D9E - Die neunte Expansion 01: Eine Reise alter Helden (German Edition)
Stimme hatte einen fast vorwurfsvollen Ton, als hätte Skepz sie mit Dingen konfrontiert, die sie als lästig oder anmaßend empfand. »Diese Antworten führen uns nicht weiter.«
»Uns als Einzelpersonen vielleicht nicht, denn sie haben erst mal keine Auswirkung auf unser tägliches Leben«, gab Skepz zu, bemüht, die Wogen zu glätten, ehe die See richtig rau werden konnte. »Aber wir alle – als Menschheit … ich meine, wollen wir so bleiben, weitere Jahrhunderte? Genügsam, entspannt, ruhig, wir leben so vor uns hin, machen ein wenig hier und ein wenig da, schauen mehr nach innen als nach außen, setzen uns keine großen, gemeinsamen Ziele mehr? Wohin führt uns der Weg als Volk, als Idee einer interstellaren Zivilisation? Ist das unser Beitrag zum Universum? Ist das die Art, wie wir mit uns selbst umgehen wollen?«
Sebastian hob die Hände. »Noch mehr Fragen, die wir nicht beantworten können. Aber wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann läuft es doch darauf hinaus: Was ist uns wichtiger – die Sicherheit und der relative Wohlstand, den wir genießen, oder die Freiheit, da draußen Risiken einzugehen und etwas zu erreichen, was auch immer das sein mag?«
Er hatte Schwierigkeiten, das zu formulieren, stockte ein ums andere Mal. Doch er sprach es aus, weil es sich logisch aus den Worten von Skepz ergab und weil es den Punkt genau traf – und er kein Idiot war, der die Wahrheit nicht erkannte.
Skepz nickte.
»Wir haben unsere Freiheit gegen Sicherheit eingetauscht«, sagte sie. »Nicht notwendigerweise unsere individuelle Freiheit, deswegen tut es uns ja auch nicht so wahnsinnig weh und ist uns nicht bewusst. Aber unsere Freiheit als Zivilisation. Wir hatten keine Wahl. Der Krieg war verloren. Ich werfe es niemandem vor. Aber jetzt sind 500 Jahre vergangen. 500! Und es hat sich nichts geändert! Wir tauschen immer noch, durch unser Leben hier, die Freiheit gegen Sicherheit ein.«
Sie beugte sich nach vorne, die Stimme eindringlich.
»Wenn wir das tun, haben wir uns die Sicherheit eigentlich redlich verdient? Oder kommt Ihnen dieser Handel nicht auch … falsch vor?«
Jamaica wechselte einen Blick mit ihrem Mann, immer noch innerlich unruhig, aber jetzt doch ein wenig entspannter als vor ein paar Minuten. Sie sagten beide nichts, für eine ganze Weile, dann seufzte Sebastian und lächelte Skepz an.
»Noch einen Tee, liebe Kusine?«
Direktor Olson lehnte sich in seinem breiten Ledersessel zurück und schaute durch die Panoramascheibe auf die Skyline von Beijing. Die kleine, gedrungene Gestalt von Sicherheitsminister Bi Rong, der in seinem maßgeschneiderten Anzug immer wie ein Preisboxer aussah, der sich bei seiner eigenen Hochzeit fehl am Platze fühlte, saß regungslos auf einem Sessel und wartete ab. Bi Rong, das war die Ironie, war einmal Profiboxer gewesen, ehe er sich zu einer politischen Karriere entschlossen hatte, die er mit der gleichen Hartnäckigkeit verfolgt hatte, wie er seine Gegner durch den Ring trieb. Olson hatte den Mann chinesischer Abstammung für seine eigene Wahlkampagne entdeckt und ihn belohnt, als er gewählt worden war. Das Amt des Sicherheitsministers war delikat, und es führte dazu, dass man von Dingen wusste, die normale Bürger niemals erfuhren.
Oder mit denen man sie nicht belästigen wollte.
Die dritte Person, die sich in Olsons geräumigem und stilsicher eingerichtetem Büro eingefunden hatte, war Mediator Manoldi. Auch er war, wie immer, tadellos gekleidet, wenngleich weniger formal als der Minister. Olson selbst schätzte mehr den legeren Auftritt, vor allem dann, wenn er sich zu einem Gespräch mit altvertrauten Teilnehmern einfand. Manoldi gehörte nicht zum engsten Kreis um Olson, aber er war so oft für die Regierung tätig gewesen, dass der Direktor ihm vertraute. Manoldi war außerdem politisch neutral, wie jeder seiner Profession. Obgleich Olson solchen Leuten immer mit Misstrauen begegnete – er zog es vor, die Welt in Freunde und Feinde zu unterteilen –, wusste er doch, dass dies für einen Mediator eine wichtige Voraussetzung war.
»Also, Manoldi – was sagen Ihre Augen und Ohren?«
Der Mediator wechselte einen stummen Blick mit Bi Rong, der diese Frage ebenso hätte beantworten können, nicht zuletzt deswegen, weil Manoldi und sein Adjukator auf die Infrastruktur des Sicherheitsministeriums zurückgriffen, um ihre Arbeit zu erledigen. Aber der Direktor hatte natürlich recht. Formal zuständig für diese Angelegenheit war erst einmal der
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