Da haben wir den Glueckssalat
sitzt am Küchentisch mit einer heißen Schokolade und liest in ihrem Buch.
» Weißt du was?«, sage ich, » vielleicht gibt es doch etwas, für das man kämpfen sollte. Für seine Freunde.«
8
Als ich auf der Ludlow Street, Ecke Grand Street aus dem Taxi steige, kann ich bereits den Lärm hören– die Party scheint in vollem Gange zu sein. Oben aus einem dreistöckigen Gebäude dröhnt Musik. Auf dem Balkon und der Feuertreppe drängen sich Menschen. Ich denke, ich bin hier richtig.
Auf dem Weg in die dritte Etage muss ich über knutschende Pärchen steigen. Ein Typ brüllt in sein Handy: » Ich sagte, du sollst die verdammten Corn Dogs mitbringen!«
Gleich darauf betrete ich die Wohnung. Die Beleuchtung ist schummrig, meine Augen brauchen einen Moment, um sich daran zu gewöhnen. Ich sehe tanzende Menschen und eine Fünf-Mann-Band, die einen Song von OK Go spielt. Aber keine Angie.
Die Wohnung ist klein, verqualmt und überfüllt mit, wie ich annehme, Leuten aus der europäischen Musik- und Modebranche– viele hagere Männer mit tief ausgeschnittenen Shirts und beleidigt wirkende Frauen mit übertrieben dick aufgetragenem Eyeliner.
Ich mache mich auf die Suche nach Angie. In der Küche ist sie nicht, auch nicht in einem der anschließenden Zimmer. Schließlich gelange ich in einen Raum, in dem Französisch gesprochen wird. Ein Mann fotografiert zwei Frauen in meinem Alter, die auf dem Bett miteinander herummachen (bah), weiter hinten sitzen ein paar Typen an einem Glastischchen und ziehen Koks.
Und dann sehe ich Angie– das heißt, ihre Schuhe, ihre Lieblingspumps von YSL , die sie ihrer Mutter geklaut hat. Sie schauen hinter dem Bett hervor. Ich bahne mir einen Weg dorthin. Angie liegt auf dem Boden, eine weiße Puderschicht um ein Nasenloch. Merde!
» Angie! Angie, hörst du mich?«
Wenigstens atmet sie. Ich versuche, sie aufzusetzen, aber sie sackt zurück auf den Boden.
» Gehört die zu dir? Wir kennen sie nämlich nicht«, sagt einer aus der Runde affektiert. » Trotzdem, mit der kann man Spaß haben.«
» Ja, sie gehört zu mir, Arschgesicht«, entgegne ich giftig. » Und wir gehen jetzt.«
Angie beginnt sich zu regen.
» Piiiyaaa…« Ihre Stimme klingt krächzig. » Meine Lieblingsfreundin…«
» Richtig erkannt, Herzblatt«, sage ich, bevor ich sie halb trage, halb aus dem Zimmer schleife. Wir verlassen die Wohnung und gehen langsam die Treppe hinunter.
» Ich fühl mich richtig aufgeputscht«, sagt Angie. » Mein Herz rast.«
» Ja, so was kommt vor, wenn man gekokst hat.«
Als wir das untere Ende der Treppe erreichen, kann Angie schon fast wieder allein gehen, doch plötzlich wird sie von einem Paar, das zur Tür hereinstürzt, umgerannt. Angie keucht auf. Es ist der Typ, mit dem sie sich am Nachmittag auf dem Flohmarkt gestritten hat, der so aussieht wie ein Franzose. Und er ist in Begleitung einer schönen dunkelhaarigen Frau.
» Verzeihung«, sagt der Mann höflich. Sein Blick streift uns ohne ein Zeichen des Wiedererkennens.
» Wichser«, murmelt Angie leise und rappelt sich wieder hoch. Sie schiebt meinen stützenden Arm weg und sieht den beiden wütend nach. » Ich rede mit dir! Hörst du?«
Die Frau legt die linke Hand (mit einem großen, funkelnden Diamantring am Ringfinger) auf den Rücken des Mannes, während sie ihm nach oben folgt.
Er ist… verheiratet?
Draußen auf der Straße schiebt Angie meinen Arm weg, hockt sich auf die Bordsteinkante, beugt den Kopf zur Seite, wirft ihre langen hellblonden Haare über die Schulter (das Einmaleins des praktischen Kotzens) und fängt an zu würgen.
Ich setze mich rasch neben sie, halte ihre Haare zusammen und streichle ihren Rücken. Sie zittert, Tränen kullern über ihr Gesicht.
» Ist gut… ist gut…«, sage ich immer wieder wie eine Beste-Freundin-Sprechpuppe zum Aufziehen.
» Ist es nicht«, flüstert sie, bevor sie sich erneut übergibt.
Samstagnacht um zwölf zuckt auf den überfüllten Straßen der Lower East Side niemand auch nur mit der Wimper beim Anblick einer jungen Frau, die in den Rinnstein kotzt. Ich versuche mich zu erinnern, wann ich das letzte Mal eine solche Attacke auf der Straße hatte. Das ist schon länger her, jetzt, wo ich darüber nachdenke. Seit ich die Finger von diesen Alkopops lasse. Ein Hoch auf mich.
» Es geht wieder«, sagt Angie nach einer Weile. » Danke, dass du mich gerettet hast.«
» Jederzeit gern.«
Ich halte ein Taxi an, und wir steigen ein. Angie tut so, als würde sie
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