Dämonen-Reihe Bd. 4 Traumsplitter
benommen drein. »Ich akzeptiere jetzt einfach mal, dass du wirklich und wahrhaftig in meinem Traum gewesen bist und damit
schlimmstenfalls meinen nächsten Job ruiniert hättest. Gut, damit kann ich leben, ohne auszuflippen. Bleibt nur noch die Frage, wie du an die Fähigkeit gelangt bist, dir die Träume anderer zunutze zu machen.«
»Indem ich einen Inkubus dazu gebracht habe, einen Handel mit mir einzugehen. Er ist die Macht, die hinter
meinerFähigkeit steht. Wie ich das allerdings angestellt habe, ist
meinGeheimnis. Das steht nicht zur Diskussion.«
»Ein Inkubus ist ein Dämon, Gabriel. Eine Nachtgestalt aus einer Zeit, als die Menschen nicht zu ihren wie auch immer gearteten Wünschen stehen konnten, aus religiösen,
gesellschaftlichen oder sonstigen Gründen. Einmal davon abgesehen, dass die Inkubus-
Sache wirklich eine Idee aus der Vergangenheit ist, steht er auch für etwas, das nicht in unsere Welt gehört. Menschen und Träume, das gehört zusammen, selbst wenn es darum
geht, in den Traum eines anderen einzudringen. Aber ein Dämon, der einem einen Pakt
anbietet? Dahinter kann sich nichts Gutes verbergen, und außerdem erwartest du doch wohl nicht ernsthaft, dass ich diese Erklärung einfach so hinnehme?«
»Doch, das tue ich. Und zwar ohne weitere Rechtfertigungen.«
»So nicht, so kannst du das nicht stehen lassen«, hielt Ella dagegen, jedoch mit erstaunlich wenig Elan, gemessen an ihrer sonstigen Art. Fast kam es Gabriel so vor, als würde sie das Thema Inkubus selbst gerne meiden. Absolut nachvollziehbar, schließlich verdrängte auch er nach Möglichkeit das Wissen, in wessen Schuld er stand. Trotzdem ließ Ella nicht locker.
»Ich will das genauer wissen, ich muss es sogar, obwohl ich die Vorstellung ziemlich heftig finde. Dass du in Träumen wandeln kannst, ist die eine Sache. Das mit dem Inkubus …«
»… braucht dich nicht weiter zu kümmern. Es ist mir ernst, Ella. Ich werde dir nichts weiter darüber verraten. Zumal du das Wichtigste schon weißt: Ohne Beihilfe des Inkubus wäre ich niemals in deinem Traum gewesen.«
»Das glaube ich nicht, du wärst so oder so da gewesen«, flüsterte Ella mit gesenktem Kopf.
Eigentlich rechnete Gabriel mit weiterem Protest, aber sie sagte nur: »Noch einmal fürs Protokoll: Du wolltest weder mich noch jemand anderen mit deinem Treiben gefährden?«
»Das stimmt.«
»Fein, das ist doch schon mal was«, erklärte sie mit dem Kopf zwischen ihren Knien.
»Vermutlich werden mir innerhalb der nächsten Stunden noch ungefähr tausend Fragen
einfallen, nur im Moment … ist das alles zu viel. Viel zu viel. Es fühlt sich an, als würde ich den schlimmsten Kater meines Lebens haben.«
Ella brach plötzlich ab, und Gabriel hörte sie einige Male hintereinander schwer schlucken.
Klang ganz danach, als würde sich ihr der Magen umdrehen. Vorsorglich nahm er ihr Haar im Nacken zusammen. Mehr traute er sich nicht. »Geht es wieder?«, fragte er, sobald das Würgegeräusch verklang.
»So halbwegs. Ist ja nicht gerade ein Klacks, diese Geschichte zu verdauen«, erklärte Ella matt. »Wenn du möchtest, kannst du in der Villa bleiben. Vorausgesetzt natürlich, es stimmt, was du mir erzählt hast. Du musst mir allerdings versprechen, dich von meinen Träumen fernzuhalten. Und natürlich auch von Kimis.«
»Das klingt nach einem fairen Deal.«
Trotz allem musste Gabriel lächeln. Erst jetzt wurde ihm deutlich, wie nahe es ihm
gegangen wäre, Ella zu verlassen. Zwar hatte er ihr nur die halbe Wahrheit erzählt, aber die bestehende Gefahr betraf ihn und niemanden sonst. Zumindest vermutete er das. Und falls sein Rettungsplan nicht aufgehen sollte … dann würde er eben rechtzeitig die Notbremse ziehen, selbst wenn das unausweichlich sein Ende bedeuten würde. Das schwor er sich, während er Ella eine Hand auf den Rücken legte. Zu seiner Freude akzeptierte sie die Berührung. Langsam richtete sie sich auf und lächelte ihn an. Das schönste Lächeln, das er je zu sehen bekommen hatte.
Vielleicht würde ja alles gut gehen, vielleicht fand er an diesem verwunschenen Ort sogar etwas, das ihn wieder ganz machte. Vollkommen ohne die Macht des Inkubus.
Mitten in diesem Gedankengang stieß Ella einen hellen Laut aus und sprang auf die Beine.
Der Anflug von Erschöpfung war wie fortgewischt. Vor einigen knorrig abstehenden Wurzeln ging sie in die Knie.
Dort stand eine nachtblaue Blume mit Silbersternstempeln in ihrem Kelch, die Blütenblätter wie aus
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