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Cyrion

Cyrion

Titel: Cyrion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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zeigte ihm einen Teil der Wüste, der eine Meile von der Oase entfernt war. Über den heißen Sand wanderte ein anderer Mann, nach Westen, in dieselbe Richtung wie der Tag. In Richtung des Turmes.
    Der Wanderer war jung, groß, schlank und trug das schwarze, weite Gewand der Nomaden. Ein Schwert in einer Scheide aus rotem Leder hing an seiner rechten Seite. Aber sein weißgoldenes Haar, auf dem die Sonne Funken sprühte, und das fast unglaublich schöne Gesicht, versetzten den Beobachter im Turm in Unruhe. Propheten waren aus der Wüste gekommen, strahlend, schön und furchtbar. Propheten und Dämonen.
    Etwas bewegte sich am Fuß des Turmes, nahe der verschlossenen und verriegelten Tür. Juved, der Beobachter, kümmerte sich nicht darum; denn er hatte sich daran gewöhnt und kannte die Ursache der Bewegung nur zu gut.
    Bald würde der junge Mann aus der Wüste die Oase erreichen und was sich da bewegte, würde hervorkommen. Es würde ein entsetztes Herumwirbeln geben, einen Schrei der Überraschung. Stahl würde aus der roten Lederhülle springen, die letzten Sonnenstrahlen einfangen. Rotes Blut würde im Sand versickern. Und dann, für kurze Zeit, würde Juved Frieden haben.
    Die letzte Wasserstelle war verseucht gewesen, mit Salz. Ein solcher Frevel an dem kostbarsten Gut der Wüste kam selten vor. Nur wenige Männer würden ein dermaßen gemeines Verbrechen riskieren. Die Strafe der Nomaden für ein solches Vergehen war furchtbar.
    Als Cyrion klar wurde, daß das Wasser ungenießbar war, hatte er das gebräuchliche Warnzeichen an der Quelle hinterlassen und war weitergezogen. Gewisse Fähigkeiten, die er sich bei den Wüstenvölkern angeeignet hatte, befähigten ihn, die Lage der nächsten Oase ausfindig zu machen, aber dies geschah mit dem bitteren Geschmack von Salz im Mund und einem Ausdruck in seinen langbewimperten Augen, der eigentlich nur als Zorn gedeutet werden konnte. Es war sein zweiter Tag ohne Wasser, ein Spiel zwischen ihm und dem Tod.
    Als er die zweite Oase erreichte, blieb er am Rand der Oleanderbüsche stehen. Er musterte das Wasser, Bäume, Turm. Ob ihm etwas entging, war nicht zu merken.
    Er ging zu dem kleinen runden Teich, kniete nieder, senkte den Kopf und schöpfte sich Wasser mit der ringgepanzerten Linken.
    Hinter ihm bewegte sich etwas zwischen den Stämmen der Palmen.
    Ein Geschöpf, groß, ungeschlacht und abscheulich weiß, huschte lautlos aus den Schatten ins Licht.
    Cyrion trank weiter. Waren seine Schöpfbewegungen langsamer geworden, hatte seine Haltung sich verändert? Man konnte darüber streiten.
    Ein Schatten fiel über den Teich. Sofort war Cyrion drei Meter weit weg von dem Fleck, an dem er eben noch gekniet hatte. Während genau an diesem Fleck etwas niederstürzte. Als das Geschöpf merkte, daß es Cyrion verfehlt hatte, schrie es vor Wut, sprang auf und warf sich herum, auf der Suche nach dem Mann, den es mit seinen riesigen, bleichen Händen hatte packen wollen.
    Cyrion, die geflohene Beute, stand regungslos, das Schwert nachlässig in der Rechten. Sein Gesicht verriet nichts als nur gelinde Überraschung über das, was da vor ihm stand, ein Geschöpf, das zweifellos der tiefsten Hölle entsprungen war.
    In mancher Beziehung erinnerte es an einen Menschen, außer daß es zu groß war, beinahe drei Meter hoch, und außerdem zu mager, um noch lebensfähig zu sein. Aber ganz offensichtlich lebte es. Die Hautfarbe war ein scheußliches, fahles Weiß, eigentlich unmöglich in diesem Land und unter dieser Sonne. Weißliches Haar flatterte wie eine Fahne um seinen Schädel. Seine Augen - denn es hatte Augen - flammten in gieriger Mordlust. Es hatte keine Waffen außer seinen spitzen Krallen, die Waffe genug waren.
    Nach kurzem Zögern, wie um den Gegner absichtlich durch seinen Anblick zu erschrecken, stürzte es sich wieder auf Cyrion.
    Und wieder befand sich Cyrion nicht mehr an dem Punkt, auf den der Angriff gezielt war. Statt seiner umarmte der Unhold eine Palme und stieß einen neuen Schrei der Wut aus. Das herrliche Schwert blitzte und vollführte einen Schlag, der das Geschöpf buchstäblich in zwei Teile hätte spalten können. Aber das Schwert, obwohl es mühelos durch das nachgiebige Fleisch schnitt, traf weder festes Gewebe noch Knochen, verursachte keine Blutung und keine Wunde.
    Cyrion sprang außer Reichweite, als der lebende Schrecken sich umdrehte.
    Nur eine Daumenbreite von Cyrions Kehle entfernt, fetzten schwarze Krallen durch die Luft. Und ein zweites Mal

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