Dämon
schüttelte den Kopf. »Nein, Mann! Ich hab sie nicht angerührt! Jemand anderes hatte ihr die Kehle durchgeschnitten. Der verdammte Kopf ist ihr fast runtergefallen, wie bei einer von diesen Wackelpuppen. Ich hätte fast ’nen Herzanfall gekriegt, Mann!«
»Wer hat es getan?«
Saint zuckte die Schultern. »Keine Ahnung.«
»Five oder Q?«
»Nein.« Saint schüttelte den Kopf. »Sie waren beide oben, die ganze Zeit.«
»Und dann sind Sie nach oben gegangen?«
»Was?«
»Sie sind nach oben gegangen. Wir fanden Ihre Fingerabdrücke im zweiten Stock.«
»Ja, Mann, richtig. Ich bin nach oben gegangen. Nur Tote da oben.« Saint senkte die Stimme und beugte sich zu Jefferson vor. »Ich sag Ihnen, da war irgendwas im Haus!«
»Was meinen Sie damit? Irgendwas?«
Saint zögerte einen Augenblick und trommelte mit den Fingern auf dem Tisch.
Schließlich sagte er: »Haben Sie diesen Scheiß in meiner Wohnung gesehen?«
»Was denn?«, fragte Jefferson. »Die Kerzen und das alles?«
»Ja.«
»Was ist damit?«, meldete Brogan sich zu Wort. »Die Schale war voller Blut. Haben Sie das von den Leuten, die Sie umgebracht haben?«
Saint schüttelte angewidert den Kopf. »Nein. Es ist Hühnerblut.«
»Hühnerblut?«, wiederholte Brogan und lachte beinahe auf. »Das höre ich zum ersten Mal.«
»Heute Morgen ist meine Mom zu mir in die Wohnung gekommen. Sie hatte drei Hühner dabei. Lebende Hühner, die sie selbst hält«, sagte Saint langsam. »Ich weiß, was sie damit vorhat, ich hab’s schon mal gesehen, also leg ich Plastik auf den Boden, und Mom nimmt ihre Machete raus, schlachtet die Hühner und fängt das Blut in der Schüssel auf.«
Saint starrte mit zusammengezogenen Augenbrauen auf den Tisch. Dann wandte er sich zur Seite und fuhr sich mit den großen Händen übers Gesicht. Im Raum herrschte Stille. Jefferson wusste nicht, was er sagen sollte. Schließlich flüsterte Brogan: »Warum hat Ihre Mutter das getan?«
»Ich bin hier in Boston geboren«, sagte Saint. »Aber meine Mom kommt aus Haiti. Sie glaubt an Voodoo und den ganzen Scheiß. Meine Mom ist eine Mambo, eine Voodoo-Priesterin.«
»Eine Voodoo-Priesterin?«, wiederholte Brogan begriffsstutzig.
»Sie kennt les Invisibles .«
»Was ist das?«
»Die Geister der Toten. Sie kann mit ihnen reden.« Saints Augen weiteten sich, während er weitersprach, bis Jefferson das Geflecht aus winzigen Blutgefäßen in den weißen Rändern sehen konnte. Die Adern an seinen Armen und am Hals traten dick hervor. »Sie kann die Loa herbeirufen, die unsterblichen Geister der Toten, um die Lebenden gegen böse Geister und Dämonen zu schützen. Sie kommen herbei, um das Fleisch der Hühner zu essen, ihr Blut zu trinken und auf diese Weise Kraft zu gewinnen.«
»Schützen?«, fragte Jefferson. »Sie sind ein großer, starker Mann. Sie können sich selbst schützen.«
»Ich kann gegen einen Menschen kämpfen, aber …«
»Aber?«
»Aber …« Saint senkte die Stimme zu einem fast unhörbaren Flüstern. Die beiden Detectives mussten sich anstrengen, um etwas zu hören. »Ich schwöre es, Mann! Was ich in diesem Haus gesehen hab, war kein Mensch.«
Brogan stöhnte auf und lehnte sich gegen die Tür. »Hören Sie, Saint, wenn Sie uns auf den Arm nehmen, schaden Sie damit nur sich selbst.«
Saint blickte ihn verletzt an. »Ich nehme keinen auf den Arm, Mann! Da war irgendwas Böses in dem Haus, bevor wir reingegangen sind. Es hat diese Leute umgebracht, und auch Five und Q.«
»Aha«, machte Brogan. »Und wieso wurden all diese Leute umgebracht und Sie nicht?«
Plötzlich sprang Saint auf. Jefferson zuckte überrascht zurück.
Brogan duckte sich in Erwartung eines weiteren Ausbruchs wie ein Verteidiger, wenn ein Stürmer auf ihn zurennt. Stattdessen drehte Saint sich um, wandte den beiden Cops den Hintern zu und zog seine Hose herunter. »Sehen Sie sich das hier an. Was glauben Sie, woher das ist?«
Er zeigte auf eine Stelle hoch am Oberschenkel des linken Beins. Jefferson sah sich die Stelle an. Von der Mitte des Unterschenkelbeugers bis zur Wade verliefen drei parallele Schnitte. Sie sahen frisch aus, und das getrocknete Blut war immer noch nicht ganz verschwunden. Die Wunde war verbunden worden, doch die Verbände sahen aus, als wären sie bei der Auseinandersetzung während seiner Festnahme abgerissen. Blutige Gazestücke hingen lose an medizinischem Klebeband herab.
»Das da«, sagte Saint und deutete auf die Schnitte, »ist ein kleines Souvenir von diesem
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