Dämonen-Reihe Bd. 4 Traumsplitter
fünfzehnjähriger Junge …«, versuchte Ella es erneut, doch Sören unterbrach sie.
»Du hast keine Ahnung, wer Kimi ist und was er so alles treibt. Warte mal zwei Wochen ab, dann wirst du mich verstehen. Lass uns deshalb nicht aneinandergeraten. Außerdem haben wir ein dringlicheres Problem zu lösen. Du erinnerst dich: der beste Freund von König Pest, der sich in deiner Küche eingerichtet hat?«
Ella schüttelte sich angewidert.
»Heute ist zwar Samstag, aber es gibt bestimmt einen Notdienst bei Kammerjägern. Ich kümmere mich darum.« Sören hielt unvermittelt inne und kratzte sich am Kopf. »Kannst du mir dazu bitte dein Handy leihen? Sobald ich meins anstelle, habe ich bestimmt Liv dran, und damit wäre im Augenblick niemandem gedient.«
»Kein Problem«, sagte Ella, während sie ihm das Handy reichte. Was Sören über Kimi
gesagt hatte, nagte an ihr, aber sie sah ein, dass sie im Moment tatsächlich am kürzeren Hebel saß. »Ehrlich gesagt, ist es ja nur fair, wenn du den Job mit den Ratten übernimmst.
Schließlich ist das Haus ja deinetwegen so heruntergekommen. Wenn du damit fertig bist, ruf auch gleich einen Elektriker an. Wenn die am Montag den Strom anstellen, soll hier kein Feuerwerk losgehen. Außerdem kannst du dir auch mal den Abfluss im großen Badezimmer anschauen. Ich habe mich heute zum Duschen in die Badewanne gestellt, und aus
irgendeinem Grund ist das Wasser nicht abgelaufen.«
»Ein verstopfter Abfluss also. Das wird der Höhepunkt meines Tages. Übrigens gibt es ganz großartige Wohnungen unten im Hafen, gar nicht so teuer. Darüber solltest du einmal nachdenken. Diese Bruchbude …«
»… ist eine Bruchbude, weil du keinen Verwalter eingesetzt hast. Obwohl du das Papa
versprochen hattest. Jetzt müssen wir beide das eben ausbügeln.«
Als Sören zusätzlich zu seinen herabhängenden Schultern auch noch eine Kummermiene
aufsetzte, als sei er jetzt schon überfordert, unterdrückte Ella den Impuls, nachsichtig mit ihm umzugehen. Ihrer Meinung nach fiel es ihm nämlich verdächtig leicht, wie ein vom Leben gebeutelter Mann dazustehen, dem man nichts abverlangen durfte. Womit der
bedauernswerte Kerl aber auch geschlagen war:
schreckliches Kind, böse Ehefrau,
aufreibender Job … und jetzt obendrein noch eine tyrannische Schwester. Sören war echt arm dran. Das zumindest hatte Ella heute Vormittag über ihren Bruder gelernt. Na, wenn er ihr schon die Rolle der Tyrannin zuschob, dann wollte sie wenigstens etwas davon haben.
»Während du telefonierst, kannst du mir ja deinen Wagen leihen, damit ich Lebensmittel, Klopapier und andere Dinge einkaufen kann. Außerdem will ich ein paar Zettel in der Stadt aufhängen. Kimi hat mich da auf eine Idee gebracht, als er meinte, ich sollte mir einen zahlenden Untermieter zulegen. Die Villa hat so viele Räume, da kann ich doch ruhig was vermieten. An eine Studentin oder so. Deinen Sohn nehme ich übrigens mit auf die
Spritztour, der Junge muss dringend ein wenig aufgebaut werden.«
Beinahe sah es so aus, als wollte Sören die Schlüssel nicht herausrücken, aber dann
rutschten seine Mundwinkel nach oben, und er blinzelte Ella zu. »Du kannst ganz schön streng sein, wenn du willst. Habe ich so gar nicht von dir erwartet. Allerdings habe ich es wohl nicht anders verdient, nachdem ich mein Versprechen, die Villa am Leben zu erhalten, zwar nicht unbedingt gebrochen, aber doch irgendwie vergessen habe. Ich brauche eben eine strenge Hand.«
»Nichts leichter als das«, erwiderte Ella und schnappte sich die Autoschlüssel, bevor Sören es sich anders überlegte.
Kapitel 5
Küstenjungs und Badenixen
Der Sonnenschein, der mit Ella in Sandfern Einzug gehalten hatte, hielt auch die
folgenden Tage an. Obwohl es noch früher Vormittag war, war es bereits so warm, dass Ella der Schweiß über den Rücken lief. Was allerdings nicht allein am blitzblanken Himmel lag, sondern auch an der fast zwanzig Kilo schweren Fototasche. Wie gut, dass Kimi ihr sein Fahrrad
geborgt
hatte,
ansonsten
wäre
sie
zweifelsohne
auf
halber
Strecke
zusammengebrochen. Nachdem sie das Fahrrad abgeschlossen hatte, stellte sie sich in den Schatten der Häuser, um ein bisschen zu Atem zu kommen.
Die Redaktion der Neues aus Sandfern lag direkt in der Innenstadt, in einem dieser Gebäude, die in den 1960er-Jahren bestimmt der letzte Hit gewesen waren, nun aber leicht angestaubt und fantasielos wirkten. Ohne zynisch zu klingen, konnte man dasselbe wohl auch von
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