Curia
einem diffusen Halbdunkel. Eine ganze Batterie Scheinwerfer beleuchtete den romanischen Campanile und die gotische Fassade der Basilika. Konstantine und Théo blieben unter den Doppelbögen des Erzbischöflichen Palastes stehen.
Théo blickte zum Hospital Santa Maria della Scala hinauf. Die Uhr an der Fassade zeigte ein Uhr achtunddreißig. »Wo ist die Tür?«
»Dort hinten in der Ecke.« Konstantine zeigte auf ein Türchen an der Ecke zwischen dem Erzbischöflichen Palast und der rechten Seite des Doms.
Als sie davorstanden, kontrollierte Théo auf Nickys Uhr die Zeit. »Wir müssten so weit sein.«
An der linken Seite des Doms tauchte die Silhouette von Lorenzo Santi auf. Dicht an den drei Portalen der Kirche vorübereilend, gelangte er auf die andere Seite, wo er sich hinter der rechten Ecke der Fassade postierte und vorbeugte.
Das Schloss schnappte, die Tür ging auf, und aus dem Dunkel des Raumes tauchte ein finsteres Gesicht auf. Théo musterte ihn. Spyros Beschreibung ließ keine Zweifel zu: Conte Fulgenzi.
» Monsieur le Comte , Pünktlichkeit ist die Höflichkeit der Könige«, sagte Konstantine mit einem schmeichlerischen Lächeln. »Das ist von Louis XVIII.«
Der Conte sah ihn giftig an. »Offenbar ist sie auch die Höflichkeit der Erpresser. Das ist von mir.« Er trat beiseite, um sie einzulassen.
An der Ecke zwischen dem Erzbischöflichen Palast und der Via dei Fusari reckte sich ein Schatten und beobachtete die Szene. Einen Augenblick lang beleuchtete das Scheinwerferlicht eine Gucci-Tropenjacke aus Sea-Island-Baumwolle. Der Mann zog ein Handy aus dem Gürtel.
»Monsieur, hier Kowalski. St. Pierre und der Antiquitätenhändler sind durch eine Seitentür in den Dom gegangen. Jemand hat ihnen von innen aufgemacht.«
Schweigen am anderen Ende. »Früher oder später müssen sie wieder herauskommen, meinen Sie nicht?«
»Ja. Ich warte hier.«
»Es bleibt bei dem, was besprochen wurde. Was auch immer die beiden nach draußen bringen – Sie wissen, was Sie zu tun haben.«
»Ich muss Ihnen allerdings mitteilen, dass wir nicht allein sind.«
»Was soll das heißen?«
»Der Blonde vom Opus Dei ist auch hier.«
Wieder entstand eine Pause. »Muss ich Ihnen Ihren Job erklären?«
»In Ordnung.«
Kowalski spähte in Richtung Santi, dann blickte er sich vorsichtig um. Hinkend ging er an den Mauern des Bischofssitzes die Via dei Fusari hinauf, überquerte dann die Straße und ging weiter bis zur Piazzetta della Selva, von wo aus er an die Rückfront des Hospitals Santa Maria della Scala gelangte. Im Lichtkegel einer Straßenlaterne blieb er stehen, holte einen Lappen aus der Tasche, setzte einen Fuß auf den Bordstein und striegelte einen seiner Church’s so lange, bis sich das Licht darin spiegelte.
Der Conte führte sie, eine Stablampe in der Hand, durch einen feuchten, schlecht beleuchteten Gang, in dem es nach Schimmel roch. Unter das Geräusch ihrer Schritte mischte sich das Klappern der Werkzeugkiste, die Fulgenzi bei sich trug. Sie stiegen eine Treppe hinauf und standen vor einer steinernen Wand, in der sich ein Torbogen öffnete. Das Licht der Stablampe spiegelte sich in einer Stahltür.
Der Strahl fiel auf ein Schaltbrett in der Wand. Der Conte öffnete den Deckel und drückte auf Tasten einer Leuchtanzeige. Die Tür verschwand in der Mauer.
»Schnell, hinein«, sagte der Conte.
Hinter ihnen schloss sich die Tür mit einem dumpfen Geräusch. Théo blickte sich um. Kerzenflämmchen drangen durch die Dunkelheit der Kapellen und zeichneten Schattenspiele auf die Wände. In der Luft lag ein Geruch nach verfaultem Holz, Weihrauch und Weihwasserbecken. Der Lichtstrahl wanderte über die schwarzweiß gestreiften Säulen und die Rundbögen des rechten Kirchenschiffs.
»Und die Alarmanlage?«, fragte Théo flüsternd.
»Deaktiviert«, sagte der Conte. »Hier entlang.«
Ein Spinnennetz aus farbigen Lichtreflexen beleuchtete die Intarsien auf dem Boden des Mittelschiffs. Théo blickte in die Höhe. Das Licht der Autoscheinwerfer vor der Kirche drang gedämpft durch die bunt bemalten Scheiben der Rosette und erhellte die Büsten der Päpste.
Unter dem ersten Gewölbebogen, direkt vor dem Hauptportal, blieb der Conte stehen. Der Lichtkegel seiner Stablampe blieb eine Weile auf der Gestalt des Hermes Trismegistos liegen, dann wanderte er zu dem Buch, das der Meister dem Mann zu seiner Rechten übergab.
»Monsignore«, flüsterte Santi in das Mikrofon eines Kopfhörers. Er stand dicht an
Weitere Kostenlose Bücher