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Cyrion

Cyrion

Titel: Cyrion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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Lästigeres ersetzt. Es war eine Art Tasche aus dünnem, weichem Leder, die an beiden Seiten in kleine Beutel auslief, während das offene Vorderteil so gearbeitet war, daß es ungefähr der Innenseite der Lippen ähnelte. Durch vorsichtiges Saugen blieb es im Mund an Ort und Stelle, ganz abgesehen davon, daß es aus schierem Platzmangel nicht verrutschen konnte. Allerdings bekam die untere Gesichtshälfte durch diese Vorrichtung eine gewisse Ähnlichkeit mit einem tiefsinnigen Pavian. Essen war völlig unmöglich und zu sprechen war eine Plage, denn Zunge und Lippen wurden durch den ledernen Fremdkörper behindert. Die Zähne waren gar nicht mehr zu sehen. Was dieses fürchterliche Ding trotzdem so liebenswert machte, war die Tatsache, daß man sich von seinem Cousin einen Becher mit vergiftetem Wein aufzwingen lassen konnte, ohne etwas befürchten zu müssen. Die Tasche wieder zu entfernen war sogar noch einfacher, als sie einzulegen. Man brauchte nur zwei Finger in den Mund zu stecken, leicht zu ziehen und konnte das Gift ausschütten und untersuche n. All das war geschehn. Cyrion war fasziniert gewesen, als sich herausstellte, welcher Art das Gift in dem Becher gewesen War.
    Was ihm als nächstes bevorstand, war weniger einfach und ganz und gar nicht angenehm. Man hatte von ihm verlangt, Gift zu trinken, er hatte gehorcht. Da man jetzt von ihm erwartete zu sterben, wollte Cyrion sein Bestes tun, um auch darin gehorsam zu sein. Da anzunehmen war, daß man ihn sehr sorgfältig untersuchen würde, sobald er dahingeschieden war, wußte er, daß es nicht ausreichen würde, seinen Tod nur vorzutäuschen.
    Es stimmte, daß Cyrion Fertigkeiten beherrschte, die manchmal den Nomaden, dann wieder den Propheten und Zauberern oder irgendwelchen anderen Leuten zugeschrieben wurden, Fertigkeiten, die allgemein für Zauberei gehalten wurden und zu denen es auch gehörte, das Fleisch dem Willen zu unterwerfen. Es gab mehrere Methoden, um einen scheinbaren Tod zu bewirken, aber nur eine Möglichkeit, den wirklichen physischen Tod herbeizuführen, einen Tod der - vorausgesetzt, Gehirn und Körper waren gesund und außerordentlich gut aufeinander abgestimmt - zeitlich begrenzt war und durch den Willen des Betreffenden rückgängig gemacht werden konnte. Diese Methode bediente sich der natürlichen Körperelektrizität in Rückenmark und Gehirn, die bei den Nomaden unter der Bezeichnung>die SchlangeGeschöpf<, das aus reiner Energie bestand, konnte ein Meister dieser Kunst aus den Nervensträngen herauslösen und seinem Willen untertan machen. Die gebündelte Elektrizität, die wie eine zustoßende Schlange durch das Rückenmark aufstieg, erreichte schließlich das Gehirn und kam dort zur Entladung. Die Wirkung ähnelte der eines Blitzschlags. Das Herz blieb stehen, und alle Körperfunktionen erstarben. Jeder Arzt mußte den Menschen für tot halten, insbesondere da der Körper auch auf die ausgeklügeltsten Methoden, die jemals entwickelt wurden, um den Tod zu bestätigen, nicht reagierte.
    Das Bewußtsein allerdings blieb bestehen. Zuerst natürlich war es betäubt und erloschen wie eine Kerze. (Und bei dem Ungeübten blieb es so, bis es schließlich kein Zurück mehr gab.) Cyrion, ein Meister, dessen Fähigkeiten für sich selber sprachen, war nach kaum einer Stunde wieder bei vollem Bewußtsein und beobachtete von dem verdunkelten Wachtturm seines Kopfes, was um ihn herum vorging. In dem Augenblick, als die Untersuchungen beendet waren und zweifelsfrei feststand, daß der Tote wirklich tot war, erweckte er seinen Körper zu einem verhaltenen, unauffälligen Leben. Jetzt, hätte es jemand versucht, war ein Herzschlag zu spüren, wenn auch nur schwach und langsam. Außerdem hätte sich herausgestellt, daß er atmete, aber nur, wenn man ihn noch einmal auf das Sorgfältigste untersucht hätte. Aber zu dem Zeitpunkt hatte jeder, von dem man annehmen konnte, daß er den Leichnam untersuchen würde, dieses bereits getan. Und um mit den Worten der Nomaden zu sprechen: Wer trägt schon Sand in die Wüste?
    Also wartete Cyrion eine ganze Nacht, einen Tag und noch eine Nacht an der Grenze zwischen Leben und Tod und wurde wie ein Leichnam behandelt. Diesen gerade so eben noch atmenden Leichnam warf man dann in das übelriechende Grab von Onkel Gerris und legte die Steinplatte wieder darüber.
    Zu erraten, wohin man ihn verschwinden lassen würde, war nicht so schwierig gewesen. Eliset selbst hatte den leeren Platz in

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