Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cyber City

Cyber City

Titel: Cyber City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
Vom Netzwerk:
entscheiden – und das Apartment selbst ist ab sofort nur noch unter Ihrer eigenen Kontrolle und so sicher wie jede andere Privatwohnung auch. Die Software ist streng geprüft worden. Einbruch oder unbefugtes Betreten sind mathematisch unmöglich.«
    Er ließ sie alleine, damit sie sich einrichten konnte. Sie durchschritt die Zimmer, versuchte, sie in Beschlag zu nehmen, sie als ihre eigenen zu beanspruchen; sie zwang sich dazu, die Straßen in der Umgebung abzulaufen, versuchte, sich entspannt zu fühlen. Das Art-deko-Apartment, der Fritz-Lang-Turm, die Straßen voller Menschen und Massenszenen entnervten sie – aber als sie darüber nachdachte, wurde ihr klar, daß sie nirgendwo sonst hingehen konnte. Sie versuchte, sich ihr »Territorium« vorzustellen, ihre eigene Scheibe vom Elysium – aber die Aussicht schien ihr genauso entmutigend und unbeherrschbar, als hätte sie ein Vierundzwanzigstel des alten Universums bewohnen wollen, mit allen Galaxien und allem Vakuum dazwischen. Daß das Neue unsichtbar war und auf einem Gitter selbstreproduzierender Computer errichtet, die ihrerseits wieder auf den Zellen eines Zellularautomaten basierten – die nichts weiter als Folgen von Zahlen waren, die leicht in Farben kodiert und in bestimmte Ordnungen gebracht werden konnten –, machte den Gedanken, daß sie in seiner endlosen Weite verloren war, nur noch unendlich fremdartiger.
    Schlimm genug, daß ihr Körper nur noch ein Muster aus resonierenden Berechnungen in einem winzigen Ausschnitt einer ansonsten schweigenden kristallinen Pyramide war, die sich bis in eine Entfernung des TVC-Äquivalents von tausend Lichtjahren erstreckte. Der Gedanke daran, ihr Selbst in eine falsche Welt zu tauchen, die in Wirklichkeit nur eine andere Ecke der gleichen Struktur war – vollständig in die Dunkelheit dieser gewaltigen, luftleeren Krypta einzutauchen und sich in private Halluzinationen zurückzuziehen –, ließ ihr schlecht werden vor Angst.
    Auch wenn die Stadt unecht war – wenigstens war sie eine Fälschung, die andere Elysianer genauso erlebten wie sie. Die Gemeinsamkeit war ein Anker, der ihr genügend Mut zum  Untersuchen der unsichtbaren Welt darunter verschaffte, aus einer sicheren – eingebildeten – Distanz heraus. Sie saß in ihrem Apartment und studierte Karten von Elysium. Im größten Maßstab waren auf dem größten Teil des Kubus keinerlei Einzelheiten zu erkennen. Die Pyramiden der anderen siebzehn Gründer waren privat und ihre eigene so gut wie unbenutzt. Öffentliches Territorium konnte im Farbkode der Software, die es betrieb, markiert werden – Prozesse konnten identifiziert, Datenströme verfolgt werden –, doch selbst dann war das meiste monochrom: fünf der sechs öffentlichen Pyramiden wurden vom Autoversum in Beschlag genommen, und in ihnen lief das immer gleiche, einfache Programm, auf jedem einzelnen Prozessor die Zellularautomatengesetze des Autoversums implementierend, die vollkommen verschieden von denen des TVC-Universums waren. Ein schwach metallisch leuchtendes Gitter war über diese Region gelegt wie ein Geflecht feiner Drähte, die in eine unbekannte Flüssigkeit eintauchten, um ihre Eigenschaften zu messen. Das war die Software, die den Planeten Lambert beobachtete – ein Programm, das vollkommen unabhängig vom Autoversum selbst war, seinen Gesetzen in keiner Weise unterlag. Maria selbst hatte die ursprüngliche Version des Programms geschrieben, obwohl sie natürlich nie dazu gekommen war, es in planetarischen Maßstäben zu testen. Generationen elysianischer Autoversum-Gelehrter hatten es erweitert und verbessert, und heute spähte es durch Quadrillionen verborgener, nichtexistenter Spalten im Raum, sammelte, interpretierte und faßte zusammen, was immer es sah. Die Ergebnisse flossen zum Mittelpunkt von Elysium, in die zentrale Bibliothek – entlang einem Datenkanal, der von der Dichte seines Datenstromes weiß-silbern auf der Karte leuchtete.
    Das Zentrum von Elysium war ein überwältigendes Polyhedron, ein Cluster aus Datenbanken, von Datenbussen umringt, die den reißenden Strom von Informationen von und zu den einzelnen Pyramiden kanalisierten. Jede Transaktion von Elysianern verschiedener Clans floß hier hindurch, vom Telefongespräch bis zum Händeschütteln, von einfachem Sex bis hin zu den raffiniertesten Intimitäten, die die post-humanen Elysianer in den letzten siebentausend Jahren entwickelt hatten. Die Karte gab dennoch nichts davon her; selbst in der größten

Weitere Kostenlose Bücher