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Dämon

Dämon

Titel: Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Delaney
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keuchend nach Luft und spürte einen stechenden Schmerz an den Stellen, wo die beiden kleinen runden Narben auf seiner Brust waren. Schusswunden. Er kniff die Augen zusammen, als ihn die Erinnerung traf, eine flüchtige Erinnerung an einen weißen Strand, an Gewehrfeuer ringsum, an den Geruch von Blut und Salzwasser.
    »Alles in Ordnung mit dir?« McKennas Stimme kam von weit her.
    Jefferson hob die Hand.
    »Ja«, sagte er leise. »Alles in Ordnung.«
    McKenna sah sich im Schlafzimmer um. In einer Ecke hinter dem Gemälde des maskierten Reiters auf dem Pferd stand eine große Kiste auf einem niedrigen Tisch. Die Kiste war mit einem roten Laken zugedeckt. McKenna ergriff einen Zipfel des Lakens und zog es herunter. Der Stoff glitt ohne Widerstand über den gläsernen Deckel der Kiste.
    »Sieh dir das an!«, rief McKenna aus.
    Jefferson ging zu ihr, blickte auf die Kiste hinunter und zuckte heftig zusammen. Unter dem Glas lag ein Leichnam. Der Tote war mumifiziert und die Haut vertrocknet, doch Jefferson erkannte ihn trotzdem.
    »Eric Davis«, murmelte er. Die Hundemarke lag schwer in seiner Hand.
    McKenna drückte auf einen Knopf an der Seite des Behälters. Es gab ein leises Zischen, und der Glasdeckel glitt nach oben. Ein muffiger, abgestandener Geruch stieg aus der Kiste empor. Der ledrige Leichnam trug noch immer einen olivgrünen Tarnanzug, und neben seinem Kopf lag ein alter Stahlhelm. Seine Haut war spröde und durchsetzt mit Rissen, und seine vertrockneten Hände in den Ärmeln der Jacke erinnerten an Affenpfoten.
    »Woher kommt er?«, fragte McKenna.
    Jefferson starrte auf den Leichnam, und weitere Erinnerungen stiegen in ihm auf, bis er sich in vergessenen Sinneseindrücken verlor.
    »Von der Galla «, antwortete er leise. »Lyerman hat ihn an Bord der Galla gefunden. Er hat irgendetwas an Bord des Wracks entdeckt. Irgendetwas war in diesem Schiff. Die Galla war auf dem Rückweg von Bougainville. Sie hatte Verwundete an Bord genommen. Davis muss einer von ihnen gewesen sein.«
    »Was war sonst noch auf dem Schiff?«
    »Der Dämon.«
    Jefferson starrte unverwandt auf den toten Soldaten. Den Toten mit seinem, Jeffersons Gesicht. Es war, als würde er einen verschollenen Zwillingsbruder betrachten, jemanden, den er von ganz früher kannte. Die ledrigen Hände lagen an den Seiten, die Handrücken nach unten, die Finger waren nach innen gekrümmt. Jefferson sah getrocknete Blutflecken auf der Jacke, die wie Rost aussahen, und er musste an die Phantomschmerzen in der Brust denken, die ihn nachts aus dem Schlaf schrecken ließen.
    Er streckte die Finger nach der vertrockneten Hand aus.
    »Was tust du da?«, hörte er McKenna fragen.
    Jefferson schüttelte den Kopf und berührte die Hand des toten Soldaten. Die trockene Haut fühlte sich wie Baumrinde an. Er schauderte, als ein Strom durch seinen Körper ging und ihn eine Welle von Energie traf.
    Jefferson schloss die Augen, und Erinnerungen überschwemmten ihn, als hätte er in einem Winkel seines Gedächtnisses einen Damm geöffnet. Plötzlich erinnerte er sich, wie er und seine Kameraden in breit gefächerter Schützenlinie über ein grasbewachsenes Feld vorrückten, und er hörte das Krachen von Gewehrschüssen und die Explosionen von Mörsergranaten in der Ferne. Er hatte auf diesem Feld gekämpft. Dann waren sie in den Dschungel zurückgekehrt. Hatten das Flugzeug gefunden. Ein japanisches Kampfflugzeug, das zwischen die Bäume gestürzt war und dort wie ein vergessenes Kinderspielzeug lag. Die Leiche des Piloten hing hoch oben in den Ästen, wo der Fallschirm sich verfangen hatte.
    »Ich sehe Dinge …«, flüsterte Jefferson.
    »Was für Dinge?«
    »Verwirrende Dinge. Ich bin in einem Dschungel.«
    »Das ist die Vergangenheit. Deine Zeit auf der Insel im Pazifik. Deine Erinnerung kehrt zurück.«
    »Ich erinnere mich an einen Namen«, sagte Jefferson. »Den Namen eines Mannes.«
    »Wie heißt er?«
    »Seals.«
    Seals befahl ihnen, sich vor dem Flugzeug aufzustellen. Er wollte ein Foto schießen. Jefferson wusste es plötzlich wieder. Er erinnerte sich an alles.
    Der tote Pilot baumelte an den Fallschirmseilen wie ein riesiges Pendel, und ich packte mit der Hand ein Bein des Toten, um den Körper zum Stillstand zu bringen. Vincent war da, und Brogan ebenfalls. Sie beobachteten, wie ich zusammen mit einem weiteren Mann, ich glaube, es war Jersey, die Taschen des Piloten durchwühlte. Wir fischten seine Brieftasche, ein paar lose Blätter und drei leere

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