tage dort gelegen.»
«Neilson sagte, das Gewicht ihrer Lungen spricht dafür, dass sie irgendein Narkotikum intus hatte. Wir wissen aber nichts Genaues, bis die toxikologischen Gutachten da sind», setzte Dominick hinzu.
«Was ist mit sexuellem Missbrauch?»
«Ja, sie wurde mit einem stumpfen Instrument vergewaltigt, sowohl vaginal als auch anal», sagte Dominick langsam. Sie spürte, dass es diese Details waren, die ihm am meisten zu schaffen machten. «Schwere Verletzungen an Cervix und Uterus. Neilson geht davon aus, dass er mehr als einen Gegenstand benutzt hat, daher die unterschiedlichen Schnitte und Abschürfungen an der Gebärmutterwand. Es gab keine Spermaspuren. Aber er entnimmt noch Proben von allem. Und er fotografiert jeden Zentimeter ihres Körpers, falls wir irgendwas übersehen und es später nochmal brauchen.»
«Was ist mit den Fingernägeln?» Es war bekannt, dass Opfer beim Versuch, einen Angriff abzuwehren, häufig ihren Angreifer kratzten und dieser dabei oft unwillentlich ein winziges Stückchen von sich preisgab – wenn auch nur mikroskopische Hautschuppen. Damit hinterließ er eine genetische Visitenkarte, seine DNA, die direkt zu seiner Haustür führen konnte, falls die Ermittler ein Vergleichsmuster bekamen.
«Nichts. Auch diesmal nichts dergleichen, soweit Neilson sehen kann.» In diesem Fall war es umgekehrt: Sie hatten jetzt das Vergleichsmuster, aber keine biologische Spur am Opfer.
«Ich setze den Antrag auf, um Haar und Schleimproben von Bantling zu bekommen. Man weiß ja nie. Vielleicht hat er dieses Mal gepatzt. Oder vielleicht haben wir bei den anderen etwas übersehen.» Sie zuckte die Schultern und klemmte sich schon wieder das Haar hinters Ohr. «Die Information über die Droge ist wertvoll. Das könnte eine Verbindung zu wenigstens einem weiteren
Weitere Kostenlose Bücher