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DAEMON

DAEMON

Titel: DAEMON Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Suarez
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rechts ein. Fahren Sie dann weiter bis zum Stoppschild am Ende der Straße   …»
    Er fuhr aus der Garage. Ihre Stimme lotste ihn Schritt für Schritt durch den Ort und zur Interstate. Er behielt den Rückspiegel im Auge, um festzustellen, ob er verfolgt wurde. Damit hatte er Erfahrung aus seiner Zeit als Dealer. Aber hier war so gut wie niemand auf der Straße.
    «Wechseln Sie auf die linke Spur und nehmen Sie die Auffahrt auf die Interstate 1 0-Ost .»
    Mosely überlegte schnell. Er hatte Geld. Einen schnellen Wagen und einen Ausweis. Vielleicht konnte er ja eine gewisse Entfernung zwischen sich und diese Leute bringen – oder es sogar bis nach Mexiko schaffen. Es war so klar, dass sie ihn reinlegen wollten. Er konnte das nicht länger mitmachen.
    Mosely zog auf die rechte Spur hinüber, um die 1 0-West zu nehmen.
    Ihre Stimme kam wieder über die Freisprechanlage.
«Mr.   Moze-ly, gehen Sie auf die linke Spur.»
    Er fuhr weiter auf die Auffahrt West zu. «Sorry, Jane. Sie müssen sich einen anderen suchen.» Er unterbrach die Verbindung.
    Augenblicklich ging der Motor aus. Ruckelnd blieb der Wagen mitten auf der Straße stehen.
    «Verdammt!» Mosely versuchte ihn wieder anzulassen, während hinter ihm ein Redneck in einem Pick-up näher kam und laut hupte. Er hörte den Kerl förmlich fluchen, ehe er mit quietschenden Reifen um ihn herumzog und ihm den Mittelfinger zeigte. Mosely drehte wieder den Zündschlüssel, aber der Motor tat keinen Mucks. Nichts.
    In dem Moment klingelte das Autotelefon. Mosely sah sich um, ob da irgendwo Polizei war. Sie würden auf jeden Fall kommen, um ihm von der Straße runterzuhelfen. Er war aufgeschmissen. Mosely drückte die Telefontaste. «Okay, ich hab’s kapiert. Bitte lassen Sie den Motor wieder anspringen.»Ihre Stimme war unverändert.
«Nehmen Sie die linke Spur und fädeln Sie sich auf die 1 0-Ost ein.»
    Er versuchte es wieder, und sofort sprang der Motor an. Er gab Gas, zog auf die linke Spur hinüber und nahm dann die Auffahrt Ost. Der Wagen beschleunigte ruhig und mit beeindruckender Kraft. Aber Moselys Hände zitterten immer noch, und sein Adrenalinpegel war hoch. Er wollte nicht zurück nach Highland.
    Ihre Stimme kam über die acht Lautsprecher.
«Wenn Sie sich mir noch einmal widersetzen, werde ich das Satelliten-Antidiebstahlssystem dieses Wagens aktivieren. Es alarmiert die lokale Polizei und gibt seinen genauen Standort durch.»
    «Okay, Jane, ich hab Mist gebaut. Kommt nicht wieder vor.»
    «Fahren Sie weiter. Halten Sie sich mit einer Toleranz von fünf Meilen an die zulässige Höchstgeschwindigkeit und blinken Sie bei jedem Spurwechsel. Wenn Sie meinen Anweisungen zuwiderhandeln, gebe ich Sie Warmonk, Inc. zurück. Und bedenken Sie, Mr.   Moze-ly: Wenn ich Ihre Haftakte löschen kann, kann ich sie ebenso leicht erweitern. Lebenslänglich ohne Möglichkeit der vorzeitigen Entlassung auf Bewährung. Kinderschänder rangieren doch in der Gefängnis-Hackordnung ganz unten, nicht wahr?»
    Das ließ ihn bis ins Mark erschauern. Wieder ins Gefängnis zu müssen war eine Sache. Als Päderast dorthin zurückzukommen war eine ganze andere. Dann schon lieber sterben.
    «Haben Sie das verstanden?»
    «Ja.» Keine lockeren Sprüche diesmal. Sie hatte seine volle Aufmerksamkeit.
    Mosely hielt stur auf den fernen Horizont zu. Ein vorbeisausendes Schild sagte ihm, dass es 102   Meilen bis Houston waren.

26   Urteilsfindung
    Agent Roy Merritt stand in steifer Haltung da, den Blick geradeaus gerichtet, mit einer Hand auf seinen Krückstock gestützt. Sein Kinn und sein Hals überm Hemdkragen waren voller Brandnarben. Als er sich die Krawatte zurechtzog, waren auch die Narben auf seinem Handrücken nicht zu übersehen. Agent Roy Merritt. Niemand nannte ihn mehr «Tripwire». Die Männer, die es getan hatten, waren tot. Er hatte sie in den Tod geführt.
    Merritt fokussierte seinen Blick auf ein Wandgemälde: Arbeiter, die an einer glanzvollen Zukunft bauten. Das Bild im Art-déco-Stil der dreißiger Jahre war im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme des New Deal entstanden. Dieses ganze Gebäude war von erstklassigen Handwerkern und Künstlern geschaffen, armen Teufeln in den Klauen der Großen Depression. Die Ornamentendecke. Die getäfelten Wände und der eingelegte Granitfußboden. Der Raum hier war ein Meisterwerk. Ihre eigenen Träume hatten in Trümmern gelegen, aber sie bauten diesen Tempel der Demokratie. Seine Vorfahren hatten mehr ausgehalten, als er es

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