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Da muss man durch

Titel: Da muss man durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Rath
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knirscht.
    Wieder Stille, hoffentlich habe ich nichts Wichtiges verpasst.
    |108| Habe ich nicht, denn nun höre ich Timothy sagen: «Ich habe recht, oder? Es ist wegen Paul. Seinetwegen hattest du in der
     Nacht vor unserer Hochzeit plötzlich Bedenken, mich zu heiraten.»
    Fast rutscht mir erneut mein Abhörglas aus der Hand. Ich wünschte, Iris würde einfach alles abstreiten, aber vor meinem
     geistigen Auge kann ich sie nicken sehen. Dann höre ich, wie sie leise sagt: «Ja. Es ist wegen Paul.»
    Wieder Stille.
    «Hattet ihr   … ich meine   … habt ihr   …», beginnt Timothy.
    Iris, du musst ihm das nicht sagen. Ich werde schweigen wie ein Grab, und nebenbei würde es auch nichts ändern, wenn dein
     Mann wüsste, dass wir Sex hatten.
    «Ja», erwidert Iris leise. «Aber ich habe mich für dich entschieden. Und das ist alles, was zählt.»
    Ich höre ein leises Knirschen, dann rutsche ich an der Wand ab und spüre einen heftigen Schmerz im Ohr.
    Ich brauche fast eine halbe Stunde, um die Glassplitter zu entfernen und die Wunde zu versorgen. Dadurch verspäte ich mich
     zum Abendessen. Das ist aber insofern nicht weiter tragisch, als die Stimmung bei Tisch heute sowieso zu wünschen übriglässt.
     Besonders mein neuer Finanzvorstand ist überhaupt nicht zum Plaudern aufgelegt.

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    |109| Is kalt hier
    Je näher wir der Stadt kommen, desto wohler fühle ich mich. Es ist kalt, bewölkt und ungemütlich, trotzdem freue ich mich
     darauf, das Meeresrauschen und die malerischen Sonnenuntergänge von Mallorca gegen den Verkehrslärm und den Dreck meiner
     Stadt eintauschen zu können. Ich öffne das Fenster und atme ein, als stünde ich auf einer Bergwiese.
    «Muss das?», fragt Schamski. «Is kalt hier.»
    Ich antworte nicht, sondern ziehe die Herbstluft in die Nase, bis der Taxifahrer wortlos einen Knopf drückt und das Fenster
     zusurren lässt. Ich will es gleich wieder öffnen, aber der Fahrer hat bereits die Kindersicherung aktiviert. Gut, dann also
     kein Trinkgeld.
    Zuerst werde ich meinen Hund abholen, dann werde ich Lammkoteletts kaufen und sie mit einer Flasche Rotwein und einem möglichst
     anspruchslosen Film herunterspülen. Fred kriegt ein paar Markknochen, obwohl er die nach der Geschichte mit den Rottweilern
     eigentlich nicht verdient hat, aber zur Feier unseres Wiedersehens will ich mal ein Auge zudrücken.
    Falls Fred sich freut, mich wiederzusehen, lässt er es sich nicht anmerken. Während ich Lisa begrüße, bleibt mein Hund
     ungerührt vor der Heizung liegen. Ich habe nicht damit gerechnet, dass er mir schwanzwedelnd und kläffend |110| entgegenläuft, weil das nun wirklich nicht seine Art ist, aber eine winzige Reaktion fände ich schon angebracht, nachdem
     ich tagelang weg war.
    Während Lisa einen Kugelschreiber sucht, um für mich Gordons Telefonnummer zu notieren und sich nebenbei dafür entschuldigt,
     dass sie in Eile ist und deshalb auch keine Zeit für einen Plausch hat, erhebt sich Fred gemächlich, streckt sich, schlufft
     zu mir herüber und stellt sich neben mich.
    «Du bist ganz schön abgebrüht», sage ich. Fred ignoriert den Vorwurf.
    Ich sehe, dass eines seiner Ohren umgeklappt ist, und erinnere mich daran, dass er eine Wunde beim Kampf mit den Rottweilern
     davongetragen hat. Als ich mich bücke, um mir die Verletzung genauer anzusehen, stelle ich fest, dass Freds halbes Ohr
     keineswegs umgeklappt ist, vielmehr fehlt es schlicht. Erstaunt schaue ich mir Freds Restohr an.
    Lisa erscheint und sieht, dass ich meinen Hund begutachte. «Ich wollte dich nicht beunruhigen   …», beginnt sie.
    «Wo ist sein halbes Ohr?», unterbreche ich perplex.
    «Ich hab dir doch erzählt, dass die Rottweiler ihm ein Stück abgebissen haben.»
    «Ja, du hast gesagt: ein Stück», erwidere ich. «Aber ihm fehlt das halbe Ohr. Mein Hund hat nur noch anderthalb Ohren.»
    «Ganz so schlimm ist es nun wieder auch nicht», beschwichtigt Lisa.
    «Natürlich ist es so schlimm», motze ich. «Sein halbes Ohr ist weg. Er sieht total scheiße aus!»
    «Er war auch vorher keine Schönheit», erwidert Lisa.
    Fred blickt zu ihr rüber und wirkt konsterniert.
    «Wahrscheinlich hört er jetzt auch nur noch die Hälfte.»
    |111| Lisa schüttelt den Kopf. «Der Arzt hat gesagt, rein physiologisch gesehen ist das kein Problem. Fred hört genauso gut wie
     vorher. Und es ist alles prima verheilt. Außerdem kann man das ja kaschieren   …»
    «Wie denn kaschieren?», grätsche ich rein.

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