Dämon
kletterte, und leuchteten mit ihren Taschenlampen die Decke, den Boden und die Wände ab. Diesmal bestanden sie nicht aus Stein, sondern aus Ziegeln und Mörtel, und die Decke bildete ein Gewölbe, dessen höchster Punkt viereinhalb Meter über dem Boden lag.
Josh Commons stand vor seinen Männern und hielt einen kleinen Herzschlagmonitor, ein Gerät, das ungefähr so groß war wie ein Taschenfernseher, mit einem hellgrün leuchtenden Flachbildschirm. Es maß die ultralangen elektromagnetischen Wellen, die der menschliche Herzschlag erzeugte, bis auf eine Entfernung von fünfzig Metern, sogar durch dicke Mauern und Beton hindurch. Das Gerät zeigte an, dass außer ihnen noch jemand irgendwo weiter vorn in der Dunkelheit war.
Die Schreie hielten immer noch an; auch sie kamen von weiter vorn. Die Männer bemühten sich, die Schreie zu ignorieren, falls man den Schrei eines Menschen, der zu Tode gequält wurde, überhaupt ignorieren konnte.
Einer der SWAT -Cowboys zeigte Anzeichen von Panik. Er atmete so schnell ein und aus, als hätte er soeben einen Marathonlauf hinter sich.
Vorn winkte Commons seinen Leuten, ihm zu folgen. Er hielt den Blick unverwandt auf die Richtungsangaben auf dem kleinen Schirm des Geräts gerichtet. Jefferson benutzte seine Taschenlampe nur widerwillig – das Licht bot jedem im Tunnel lauernden Angreifer ein unübersehbares Ziel. Trotzdem. Es war immer noch besser, als völlig blind zu sein.
Die Männer arbeiteten sich weiter voran. Commons ging über den Schirm gebeugt, als spiele er ein Videospiel. Sie gelangten an eine Abzweigung und hielten sich rechts, dann links. Jefferson hoffte nur, dass das Spielzeug auch den Weg zurück nach draußen anzeigte. Der Boden unter ihnen war übersät mit Stücken zerbrochener Ziegel, zerplatzt und zermahlen zu einer feinen Schicht aus Stein und Staub. Ihre schweren Stiefel erzeugten ein ununterbrochenes leises Knirschen.
Der Herzschlagmonitor piepste regelmäßig und stets in der gleichen Lautstärke. Sie alle folgten Commons und dem Gerät tiefer in die Tunnel hinein. Schatten tanzten über die Decke, auf unnatürliche Weise verlängert durch die gebogenen Wände. Plötzlich blieb Commons stehen und hob die Hände mit ausgestreckten Fingern. Einmal, zweimal. Zwanzig Meter.
Die Männer nahmen ihre Waffen von den Schultern und brachten sie in Anschlag. Dann setzten sie sich wieder in Bewegung. Der Sensor piepste und piepste. Nach und nach schälte sich das Ziel im flackernden Schein von sieben Taschenlampen aus der Dunkelheit.
Es war ein Mann. Er lag auf dem Rücken, und sein Kopf ruhte in stumpfem Winkel an der Wand. Er trug noch immer den schwarzen SWAT -Overall und hatte die Hände über dem Bauch gefaltet. Sein Gesicht war verschmiert mit Dreck und Blut. Lichtkegel zuckten hierhin und dorthin, voraus, nach hinten, über den Boden. Die Stimme in Jeffersons Kopf flüsterte immer noch: Falle. Falle. Falle.
Der SWAT -Cowboy drehte den Kopf und blickte seinen Teamführer aus halb geschlossenen Augen an. Auf dem Namensschild seines Overalls stand ross . Der Köder. Einer der beiden Ersten, die im Loch gesessen hatten. Commons beugte sich über ihn und maß seinen Puls mit Hilfe des Sekundenzeigers der Armbanduhr. Zwei Scharfschützen versuchten über Funk, mit der Außenwelt Kontakt aufzunehmen, doch aus den Lautsprechern drang lediglich Rauschen. Die Wände waren zu dick und verschluckten die Funkwellen. Gleichzeitig wurde Jefferson bewusst, dass niemand herkommen und ihnen helfen würde, falls hier unten etwas passierte.
Commons kramte in seinem Rucksack und suchte sein Erste-Hilfe-Päckchen. Ross hatte tiefe Schnitte im Bauch. Er war schwer, wenn nicht tödlich verletzt. Seine Lungen rasselten, und mit jedem Ausatmen drang schaumiges Blut über seine Lippen.
Die beiden Scharfschützen bemühten sich noch immer um Funkkontakt. Das laute statische Rauschen war nervtötend. Ross bewegte eine Hand und deutete an Commons vorbei auf irgendetwas an der Decke. Jefferson beobachtete wie hypnotisiert die Hand. Sie ballte sich zu einer Faust, nur der Zeigefinger war ausgestreckt und deutete nach oben.
Zur Decke.
Sie legten die Köpfe in den Nacken und starrten nach oben. Über ihnen wölbte sich die Decke. In einer Nische lauerte etwas Dunkles. Etwas, das sich bewegte. Es drehte sich herum, und ein Gesicht erschien. Ein Zischen ertönte, und spitze Zähne schimmerten im Licht der Taschenlampen. Augen funkelten. Jemand schnappte erschrocken nach Luft.
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