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Cyrion

Cyrion

Titel: Cyrion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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endgültigen Tod aus.
    Dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit gleichfalls dem Tor zu, um zu sehen, wer oder was sich da näherte.
    Die Ankömmlinge ließen die Obsthaine hinter sich und kamen in schnellen Trab heran. Es waren neun Berittene in Gruppen zu je drei Mann. Ihnen voran ritten zwei Männer auf ausgezeichneten Pferden, von denen der eine zwar kaum hübsch zu nennen, aber ein ausgezeichneter Reiter war; denn er schien mit seinem Pferd wie verwachsen. Der andere hing im Sattel wie ein nasser Sack und machte einen äußerst unvorteilhaften Eindruck, wie er da bei jedem Schritt des Pferdes auf und nieder hüpfte, trotz seiner kostbaren Kleider und der funkelnden Ringe. Die Sonne umgab sein Haar mit orangefarbenem Schimmer.
    Jhannas Herz krampfte sich zusammen, als hätte man es in kochendes Wasser getaucht. Und sie sehnte sich verzweifelt nach dem Amulett aus grünem Stein, mit dem sie sich vor Geistern schützte.
    Der Söldner sprach zuerst. Mit einem zwei Tage alten dichten Bart war er für jeden unkenntlich, der ihn vorher als Diener oder erfolglosen Mörder gesehen hatte. Umgekehrt allerdings war dem Söldner Flor bis zum Überdruß vertraut.
    Mit sichtlichem Widerwillen wandte er sich an die zwei Bengel, mit denen er sich bei seinem ersten Besuch herumgeprügelt hatte; denn wieder war außer ihnen niemand zu sehen - Mevary und Jhanna hatten sich zurückgezogen.
    »Geht zu eurem Herrn und eurer Herrin und sagt ihnen, daß Fürst Roilant angekommen ist.«
    Die Bengel zeigten diesmal keine Neigung, sich zu prügeln.
    Sie starrten den dicklichen jungen Mann mit den ingwerfarbenen Haaren an und rannten schließlich davon.
    Bei einem flüchtigen Blick hätte man wahrscheinlich kaum sagen können, wer nervöser aussah, Harmul und Zimir oder Roilant.
    Aus den Gängen, Höfen und Zimmern des Hauses ertönte jetzt ein fürchterliches Durcheinander von angstvollen Rufen und Türenschlagen. Nach einiger Zeit kam Zimir wieder zum Vorschein. Er blieb unter der Tür stehen, winkte Und ergriff dann wieder die Flucht.
    Roilant stieg vom Pferd. Er stellte sich nicht ganz so ungeschickt an wie Cyrion es getan hatte, als er seine Rolle spielte. Aber beinahe. Drei von den neun Berittenen stiegen gleichfalls ab. Die übrigen sechs blieben im Sattel und behielten ihre Haltung drohender Wachsamkeit bei. Obwohl das Tragen von Rüstung streng verboten war, außer man zog mit seinen Männern aus, um unter dem Oberbefehl des Königs das Reich zu verteidigen, trugen diese Männer ärmellose Westen aus gestepptem Leinen, die nicht einmal ein Pfeil durchschlagen konnte, dazu eiserne Helme, Schwerter und Dolche. Auf der Brust trugen sie das Wappen der Beucelair aus Heruzala. Sie waren Roilants Leibwache, bis an die Zähne bewaffnet und offensichtlich durchaus fähig, einen Mord zu begehen.
    Roilant, den Söldner und drei seiner Leibwächter im Gefolge, zwängte sich durch die halb offenstehende Tür und trat durch den Gang in den Innenhof.
    Mevary stand neben einem der ausgetrockneten Brunnen. Unter der Sonnenbräune sah er etwas gelb aus, aber er machte eine übertrieben ehrerbietige Verbeugung, richtete sich auf und rührte sich nicht vom Fleck. Wieder und wieder glitten seine Augen über Roilants Gestalt. Trotz Cyrions taktvollen Bemerkungen unter der Buche hatte er in seiner Aufmachung Roilant ähnlich genug gesehen, um unter diesen Umständen gelindes Entsetzen hervorzurufen.
    »Ihr dort«, meinte der Söldner. »Seid Ihr Mevary von Flor?«
    »Vielleicht«, gab Mevary zurück. »Aber ich würde gerne erfahren, wer das ist, und warum er nicht für sich selber sprechen kann.«
    Roilant fühlte sich getroffen und etwas von der ärgerlichen Entschlossenheit, die ihn hier hergeführt hatte, kehrte zurück.
    »Ich kann sprechen. Ich bin Roilant, dein Cousin.«
    Mevarys Lider zuckten. Dann lächelte er.
    »Wir haben dich schon vor einigen Tagen erwartet.«
    »Und ich bin schon vor einigen Tagen angekommen oder nicht?«
    Mevary erstarrte, nahm sich zusammen und wedelte mit einer Hand durch die Luft.
    »Tatsächlich?«
    »Ihr habt jedenfalls angenommen, daß ich es war. Ein Mann, der sich meines Namens bediente und in etwa so aussah wie ich.«
    Mevary holte tief Atem und ließ sich auf ein Wagnis ein.
    »Du meinst«, sagte er behutsam, »das war ein Hochstapler?«
    »Nein. Er war mein Stellvertreter. Er kam her, um vor dir und unserer Cousine -« Roilant geriet ins Stocken, brachte den Namen aber doch heraus, »Eliset meine Rolle zu spielen. Er

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