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Cyber City

Cyber City

Titel: Cyber City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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Vergrößerungsstufe und mit der höchsten Zeitlupe waren die Datenströme noch immer nichts als konturlose Lichtpunkte von anonymem, sicherem Inhalt.
    Der zweithellste Datenstrom verband die Stadt mit ihrem Zentrum. Sie war ein sensibles Labyrinth von Algorithmen, die sich an eine Seite der sechsten Pyramide geklammert hatten. Die Autoversum-Software an der Grenze dazu war mitternachtsblau dargestellt, wodurch das Netz der Stadt das Aussehen eines vollgestopften, neonbeleuchteten Festplatzes am Rand einer ausgedehnten Wüste erhielt, der am Ende einer schimmernden Straße lag. Maria vergrößerte die Ansicht und beobachtete, wie die Datenpakete, die für die Karte selbst verantwortlich waren, aus dem Zentrum hervorquollen.
    Es gab keine Punkt-für-Punkt-Äquivalenz zwischen Aussehen und der Stadt selbst, wie die Sinne es erwartet hätten. Die Massen falscher Fußgänger beispielsweise, die über die gesamte sichtbare Stadt verteilt waren, konnten auf der Karte nur als ein dicht zusammengedrängter Klumpen winziger blitzender Blöcke in pastellenen Farben ausgemacht werden, die unter Begriffen wie Herdenverhalten oder verschiedene Tropismen zusammengefaßt waren. Die Aufenthaltsorte  spezifischer Individuen und andere Attribute waren in Datenstrukturen kodiert, die zu klein waren, um sie ohne unendlich hohe Vergrößerung wahrnehmen zu können. Auch Marias Wohnung war winzig, und sie war überdies ein Ergebnis aus weit verstreuten Einzelkomponenten wie Oberflächenoptik, Luftbewegung, thermische Strahlung und Tapetenmuster. Vielleicht hätte sie sogar ihren eigenen Körper in einem ähnlichen Diagramm funktionaler Elemente wiederfinden können – aber sie beschloß, daß das noch warten konnte.
    Eine Vivisektion nach der anderen.
    Sie begann, die Informationsquellen von Elysium zu studieren – die Datennetzwerke, die sich selbst als solche darstellten – und verließ zweimal am Tag ihre Wohnung für kurze, einsame Spaziergänge; sie wollte sich mit den beiden verschiedenen Räumen vertraut machen, die sie in ihrer Vergangenheit gekannt hatte.
    Sie streifte durch die Bibliotheken, nicht völlig zufällig, blätterte durch Homer und Joyce, starrte auf Rembrandts und Picassos und Moores, hörte Stücke von Chopin und Liszt, sah Filmausschnitte von Bergman und Buñuel. Prüfte das Gewicht des Kerns der Zivilisation, den die Elysianer von der Erde mitgebracht hatten.
    Es war nicht viel. Dubliners war jetzt genauso phantastisch wie Die Ilias. Guernica hatte niemals wirklich stattgefunden – oder wenn, dann war die elysianische Sichtweise weiter als die Möglichkeiten eines Künstlers, das Ereignis zu porträtieren. Das siebte Siegel war nur noch ein verrücktes, unpointiertes Märchen. Das einzige, was geblieben war: Der diskrete Charme der Bourgeoisie.
    Sie brachte es nicht fertig, sich in wirklich jeder Beziehung völlig zu ändern, und so aß sie, erledigte ihre Verdauung und legte sich, getreu ihrer menschlich gebliebenen Psyche, zum Schlafen hin. Es gab tausend Wege, Nahrung herbeizuzaubern, angefangen bei Feinschmeckermenüs aus der kulinarischen Datenbank, die buchstäblich aus dem Schirm ihres Terminals hervorkamen, bis hin zu der zeitsparenden, aber ebenso befriedigenden Sättigung auf Knopfdruck (mit einem angenehm anhaltenden Nachgeschmack). Aber alte Rituale wollten aufrechterhalten werden, also ging sie regelmäßig zum Einkaufen in die Delikatessengeschäfte, wo sie bei Marionettenverkäufern frische Zutaten erstand, die sie anschließend selbst zubereitete – oft mehr schlecht als recht. Sie bemerkte, daß sie beim Beobachten der unvollkommen modellierten Garvorgänge immer müde wurde – als berechnete ihr Unterbewußtsein selbst die schwierige Simulation.
    Die ersten drei Nächte träumte sie, daß sie zurück in der alten Welt war, wo sie oberflächliche Unterhaltungen mit ihren Eltern, Schulfreundinnen, Autoversum-Kollegen und alten Liebhabern führte. Was sie auch träumte, die Luft schien elektrisch geladen, leuchtete in selbstbewußter Authentizität. Sie erwachte jedesmal mit dem schrecklichen Gefühl unwiederbringlichen Verlustes aus ihren Träumen, klammerte sich an die alten, verlorenen Sicherheiten, vermutete – zehn, fünfzehn Sekunden, länger nicht –, daß Durham sie unter Drogen gesetzt, sie hypnotisiert, ihr Gehirn manipuliert hatte, daß sie Elysium nur träumen würde; und immer dachte sie, glaubte sie, hier nur geschlafen zu haben und im wirklichen irdischen Leben wieder zu

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