… da war'n es nur noch drei - Disconnected ; 1
Egal, wie sehr sich Jonathan danebenbenommen hat – Livs Verliebtheit hat sich garantiert nicht in Luft aufgelöst in der Zeit, die es dauert, ein Bier zu holen.
„Ja.“
„Okay.“
„Aber damit muss ich jetzt eben einfach aufhören.“
„Jetzt sage ich wahrscheinlich wieder was Dummes. Aber vielleicht hat er euch beiden einen Gefallen getan?“
„Vielleicht.“
Zehn Minuten später spielen ihre Finger mit meiner rechten Hand. „Warum hast du eigentlich keine Freundin, Mateus?“
„Ist man denn gesetzlich dazu verpflichtet?“
„Hättest du denn gerne eine?“
„Schon, aber nicht irgendeine ...“, antworte ich und lasse meine Finger über ihren Handrücken gleiten.
„Wie sollte sie denn sein?“
Mit einem Mal begreife ich, dass Liv es weiß. Sie ist ja weder taub noch blind; sie hat nur so getan als ob, weil sie nicht an mir interessiert war. Aber Liv weiß genau, dass ich was von ihr will, sonst würde sie nicht ihre Finger mit meinen verschränken, und hätte nicht so mit mir getanzt. Bestimmt weiß sie es schon den ganzen Sommer.
Ich ziehe ihre Hand zu mir. „Wenn es ein Mädchen wäre, dasgroß und blond und wahnsinnig nett und so hübsch ist, dass es wehtut ... dann könnten wir drüber reden.“
Sie legt ihren Kopf an meine Schulter. Ich nehme all meinen Mut zusammen und lege meinen Arm um sie. Ziehe sie an mich und spüre ihren Atem an meinem Hals, als sie den Kopf hebt und mich direkt unter dem Ohr küsst. Die Sofakissen rutschen auf den Boden, und wir mit ihnen. Plötzlich liegen wir mit verknoteten Armen und Beinen dicht beieinander, und nichts auf der Welt scheint richtiger, als Liv zu küssen. Unten hört abrupt die Musik auf. Die Party ist beendet, aber wir sind gerade erst am Anfang, denn Liv zieht ihre Bluse aus und legt sich auf mich. „Mateus?“
„Ja?“
„Du bereust es doch nicht plötzlich, oder?“
Ich nehme ihr Gesicht zwischen meine Hände und küsse sie. Sie zieht mich auf sich. Livs Körper unter meinem, ihre Beine um mich herum. Wie kann sie auch nur im Entferntesten glauben, dass ich sie gehen lassen will? Ich bin nicht Jonathan. Ich halte sie so fest, dass wir es kaum schaffen, uns auszuziehen. Ich lasse sie nicht wieder los.
Glück.
Und zwar massenweise.
Okay, vielleicht nicht unbedingt im Wohnzimmer, wo meine Eltern sich streiten, aber hier oben in meinem Dachzimmer ist genug für alle da. Das Glück schiebt meine Augenlider sanft nach oben, hebt mich aus dem Bett und lässt mich zum Computer schweben. Dann verweilt das Glück lange bei meinem Facebook -Status. Ich hatte schon seit Wochen keine Lust mehr, ihn zu aktualisieren, weil ich rein gar nichts Cooles zu erzählen hatte. Aber jetzt ...! Ich habe den Rest der Welt überholt! Ich war mit Liv im Bett. Wir hatten Sex! Fantastischen, fabelhaften, zum Sterben schönen Sex!
Es war nicht mein erstes Mal, denn wenn man es genau nimmt, war ich schon einmal bei einem Mädchen aus meiner Klasse bis ins Ziel gekommen. Aber diese ungeschickten und in vielerlei Hinsicht so peinlichen und halbherzigen Minuten auf dem Klo einer schwedischen Jugendherberge sind nichts gegen die zwei Stunden im Himmel mit Liv. Es ist, als würde man ein verregnetes Regionalligaspiel mit einem WM-Finale zwischen Brasilien und Argentinien vergleichen. Oder einen Bach in Jütland mit den Niagarafällen. Beides ist Fußball, beides sind Gewässer – ABER ES IST NICHT DASSELBE!
Ich klicke mit dem Pfeil in das Statusfeld.
Mateus hat eine Nacht inklusive Liv verbracht! Massenhaft Liv!
Okay, vielleicht etwas gewagt, aber ich wüsste auch nicht, warum ich es geheim halten sollte. Jonathan ist nicht mehr mit Liv zusammen, und die ganze Klasse hat uns gestern auf der Tanzfläche gesehen. Jetzt können die Leute die Statusmeldung selbst deuten und entscheiden, wie weit wir ihrer Meinung nach gekommen sind.
In meinem Posteingang liegt eine Mail von meinem Chef von der Zeitungsfirma. Er teilt kurz und beleidigt mit, dass ich morgen nicht zu kommen brauche. Ich bin mit sofortiger Wirkung gekündigt. Mir ist es recht; das Glück bekommt keine Risse, wenn ich daran denke, dass ich den größten Scheißjob der ganzen Stadt verloren habe, und wenn ich mehr Zeit mit Liv verbringen werde, schaffe ich es sowieso nicht mehr, am Wochenende noch Zeitungen durch die Gegend zu schleppen. Ich lösche die Mail und laufe nach unten. Während ich unter der Dusche stehe, überlege ich mir den Wortlaut meiner ersten SMS. Liv soll natürlich erfahren, wie
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